Trauerfeier

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Der Incubus liegt auf dem Boden und hält sich seinen blutenden Stumpf, der einst sein Arm gewesen ist. Ray steht knurrend vor mir, die Sense schützend hochgehoben.

„Niemand fasst meinen besten Freund ungefragt an!", grollt er dann kehlig und in seinen Augen funkelt purer Zorn. „Und niemand bringt seinen Mentor einfach so um, ohne dass ich mich an denjenigen räche!", faucht er dann und hebt die Hand hoch. Brüllend erscheint ein Drache neben ihm. Ray hebt die Sense vor sich und schließt die Augen.

„Fusion...", flüstert er und Leonas Augen weiten sich. „D-Dass...!", voller Unglauben starrt er auf die Gestalt in der schimmernden Rüstung aus Perlmutt. Der Helm ist wie ein Drachenkopf geformt und sogar ein Schweif ist vorhanden. Die Hände stecken in gepanzerten Handschuhen, die aussehen wie Klauen. Dann holt Ray mit seiner Waffe aus. Eine große Breitaxt saust auf Leonas zu und dieser reißt gerade noch rechtzeitig seine Waffen hoch, blockt damit den Hieb ab und springt dann mehrere Meter zurück.

„Seid euch sicher...ich komme wieder! Und dann mit einer Armee Paladinen im Rücken!", faucht er zornig und verschwindet dann in einer Rauchwolke.

Ray dreht sich zu mir um und er lächelt sanft. „Hey...alles okay...?", fragt er mich dann. Ich wimmere und flüstere dann: „X-Xayr ist tot...!"

Ray erstarrt und die Rüstung zerspringt klirrend. „Nein...", haucht er und dann ertönt ein lautes klagendes Brüllen.

Toth...


Die Trauerfeier fällt besonders üppig aus, immerhin war Xayr sehr bekannt und dementsprechend auch sehr beliebt im Königreich. Alle Incubus und Sucubus kamen und das war auch der Tag an dem ich Raven wiedersah.

Ihr feuerrotes Haar ist zu einer wunderschönen Flechtfrisur hochgesteckt und sie trägt schwarzen Kajal. Ihr Verlobter sieht mich mit einem entschuldigenden Blick an. Dass ich Xayrs Rekrut war, hat sich mittlerweile sehr schnell herum gesprochen und mittlerweile jeder Incubus und Sucubus hat sich mit mir unterhalten. Aber für mich sind alle diese Worte nichts wert...

Ich sehe zu Jack, welcher den Hut vom Kopf zieht und sich vor das Grab von Xayr kniet. Daneben ist das Grab des Heilers. Seltsamerweise scheint sich keiner vor dieses Grab zu knien. Später erfahre ich dann auch wieso. Der Heiler hatte keinerlei Freunde oder aber Verwandte, da seine Eltern früh gestorben waren und nun war auch er der Klinge der Paladine zum Opfer gefallen. Ich kniete mich vor sein Grab nieder und erstaunte damit alle. „Danke dass du Xayr geholfen hast...", flüsterte ich leise und neigte den Kopf. Jack, der neben mir kniet, setzt seinen Hut wieder auf und lächelt dann schwach. „Schon Vorstellungen, wer dein neuer Mentor sein wird...?", fragt er mich dann eine Sache, über die ich mir in all dem Trubel keine Gedanken gemacht hab.

Ich schüttle meinen Kopf und Jack nickt, lächelt dann schwach und meint dann: „Vielleicht teilt Toth dir ja auch einen zu..."

Toth hatte sich schon früh am Abend zurückgezogen und Ray war ihm bald gefolgt. Beide trauerten auf ihre Weise um Xayr...


Ich saß in Xayrs Zimmer und aus der Musikanlage, die Xayr niemals benutzt hatte und die ich vor kurzem erst entdeckte hatte, ertönte ‚Stay' allerdings die gecoverte Version von Sam Tsui. Die Tränen liefen mir die Wangen hinab und ich saß auf dem Bett, die Beine angezogen und den Kopf auf meinen Knien gebettet. Schluchzend saß ich da und dachte an all die Momente mit Xayr. An den Stapel, den er mir hat bringen lassen, an seinen theoretischen Unterricht, der sich erst vor ein paar Wochen langsam in den praktischen geändert hatte. Ich vergrub mein Gesicht zwischen meinen Beinen und weinte, schluchzte und zitterte. Dann spürte ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter. Ich sah auf und blickte in Aydens Gesicht.

„Ist hier noch ein Platz frei..?", fragte er mich dann. Ich nickte und schniefte. Ayden lächelte und setzte sich neben mich, legte mir dann seinen Flügel wie eine wärmende Decke um sich und reichte mir dann eine heiße Schokolade. „Hier...hilft gegen den Schmerz...", meinte er dann und ich sah überrascht auf. „Du wolltest mich doch immer...", Ayden legt einen Finger auf meine Lippen und lächelte dann schwach. „Komisch nicht wahr...? Die, die dich zuvor ins Bett bekommen wollen trösten dich auf einmal. Glaub mir, Xavier, keiner will dass einer aus seiner Familie traurig ist. Und wenn er dann weint...will man alles tun um ihn aufzumuntern. Und dafür muss man halt seine Instinkte unterdrücken", der Incubus lächelte und lehnte sich dann seufzend an mich. „Xayr und ich...wir haben beide gleichzeitig unser Ritual vollzogen. Wir haben aber nicht so viel Zeit miteinander verbracht wie er und...Jack...die beiden waren wirklich unzertrennbar. Ich habe auch mit Jack gesprochen...nachdem deine Ausbildung fertig war, wollte er ihm einen Antrag machen....den Ring trägt er jetzt um den Hals", Ayden lächelt schwach und sieht mich dann an.

„Ich hoffe einfach...dass ich, wenn ich sterbe, nicht jemanden zurück lasse, der mir viel bedeutet hat und der dann um mich trauert. Wenn ich sterbe, dann soll keiner weinen. Sie sollen lächeln und mich in Erinnerung behalten wie ich bin. Der wollüstige Incubus der es mit jedem treibt, der ihm gefällt...", seine Augen sind dabei leicht traurig.

„Das bist du nicht"

Ayden sieht mich verwundert an. „Woher...willst du das denn wissen...? Du hast doch selbst..."

Ich unterbreche ihn rüde.

„Du wolltest nur die Aufmerksamkeit deines Bruders und....ich glaube du brauchst die hier dringender...", ich reiche ihm die Tasse und er lächelt sanft.

Ich blinzelte verdutzt, als er mir einen Kuss auf die Stirn drückt und dann einen Schluck trinkt.

„Darf ich....hier bleiben? Einfach...an deiner Seite gelehnt..."

„Klar...", sage ich und Ayden lächelte.

„Danke, Xavier"

Life of an InccubusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt