Für die Person, wer auch immer diese Person ist, die den Extreme Harry Potter Word Crawl (Year One) geschrieben hat und indirekt dafür verantwortlich ist, dass ich innert vier Tagen über sieben Tausend Worte geschrieben habe. Bin ich geschafft? Jap, bin ich.
Ehrgeiz
JolinaEhrgeizig zu sein hatte seine Vorteile. Ich stürzte mich in die Vorbereitungen für das Casting wie eine Verrückte. Und wenn ich sagte wie ein Verrückte, dann meinte ich tatsächlich wie eine Verrückte. Meine Hauptunterstützerin entdeckte ich zu meiner Überraschung in Pam. Offenbar steckte sie in einer Schreibblockade fest (wie ziemlich oft, wenn ich genauer darüber nachdachte, aber irgendwie schaffte sie es trotzdem zwischen diesen Schreibblockaden so viel zu schreiben, dass es nicht auffiel, dass sie grundsätzlich mehr übers Schreiben meckerte, als tatsächlich schrieb) und fand Gefallen daran, mir stundenlang als Gegenpart bereitzustehen.
Außerdem war sie im Herzen eine Dramaqueen (nicht, dass ich ihr das jemals sagen würde, ich schätze meinen Kopf da, wo er jetzt war) und sie machte sie äußerst gut in den Rollen, in denen sie maßlos übertreiben konnte. Und spielte sie eine Rolle, in der man dies nicht konnte, tat sie es trotzdem.
Ich musste zugeben, dass sie auch eine schöne Prise Talent besaß, ohne sich jemals für die Schauspielerei zu interessieren, was ziemlich unfair war, da ich beim besten Willen nicht zwei zusammenhängende Sätze formen konnte, ohne dabei nicht fünfmal über meine Wortwahl zu stoppen, Synonyme googlen zu müssen und letztendlich doch einen Satz aus dem Internet kopieren, um ihn meinen Anforderungen anpassen. Unter normalen Umständen hätte ich sie für dieses ihr nichts nützende Talent verflucht (Menschen sollten nicht mehr Talent haben, als ihnen rechtmäßig zustand, richtig?), aber gerade im Moment war ich dankbar dafür.
Auch Elenora stand mir kräftig zur Seite. Genauso wie ich ihr. Sie interessierte sich glücklicherweise nicht für die Rolle der Alicia wie ich, sondern mochte Tara, die Beziehungstherapeutin, mehr. Ich verstand den Anreiz, immerhin bedeutete die gespaltene Persönlichkeit der Therapeutin eine große schauspielerische Herausforderung (aber es war nun mal nicht die Hauptrolle und falls ich es noch nicht erwähnt hatte, ich wurde hin und wieder von meinem eigenen Ehrgeiz überrollt).
Und wenn ich hin und wieder auch ein paar Stunden mit Lane übte, dann war freute mich das selbstverständlich nur aus dem einen Grund, dass er ein wahnsinniger Schauspieler war, von dem ich viel profitieren konnte. Eine Woche nachdem die Intensivproben begonnen hatten, war ich tatsächlich so tief in den Vorbereitungen für das Casting versunken, dass ich schon fast vergessen hatte, dauernd auf Lane zu achten. Eine nicht unangenehme Abwechslung, wenn ich ehrlich war, wenn man sich nicht dauernd vom einen Fettnäpfchen ins nächste teleportierte, nur weil man beim Anblick grauer Augen jedes Mal weiche Knie bekam.
Am meisten übte ich trotz den vielen Verbündeten in der Einsamkeit meines Zimmers. Ich nahm meine Proben mit dem Handy auf, analysierte sie gewissenhaft und übte sie noch tausend Male mehr, bis selbst ich das Gefühl hatte, einen tatsächliche Chance auf die Rolle der Alicia zu haben. Trotz meiner Versessenheit auf diese Rolle war ich nicht engstirnig genug, um nicht die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass ich vielleicht jemand anderem die Hauptrolle abtreten musste. Immerhin waren alle bis auf den hintersten und letzten meiner Kommilitonen empörend talentiert, das konnte ich jeden Tag mit eigenen Tagen bezeugen. Nur um also ganz sicher zu gehen, bereitete ich auch noch anderen Rollen vor, die meine Aufmerksamkeit erregt hatten.
Ehrgeizig zu sein hatte aber auch seine Nachteile. Erstens, mein Schlafrhythmus ging derart den Bach hinunter, dass er nicht mal mehr als Rhythmus bezeichnet werden konnte. Ich schlief manchmal kaum mehr als ein paar wenige Stunden, weil ich schlicht und einfach zu sehr in meinen Proben gefangen war und gar nicht bemerkt hatte, dass die Sonne schon seit Stunden nicht mehr durch mein Fenster schien. Dafür schlief ich am Wochenende umso mehr, weil es keinen Wecker gab, der mich früh aus den Federn holte.
Zweitens, ich konnte an kaum was anderes denken. Ich vernachlässigte die Sauberkeit meines Zimmers, die ich sonst schätzte, ich aß nur, was man in kurzer Zeit auf den Tisch kriegte (hauptsächlich Toast, aber Toast war auch viel zu praktisch um so ungesund zu sein) und Blusen zu bügeln zog ich nicht mal mehr in Betracht, sondern fand mich einfach damit ab, dass ich aussah wie ein Cockerspaniel, den man erst im Regen hatte spielen lassen, um ihn dann mit einem Fön an den Kragen zu gehen.
Und drittens, ich war maßlos enttäuscht, als ich trotz grundsätzlich gut gelaufenem Casting nicht die Rolle bekam, die ich gewollt hatte. Klar, meine Mitstudentin Willow, die nun Alicia spielen würde, besaß eine Bühnenpräsenz, um die ich sie nur beneiden konnte, aber das änderte nichts daran, dass ich mich am liebsten wie ein kleines Kind auf den Boden geworfen hätte (nicht nur Pam war eine Dramaqueen, okay).
Dass Lane die männliche Hauptrolle ergatterte, erstaunte niemanden groß, er hatte sie sich wahrlich verdient und obwohl er uns anderen bereits jetzt einiges voraushatte, war ich mir sicher, dass er in seiner Rolle nur noch mehr aufgehen würde. Verdammt talentierter Bastard.
Ich entdeckte meinen Namen sehr schnell auf der Liste der Rollenbesetzung, immerhin wurde ich als vierte genannt (was mir bedeutete, dass ich doch einen guten Eindruck hinterlassen hatte, sodass man mir vielleicht nicht die Nummer Zwei aber immerhin die Nummer Vier anvertraute). Dann lass ich, um welche Rolle es sich handelte.
Und ich konnte nicht umhin laut loszulachen.
Meine Rolle war eine Tänzerin namens Manon. Ausgerechnet. Sie war die geborene Tänzerin schlechthin, während ich mich schon auf die Schnauze packte, beim einfachen Versuch einen Walzer zu tanzen. Oh und nicht zu vergessen, mein Fuß war noch in einem Gips eingepfercht.
Mein Ehrgeiz flüsterte mir leise zu, dass ich mir doch eine Herausforderung gewünscht hatte, die ich auf jeden Fall bekommen hatte. Ich musste der Stimme recht geben. Eine Tänzerin darzustellen, wenn man weder Tanzen konnte, noch alle Knochen so zusammengewachsen waren, wie sie normalerweise sein sollten, ja, das war durchaus eine Hausforderung.
Trotz dem anfänglichen Schock freute ich mich ein bisschen auf die Rolle. Immerhin handelte es sich um eine sehr leidenschaftliche und ausdrucksstarke Persönlichkeit, die ich darstellen würde. Ich würde viel arbeiten müssen, besonders was die Tanzszene am Ende des ersten Aktes anging, aber mit viel Training, guten Lichteffekten und einer Choreografie, die für einen Leien im Bereich des Möglichen lag und trotzdem auf der Bühne nach mehr aussah, als es tatsächlich war, würde ich die Rolle bestimmt meistern können.
Ein Glück, dass mein Ehrgeiz nicht zuließ, Alicia lange nachzutrauern. Immerhin standen Proben vor der Tür und ich würde mich ganz bestimmt nicht in Selbstmitleid suhlen, während die anderen sich in das wahre Abenteuer stürzten. Der rationale Teil mein Gehirn wusste, dass selbst die kleinste Rolle riesige Auswirkungen auf die gesamte Aufführung haben konnte (und dabei war meine Rolle nicht mal klein). Mir würden bestimmt ausreichend Gelegenheiten geboten werden, mich ins Zeug zu legen und meine Schauspielerei zu verbessern.
Was nicht hieß, dass ich mich heute Abend nicht mit einer großen Portion Eis über die Enttäuschung wegtrösten würde.
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Jaune Canari
Teen FictionJolina ist eine junge Frau mit dem grossen Traum die Bühnen für sich zu erobern. Ihre Wünsche scheinen schon fast in greifbarer Nähe zu sein, als sie das Stipendium für eine der renommiertesten Kunsthochschulen gewinnt. Dass sie dafür ihre Familie v...