Irgendwann, Monate später

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Für mich, weil ich mich nun von Jolina verabschieden werde. Zumindest für den Moment.

Irgendwann, Monate später
Jolina

»Wohin soll diese Schachtel?«, rief ich, während ich mir alle Mühe gab nicht mitsamt besagter Schachter die Treppenstufen rückwärts hinunter zu purzeln.

»Falls es eine meiner Schachteln ist, sollte es auf dem Deckel stehen. Und falls es deine ist, kann ich dir auch nicht helfen«, antwortete Lane – selbstverständlich auch durch die Wohnung schreiend. Wir machten gerade einen wundervollen ersten Eindruck: Hey, wir sind die neuen Nachbarn und wir schreien erstmal durch die Gegend. Perfekt.

Natürlich war es eine von meinen Schachteln, die ich mehr schlecht als recht in Richtung Schlafzimmer schleifte. Da ich keineswegs so organisiert war wie Lane, hatte ich meine Umzugskartons nicht säuberlich beschriften und jetzt entsprechend nicht den blassesten Schimmer, wo ich was abstellen sollte. Ich konnte also nicht mehr als hoffen, dass ich mit dem Schlafzimmer richtig tippte, immerhin gehörten die meisten meiner Schachteln dahin (wie sich später herausstellte, gehörte der Karton nicht ins Schlafzimmer, sondern in die Küche).

Wenigstens war dies die letzte Schachtel, die noch hochzutragen gewesen war. Das war zwar nur ein kleiner Trost, denn nun ging es daran, alles auszupacken und die gesamte Wohnung einzurichten.

»Können wir nicht einfach alles auf den Boden werfen und dann jeweils das aufheben, was wir gerade brauchen?«, maulte ich, während ich meine schmerzen Arme schüttelte. Die höheren Ebenen von Bücherregalen einzuräumen war aber auch anstrengend.

»Ganz bestimmt nicht«, verwarf Lane meinen Vorschlag lachend. Er gehörte zur Sorte Menschen, die gerne Dinge einräumten. Vielleicht hätte ich mir das mit dem Zusammenzug doch nochmal überlegen sollen, nachdem ich herausgefunden hatte, dass er seine Gewürze nach Farbtönen sortierte. Wer tat denn sowas?

»Schade«, grummelte ich und griff nach der nächsten Kiste. Ich erwartete noch mehr Bücher darin, da der Karton mit Regal betitelt war, doch darin befand sich etwas, womit ich definitiv nicht gerechnet hatte.

»Ist das...?«, begann ich. Lane blickte schief zu Boden und hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich den Ausdruck auf seinem Gesicht schon fast als schüchtern eingestuft. »Ist das diese Lampe, die wir zu Boden geschmissen haben, als wir Laken gekauft waren?«

»Vielleicht«, meinte er und versuchte beiläufig zu klingen.

»Das ist definitiv diese Lampe. Ich glaube nicht, dass es noch eine zweite derart hässliche knutschrote Lampe gibt auf dieser Welt. Außerdem kann ich noch immer erkennen, wo sie entzweigebrochen ist und zusammengeleimt wurde.«

Er zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder seiner CD-Sammlung zu (die zugegebenermaßen ziemlich spärlich ausfiel und nur aus knapp zehn Alben bestand – von denen vermutlich mindestens fünf Geschenke meinerseits waren).

Ich wandte mich von meiner Kartonschachtel ab (ausnahmsweise mal nicht nur, um mich zu beklagen) und quetschte mich neben Lane auf die kleine Couch, sodass ich meinen Kopf in seinen Schoss legen konnte.

»Warum hast du die potthässliche Lampe über drei Jahre behalten?«, fragte ich. Lane murmelte etwas Unverständliches. »Was?«

»Ich sagte, dass ich sie behalten habe, weil sie mich an den Tag erinnert, an dem ich wusste, dass ich mich in dich verliebt habe.«

Ich starrte ihn an. Wäre dies ein Comic hätte ich vermutlich Herzaugen gehabt. Wie ich so Glück haben konnte, diesen Kerl gefunden zu haben, wusste ich bis heute nicht. Würde ich vermutlich auch nie wissen. Aber ich würde definitiv alles daransetzen, ihn so lange wie nur möglich zu behalten.

Auch wenn er manchmal so perfekte Dinge tat, wie eine hässliche Lampe aufzubewahren, nur weil sie ihn an mich erinnerte, dass ich manchmal nicht wusste, ob ich ihn küssen oder ihm eine scheuern wollte.

(Ich entschied mich ausnahmslos immer für die erste Möglichkeit.)

Jaune CanariWo Geschichten leben. Entdecke jetzt