Good Intention, bad execution

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»Ich hatte erwartet, dass du tief und fest schlafen würdest.«, gestandest du kleinlaut, die Tasse mit dampfenden Tee unberührt vor dir. Ihr saßt euch gegenüber, in der dunklen Küche und nur das Geräusch des prasselnden Regens störte die Stille zwischen euch. Bis du dich dazu entschlossen hattest, eine Unterhaltung zu beginnen. Das Schweigen war einfach zu seltsam, drückend und unangenehm. Du wolltest die Leere mit Worten füllen, wenn sie auch noch so sinnlos waren.
»Das dachte ich auch von dir. Du solltest dich ausruhen.«, erwiderte er. Du verdrehtes die Augen – er klang schon genau so wie Magda. Sie hatte eine gewaltige Schimpftirade von sich gegeben, bevor sie dich ins Bett steckte. Dass du nicht die Heldin spielen solltest, immerhin seist du nicht so stark wie die anderen Mitglieder der Familie Charlotte. Sie war besorgt um dich, was dich irgendwie berührte – eine richtige Ersatzmutter eben.
»Wusstest du wirklich ganz sicher, dass der Mann sterben würde?«, fragtest du, ein Gedanke der dich schon seit Stunden quälte. Du hattest den Arbeiter in der Fabrik retten wollen, doch sein Tod ging dir sehr nahe. Schuldgefühle bedrängten dich, du hättest mehr tun sollen. Du hättest ihn doch retten müssen!
»Sein Tod war unausweichlich.«, beantwortete Katakuri deine Frage kühl. »Ohne mein Eingreifen wärst du auch gestorben.«
Du schlucktest. So genau wolltest du es gar nicht wissen, wer wollte denn schon erfahren, dass er fast gestorben wäre? Wieder einmal bewies dein Ehemann fehlendes Feingefühl, er war einfach zu ehrlich und direkt.
»Dann sollte ich dir wohl danken, immerhin hast du mein Leben gerettet.«, sagtest du schwach, während dein Magen sich schmerzhaft zusammen zog. Was, wenn du wirklich gestorben wärst? Deine Familie hätte wohl nie erfahren, wie du umgekommen warst - eine furchtbare Vorstellung.
»Warum hast du dich nicht in Sicherheit gebracht?«, wurdest du von ihm aus deinen trüben Gedanken gerissen. »Warum hast du dein Leben aufs Spiel gesetzt?«
»Ich konnte ihn doch nicht einfach da liegen lassen.« Ein schmerzhafter Kloß saß in deinem Hals und du blinzeltest gegen die Tränen in deinen Augenwinkeln an. »Was wäre ich denn für ein Mensch, wenn ich einfach abgehauen wäre, nur an mich gedacht hätte?«
Katakuri schwieg, schien darüber nachzudenken. Es war in der Familie Charlotte sicher nicht üblich sein Leben für Fremde zu geben. Warum genau du so unüberlegt gehandelt hattest und dein eigenes Leben riskiertest für einen Mann den du nicht einmal wirklich kanntest, das überstieg deinen eigenen Horizont. Entweder war es pure Dummheit, Mut oder zu viel Mitgefühl.
»Wie ist der Zustand der Fabrik?«, fragtest du, um das Thema schnellstmöglich zu wechseln. »Kann die Produktion bald weitergehen?«
»Der Schaden ist nicht gerade klein.« Katakuri seufzte kaum hörbar und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Das muss ich Mama morgen berichten.«
»Ohje.« Ein schiefes Lächeln schlich sich auf dein Gesicht – du wolltest nicht mit ihm tauschen. Schlechte Nachrichten kamen nicht gut an bei Big Mom, doch du hattest die Hoffnung, dass sie es ihm nachsehen würde. Immerhin war das Feuer ein Unfall gewesen, dafür konnte doch niemand etwas – außer Yoku vielleicht. Mehrfach hattest du ihm gesagt, er solle nicht in der Halle rauchen und was hatte es ihm am Ende gebracht? Er war tot, wie drei weitere Arbeiter ebenfalls.
»Magda sagte mir, du würdest viele Briefe verschicken.« Nun war es an ihm, das Thema zu wechseln. Anscheinend wollte er nicht an den kommenden Tag denken, an die Wut von Big Mom die wohl unausweichlich war.
»Meine Schwester hat mir geschrieben.«, erwidertest du, froh über ein heiteres Gesprächsthema. »Sie macht sich furchtbare Sorgen um mich. Fragt, ob du denn auch ein guter Ehemann bist.«
»Bin ich es denn?«, fragte er mit amüsierten Unterton. Das Lächeln auf deinen Lippen wuchs.
»Wahrscheinlich liegt es im Auge des Betrachters.«, sagtest du, strichst dir eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr. »Sag du es mir.«
»Ich denke, ich gehe als recht passabel durch.«
Es dauerte eine Sekunde, bis ihr beide wieder in Schweigen verfielt. Er hatte es bemerkt, genau wie du auch, Der lockere, leicht verspielte Tonfall in euren Stimmen. Deine Finger, die abwesend in deinem Haar lagen und mit einer lockeren Strähne spielten. Sein Blick lag unentwegt auf dir, die roten Augen musterten dich mit ungeteilter Aufmerksamkeit. 

The Taste of CopperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt