An jedem Sonntagnachmittag erzählte ich Zayn, Beth und Niall die gesamte Geschichte. Während ich sprach, wich Louis keinen Zentimeter von meiner Seite und wenn ich aus verschiedensten Gründen unfähig war zu sprechen, sprang er für mich ein. Gegen Abend wussten die anderen drei bestens über die Vorkomnisse des letzten Jahres Bescheid. Schock, Entsetzen und Mitgefühl stand ihnen in die Gesichter geschrieben. Gleichzeitig versprachen sie mir, jederzeit für mich da zu sein, sollte mein Vater erneut auftauchen. Es tat gut zu wissen, dass es nun auch noch Personen außer Louis und Harry gab, die über alles bescheid wussten und bereit waren, mir zu helfen.
Zayn war ebenso überrascht und verwirrt über Harrys Rückkehr wie ich. Er bot mir an, ihn nach Gründen für diese zu fragen, doch ich lehnte dankend ab. So wenig ich mich mit Harry beschäftigte, desto besser. Er hatte mir ziemlich deutlich gemacht, dass auf ihn keinerlei Verlass war, dass er jederzeit wieder abhauen konnte. Und so jemanden brauchte ich momentan definitiv nicht in meinem Leben.
Zumindest redete ich mir das ein.
Kurz nach Harrys Verschwinden hatte Zayn sich in Literatur zu Niall und mir gesetzt. Da Harry aber auch Teil dieses Kurses und weiterhin mit Zayn befreundet war, gesellte er sich nach seiner Rückkehr ebenfalls zu uns. Mit Niall und mir sprach er jedoch kein einziges Wort, was mich weder sonderlich wunderte, noch störte. Erst als Zayn einige Tage später nicht zum Kurs erschien, da es ihm nicht wirklich gut ging, wurde es unangenehm. Denn zu meiner Überraschung setzte Harry sich nun ohne zu zögern direkt neben mich. Schnell begann ich eine Unterhaltung mit Niall, um gar nicht erst in Harrys Richtung sehen zu müssen. Die ganze Stunde über sprach dieser mich jedoch kein einziges Mal an. Erst als Mr. Parker den Unterricht für heute beendete und ich dabei war meine Unterlagen zusammen zu packen, drehte er sich zu mir um. "Ich weiß, du willst nicht mit mir reden, aber es gibt einige Dinge, die du wissen solltest." - "Und welche wären das?", fragte ich, seinem Blick ausweichend. Doch aus dem Augenwinkel sah ich, wie Harry den Kopf schüttelte. "Nicht hier. Kannst du in der Mittagspause zu meinem Zimmer kommen?" Ich hob die Augenbrauen. "Ich glaube kaum, dass das so eine gute Idee ist." - "Bitte. Es ist wichtig." Seufzend zuckte ich mit den Schultern. "Meinetwegen."
Die nächsten zwei Stunden schienen nur so an mir vorbeizurasen, sodass mir überhaupt keine Zeit blieb, um mich auf das Gespräch mit Harry vorzubereiten. Dementsprechend nervös war ich, als ich Anfang der Mittagspause im Flur auf ihn wartete. Ich hatte mich dagegen entschieden, sein Zimmer direkt zu betreten. Denn in diesem steckten viel zu viele Erinnerungen an die Zeit vor seinem Verschwinden. Gerade als ich das Warten aufgeben, und zurück zu den anderen gehen wollte, kam Harry um die Ecke. "Tut mir leid, ich wurde aufgehalten.", entschuldgte er sich, worauf ich gar nicht erst reagierte. Zum Ende der Mittagspause würde ich sein Zimmer spätestens verlassen und je weniger Zeit ich dort drinnen verbrachte, desto besser. Harry öffnete die Tür und betrat das Zimmer. Ich folgte ihm ohne etwas zu sagen und schloss die Tür hinter mir. Sobald ich mich wieder zu ihm umdrehte, war er bereits dabei, sein T-Shirt über seinen Kopf zu ziehen.
"Harry, was zur Hölle wird das?", fragte ich entgeistert und verwirrt zugleich. Ohne meine Frage zu beantworten, setzte er sich auf sein Bett und deutete neben sich. Zögernd nahm ich neben ihm Platz. Sein nackter Oberkörper machte mich nervös und machte klares Denken etwas schwierig. Harry schien tief Luft zu holen. Dann zeigte er auf seine linke Hand und begann zu reden.
"Das Kreuz? Tod. Eine tiefere Bedeutung hat es eigentlich nicht, es soll mich nur täglich darin erinnern, dass nichts für die Unendlichkeit bestimmt ist, dass alles innerhalb weniger Sekunden vorrüber sein kann. Das Schloss? Geheimnisse. Es gibt nicht viele Menschen, die meine Vergangenheit kennen. Oder überhaupt etwas über mein Leben wissen. Um an diese Geschichten heranzukommen, braucht man einen Schlüssel. Du gehörst zu den wenigen Menschen, die einen besitzen. Die Rose? Ansich eine schöne Blume. Doch wer ihr zu nahe kommt, wird verletzt. Der erste Eindruck täuscht. Man kann sich nicht auf ihn verlassen. Vermeintlich schöne Dinge bereiten Schmerz."
Tattoo für Tattoo arbeitete er sich seinen linken Arm entlang. Kein einziges blieb ohne Erklärung. Ich konnte ihm nur stumm zuhören.
"Das schwarze Herz? Wer liebt, leidet. Denn er hat etwas zu verlieren. Und sobald man verliert, was man liebt, verbrennt der Schmerz einen Teil der Seele. Zurück bleibt Asche und eine dunkles Nichts. Der leere Vogelkäfig? Ein Gefängnis. Ein Gefängnis, dessen Gitter ich selbst um mich herum aufgebaut habe. Um niemanden an mich heranzulassen und um mir selbst Grenzen zu setzen. Um mir selbst zu zeigen, dass ich nicht machen kann was ich will, dass ich mit meinem Verhalten Menschenleben zerstöre."
Ich wollte ihn unterbrechen, ihm sagen, dass er nicht Schuld am Tod seiner Eltern war, doch kein Wort kam aus meinem Mund.
"Die Masken? Eine glücklich, eine traurig. Es ist egal wie Menschen nach außen hin wirken. Ihre wahren Gefühle zeigen sie nur selten. Manchmal tut es gut, sich hinter einer Maske verstecken zu können. Es vereinfacht vieles. LA und NY? Orte, die ich schon immer einmal besuchen wollte. Bis jetzt habe ich es zu keinem der beiden geschafft. Das A? Grace Amelia Styles und Lucy Amelia Styles."
Wie viel Zeit verstrichen war, wusste ich nicht. Doch mittlerweile war mir das egal. Viel zu sehr war ich in Harrys Erklärungen vertieft. Endlich bekam ich die Möglichkeit, alle Puzzleteile zusammen zu setzen. Die Frage war nur, ob es dazu bereits zu spät war.
Schließlich kam er bei seinem rechten Arm an. Und somit bei dem Tattoo, dessen Bedeutung mich mit Abstand am meisten interessierte.
"Der Anker. Hoffnung, Sicherheit, Treue. Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Sicherheit, denn ich weiß, dass ich jemanden habe... hatte, auf den ich mich immer verlassen kann. Treue, mir selbst gegenüber. Egal wo mich mein Leben hinführt, ich werde niemals vergessen wo ich herkomme."
Kopfschüttelnd fuhr er über den Schriftzug auf seinem linken Handgelenk. I can't change.
"Ich bleibe dabei. Ich kann mich nicht ändern. Aber du, Eliza, hast genau das geschafft. Du hast mich verändert. Du hast mir gezeigt, dass auf eine zerrüttete Vergangenheit nicht auch eine hoffnungslose Zukungt folgen muss. Du hast mir gezeigt, dass man manchmal Fehler begehen muss, um zu lernen, was wirklich wichtig im Leben ist. Du hast mir gezeigt, dass man sich manchmal erst von Personen entfernen muss, um zu sehen, wie wichtig sie einem eigentlich sind."
Zum ersten Mal seit wir sein Zimmer betreten hatten, sah er mir direkt in die Augen.
"Es tut mir nicht leid, dass ich gegangen bin. Ich musste diesen Schritt tun. Ich musste erfahren, dass vermeintliche Lebensträume sich ganz schnell ändern können, sobald man jemanden findet, der sein komplettes Leben verändert. Wäre ich nicht gegangen, dann hätte ich mir Tag für Tag gesagt, dass ich hier nicht hingehöre. Dass ich nur hier bin, weil es meinen Vater glücklich gemacht hätte. Doch jetzt weiß ich, dass es komplett egal ist, wo auf der Welt ich bin. Was wirklich zählt, ist die Person, mit der ich dort bin. Ich habe so lange versucht es mir auszureden, weil ich es selber nicht glauben wollte, nicht glauben konnte. Aber hier bin ich glücklich. Nicht weil dieser Ort mich mit meinen Eltern verbindet, oder weil ich etwas für meine Zukunft tue. Ich bin glücklich, weil ich in deiner Nähe bin. Ich erwarte nicht, dass du mir verzeihst. Mein Verhalten dir gegenüber ist vermutlich überhaupt nicht zu verzeihen, aber rückgängig machen kann ich es wie gesagt nicht. Trotzdem möchte ich, dass du all diese Dinge weißt. Du bist mein Anker, Eliza. Du gibst mir Hoffnung und Sicherheit. Und ich verspreche dir ewige Treue. Ich kann meine Vergangenheit nicht ändern, aber dank dir sehe ich eine positive Zukunft und ich verspreche dir, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um dir das gleiche zu ermöglichen."
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DARK turns to LIGHT
FanfictionEr streckte seinen linken Arm in meine Richtung. "Was siehst du?", fragte er. Etwas verwirrt betrachtete ich seinen Arm. "Tattoos?!" Harry schüttelte den Kopf. "Nein. Was siehst du wirklich?" Ich beugte mich etwas mehr nach vorne. "Ehm... eine Rose...