Den nächsten Morgen verbrachten sie damit, einvernehmlich nicht über das zu sprechen, was in der Nacht zwischen ihnen passiert war. Zwar hatte es ihnen eine Vertrautheit gegeben, die keiner von ihnen leugnen wollte oder konnte – aber das hieß nicht, dass sie darüber sprechen mussten. Manu war inzwischen einfach dazu übergegangen, alles, was ihm den Kopf zerbrach, wegzuignorieren, und sich so das Leben so einfach wie möglich zu machen. Dass das nicht auf Dauer klappen würde – ignorierte er.
Als er aufgewacht war, hatte er immer noch in Patricks Armen gelegen und irgendwie wünschte er sich, sich daran gewöhnen zu können, anstatt heute zurück ins Internat zu müssen.
Eine Wahl hatte er allerdings nicht und so verbrachte er den Nachmittag damit, seinen Koffer zu packen, während Palle bloß auf seinem Bett gammelte, ab und zu zockte und dabei grad aus Prinzip kein Oberteil trug, damit Manu sich auch ja nicht auf das Packen konzentrieren konnte.
Als dieser irgendwann bloß wortlos schnaubend ein Shirt aus seinem Koffer zog und es Palle an den Kopf warf, lachte dieser bloß leise auf – tat ihm aber den Gefallen und zog es sich über – woraufhin Manu nicht ein Mal zehn Minuten später fertig gepackt hatte. Patrick seinerseits bequemte sich nun auch aus dem Bett, um seinen eigenen Koffer zu schließen – ließ es sich aber nicht nehmen, Manu Vorbeigehen einen Kuss auf die Stirn zu drücken.
Dieser schloss zwar für einen kurzen Moment genießerisch die Augen – seufzte dann aber und sah der Wahrheit, die er so zu verdrängen versuchte, ins Gesicht: Sie mussten darüber sprechen, was das zwischen ihnen war und was das werden sollte, wenn sie zurück im Internat waren.
»Patt?«
Manus Stimme war leise und unsicher, was Palle dazu brachte, sich ohne Nachfragen zu ihm auf das frisch überzogene Bett zu setzen.
»Das ... zwischen uns.«
Patrick lächelte. Er schien nicht wirklich überrascht, dass Manu dieses Thema ansprach.
»Du willst wissen, wie es jetzt weiter geht.«
Zögerlich nickte Manu.
»Was willst du denn, Manuel? Wie möchtest du, dass es weiter geht? Möchtest du das alles?«
Lange brauchte Manu nicht zu überlegen, bevor er leicht nickte.
»Schon. Aber ... Ich kann das nicht. Es tut mir leid, ich kann keine Beziehung führen.«
Kurz sagte Patrick nichts, ermahnte sich selbst zur Ruhe und Geduld. Er durfte Manu auf keinen Fall drängen, auch wenn er sich sicher war, dass seine Bedenken umsonst waren.
»Dann ohne. Ohne Beziehung. Wir ... sind einfach nur Freunde. Und wenn ... wenn wir einmal mehr wollen, dann machen wir einfach. Ohne dass die Anderen davon wissen müssen.«
Manu atmete einmal tief durch, versuchte, sich zu sammeln.
»Also sozusagen ... Freundschaft p-plus.«
Er musste sich bemühen, seine Stimme sicher klingen zu lassen – nicht ganz erfolgreich. Palle dahingegen schien die Ruhe selbst und griff sanft nach Manus Händen, bevor er nickte.
»Ja. Wenn du das willst.«
»Natürlich. Wenn das für dich die richtige Lösung ist, ist das für mich auch gut.«
Kurz zögerte Manu – nickte dann aber. Einen Versuch war es wert. Und mit Palle befreundet bleiben – was war doch genau das, was er wollte. Ohne dabei das aufzugeben, was sie hatten.
Peter hatte angeboten, sie zurück ins Internat zu bringen und da Patrick dabei war – sozusagen als Garantie, dass sein Bruder ihn vor dem Besuch nicht allzu schlimm angehen würde – willigte Manu sogar gerne ein. Zurück in der Schule trennten sich ihre Wege jedoch sofort wieder und während Palle seine Freunde suchte, machte Manu sich auf den Weg in sein Zimmer – in der Hoffnung, Dado dort zu treffen.
Als er jedoch nichts als einen verschlossenen, menschenleeren Raum vorfand, ließ er sich enttäuscht auf sein Bett fallen – und schrieb seinem besten Freund stattdessen eine Nachricht, wann er kommen würde.
Die Antwort jedoch bekam er gar nicht mehr mit, denn er fiel fast augenblicklich in einen angenehmen Dämmer-Dös-Zustand, aus dem er erst von Dado höchstpersönlich wieder geweckt wurde – indem dieser sich kurzerhand halb neben, halb auf Manu auf sein Bett fallen ließ. Dieser gab ein ergebenes Krächzen von sich – umarmte seinen besten Freund aber schließlich ergeben zur Begrüßung – und wurde kurz darauf wieder freigegeben, indem Dado sich ganz neben ihn legte.
»Und?«
In Dados Stimme war das Interesse und die Neugier gleichermaßen zu hören und bei keinem anderen wäre Manu sich sicherer gewesen, dass er es für sich behielt - also erzählte er seinem besten Freund von dem, was in den letzten Stunden passiert war. Wenn er und Patrick sich irgendwann einmal näher kommen wollten, war das eh keine allzu schlechte Idee – dann konnten sie sich hier im Zimmer wenigstens nah sein, ohne Angst haben zu müssen, entdeckt zu werden. Nicht, dass Manu plante, diese nun entstandene Möglichkeit allzu oft auszunutzen. Irgendwie hätte er dabei ein schlechtes Gewissen Dado gegenüber gehabt - er wollte auf keinen Fall, dass dieser begann, sich wie das fünfte Rad am Wagen zu fühlen.
Grundsätzlich wagte Manu es eh nicht, weiter als bis morgen früh vorauszudenken - und untersagte das auch streng dem aufgeregten Dado, der ihn in eine feste Umarmung gezogen hatte.
»Wie waren deine Ferien noch?«
Manu musterte besorgt das schmale Gesicht seines besten Freundes – der bloß mit den Schultern zuckte.
»Nichts Neues seitdem wir das letzte Mal telefoniert haben. Meine Mutter versucht die ganze Zeit, mich dazu zu zwingen, mehr zu essen – dabei halte ich mich an die Mengenvorgaben der Ärzte.«
Dados Stimme klang ein wenig jämmerlich – weshalb Manu ihn bloß wortlos in den Arm nahm. Jetzt hatten sie erst ein Mal wieder sechs Wochen Ruhe.
Beim Abendessen traf Manu das erste Mal wieder auf Palle, der den Neuankömmlingen bloß mit vollem Mund wortlos zuwinkte und den anderen bedeutete, etwas zusammenzurücken, um außer dem einen noch freien Stuhl noch einen weiteren Platz freizuräumen. Palle und Dado begrüßten sich mit einer kurzen, freundschaftlichen Umarmung und auch der Rest sagte sich nach langen Ferien wieder Hallo - bevor Manu sich neben Palle auf den freien Stuhl sinken ließ und desen verschwörerisches Grinsen erwiderte.
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Was sich liebt ... ~ #Kürbistumor
FanfictionEigentlich war Manus Leben immer ganz okay, seitdem er auf dem Internat war. Er hatte einen besten Freund, keine Probleme in der Schule, war zwar nicht unbedingt beliebt, aber es war okay - bis Palle kam. Palle, der ausgerechnet nach Dados Verschwin...