34. Peter/Anders - Bischofshofen - Tag des Wettkampfes

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PETER starrte geistesabwesend in den Raum, der mit gleißendem Sonnenlicht durchflutet wurde. Der sechzehnjährige Slowene saß daheim am großen Küchentisch, vor sich ausgebreitet seine Mathehausaufgaben, die er vor dem anstehenden Nachmittagstraining noch erledigen wollte. Nebenbei rührte er selbstvergessen in seinem Müsli, als sein Vater, der ihm gegenübersaß, plötzlich die Stille durchbrach:

„Jetzt sieh sich das einer an! Und wer bezahlt's? Natürlich: der Steuerzahler!", rief er empört aus und raschelte mit der großen Tageszeitung, mit der er sich gerade, wie jeden Tag in seiner Mittagspause, auf den neusten Stand brachte.

Kurz sah Peter auf, aber als er bemerkte, dass sein Vater nicht ihn angesprochen hatte, sondern nur vor sich hinmeckerte, widmete er seine volle Aufmerksamkeit wieder der Aufgabe vor sich. Grübelnd kaute er auf dem Stiftende herum, als seine Mutter in den Raum stürzte. „Ich bin spät dran. Holst du Nika später aus der Kindergrippe?"

„Hier! Hast du das gesehen, Julijana? Mit unseren Steuergeldern wird das unterstützt!", echauffierte sich Peters Vater selbstvergessen, wie immer, wenn er Zeitung las. Genervt verdrehte Peter die Augen. 

„Was denn?" Neugierig beugte sich seine Mutter über die Schulter seines Vaters und überflog den Artikel auf den sein Vater zeigte.

„Nur weil ein paar Idioten betrunken gewesen sind. Ich meine, die paar Schmierereien! Das sind doch Kinderstreiche! Und jetzt spielen sie sich wieder auf! Als ob wir keine anderen Probleme in diesem Land hätten! Die Polizei sollte sich lieber mit richtigen Verbrechen beschäftigen und nicht mit diesen Spinnern", ereiferte er sich weiter.

„Božidar!", ermahnte seine Frau ihn zur Ruhe. „Das ist nun mal Sachbeschädigung und nicht das erste Mal."

„Und es wird auch nicht das letzte Mal sein. Ich meine, sie wussten, worauf sie sich einlassen, oder nicht? Es gab vor dem Bau etliche Proteste gegen dieses Schwulen- und Lesbenzentrum. Trotzdem haben sie es durchgeboxt. Bitte. Aber jetzt müssen diese... diese Leute eben mit den Konsequenzen leben und nicht die Behörden dafür verantwortlich machen", schimpfte Božidar Prevc verständnislos.

„Jetzt reg dich nicht so auf! Du kannst es sowieso nicht ändern", zuckte Peters Mutter mit den Schultern, sah sich suchend in der Küche nach den Autoschlüsseln um.

„Ich reg mich nicht auf. Ich sag es ja nur. Es ist ja nicht so, dass ich etwas gegen diese Menschen habe, aber wo Schluss ist, ist Schluss. Bist du mal da vorbeigefahren? Überall diese bunten Fahnen. Die provozieren die Leute doch regelrecht! Das letzte Mal, als ich Cene zu seinem Kumpel zum Lernen gefahren habe, standen da zwei. Direkt vor dem Zentrum. Geküsst haben die sich, in aller Öffentlichkeit! Zwei Männer! Und das war nicht das erste Mal! Da laufen Kinder vorbei! Überleg dir doch, was die für Werte vermitteln mit ihrem Lebensstil! Sie können tun und lassen, was sie wollen. Und ich will gar nicht wissen, was das alles ist, aber bitte nicht in der Öffentlichkeit. Hat man denen denn gar keinen Anstand beigebracht?", entrüstet schlug Peters Vater mit der Faust auf den Tisch, sodass Peter erschrocken mit seinem Bleistift einen Strich quer über sein Heft zog.

„Dad! Sieh an, was du gemacht hast!", vorwurfsvoll zeigte Peter auf sein Heft. „Jetzt darf ich alles nochmal machen!"

„Entschuldige, aber was mal gesagt werden muss, muss mal gesagt werden. Die Politiker trauen sich ja doch nicht. Wir leben ja in einer toleranten Gesellschaft", schüttelte sein Vater den Kopf und es war klar, was er von dem ganzen hielt. „Merk dir eins, Junge: Halt dich von denen lieber fern! Die meisten von denen feiern zu viel und sind spätestens mit Ende zwanzig fertig mit dem Leben. Haben keine Perspektiven. Landen in der Gosse. Drogenabhängig und obendrauf an AIDS erkrankt."

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