Allegiance- Hexenjagd

Prolog

Jordan tat schon seit über einer Stunde nichts anderes, als zu der kleinen Gruppe Jugendlicher herüberzuschauen, die rauchten und tuschelten. Er war der Einladung gefolgt, obwohl er geahnt hatte, dass es nicht gut für ihn enden würde. Jetzt lehnte er etwas abseits von der Lichtung an einer Eibe und beobachtete. Seine Gedanken schweiften ab und an zurück in die Nacht, in der er Luna verloren hatte. Warum war er überhaupt gekommen? Wollte er sich ernsthaft einreden, dass er dieses Mal etwas tun würde, falls sie wieder so eine abgedrehte Aktion starteten?

Jemand legte ihm eine Hand auf die Schulter und er fuhr herum. Die fast gelben Augen blitzten ihn an und das Flackern des Lagerfeuers auf der Lichtung spielgelte sich darin. Offensichtlich hatte er sich die Haare nicht länger abgeschoren wie damals, denn die fast weißen Strähnen hingen ihm in die Augen. Nicht viel anders als seine eigenen, die zu schneiden er einfach zu faul war. Unwillkürlich warf er den Pony zur Seite und erwiderte Luces Blick. „Hast du nicht ne Fußfessel?", begrüßte er den anderen mit hochgezogenen Augenbrauen. „Glaubst du, es ist gut, wenn jemand rausfindet, dass du hier bist?"

Der andere zuckte mit den Schultern. „Oh bitte!" Er verdrehte die Augen. „Glaubst du ernsthaft, es kümmert sie, was ich tue, solange es ihnen keinen Ärger bereitet und ich rechtzeitig zurück bin?" Er legte brüderlich einen Arm um Jordan und führte ihn langsam auf die Lichtung. „Was denn so angespannt, Jordan? Denkst du, ich bin dir noch böse, dass du mir vor den Behörden in den Rücken gefallen bist?" Er sah ihn von der Seite an und Jordan sah, wie sich der Drudenfuß, der über seiner rechten Augenbraue thronte, sich ein wenig bewegte, als er die Stirn in Falten legte. Eigentlich glaubte er das schon, aber das würde er ganz sicher nicht sagen. So befreite er sich nur von Luces Arm und machte einen Schritt zur Seite. Ein spöttisches Grinsen entblößte Luces unnatürlich weiße Zähne. „Jordan, Jordan." Er lachte sein rauchiges Lachen und der Rest der Jugendlichen am Feuer stimmte ein. „Jeder hat eine zweite Chance verdient. Und wir sind unserem Ziel näher denn je." Kurz zuckte ein wahnsinniger Ausdruck über seine Züge und Jordan versuchte zu verstecken, dass er fröstelte, und sah auffordernd zurück. Warum war er nochmal gekommen?

Luce ließ sich in einer pathetischen Geste auf den Baumstamm sinken, der vor dem Feuer auf dem Boden lag. Jordan seufzte unhörbar. Für Rückzug war es ein wenig zu spät. Zögernd ließ er sich mit in die Runde auf den Boden sinken und wehrte sich auch nicht dagegen, als jemand ihm auch so eine Kutte überwarf, die sie alle trugen. Offenbar hatte der Aufenthalt im Gefängnis für keinen der hier Anwesenden einen Unterschied gemacht. Er schielte in die Runde und zählte, ob vielleicht weniger hier versammelt waren, als beim letzten Mal, aber tatsächlich war die Runde gewachsen. Er seufzte.

„Liebe Brüder, das Ziel ist nah. Der dunkle Herrscher der Welt wird uns seine Kraft geben, sobald das letzte Opfer erbracht ist", das leise Knacken des Feuerholzes durchbrach die ehrfürchtige Stille, die Luces Worten folgte. „Der Kandidat dafür ist uns wohl allen klar." Sein Blick wanderte zu Jordan und er spürte, wie alle Augen sich auf ihn richteten, während er mit den Zähnen knirschte. Warum war er nur gekommen?