Auf ein Neues

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Noch die letzten beiden Pullis und fertig! Der Koffer ist endlich gepackt und die Zeit bis zur Abfahrt wird weniger. Diese ist nämlich bereits morgen. Also heißt es für mich zum vierten Mal ab nach Hogwarts.
Ja, ich freue mich schon riesig darauf, das Schloss und die Ländereien wiederzusehen, den großen See und den wunderschönen Ausblick aus den Türmen, von wo aus man alles sehen kann.
Vor allem aber konnte ich mich endlich wieder in die Eulerei, meinen Lieblingsplatz, zurückziehen. Dort waren selten Schüler, aufgrund des Geruchs, doch mich störte das nicht, da die großen offenen Fenster zumeist für einen angenehmen Durchzug sorgten.

Gedankenverloren setze ich mich auf mein Bett und betrachte ein Bild, das auf dem Tischlein daneben stand. Auf diesem war ich zusammen mit meinen Eltern und meiner Großmutter zu sehen. Das ist lange her, denn zum Zeitpunkt des Bildes war ich gerade mal acht Jahre alt gewesen. Wie ich diese Zeit vermisse, denn kurz nach der Aufnahme des Bildes ist meine Großmutter verstorben. Ich hatte sie geliebt, wie eine zweite Mutter und daher hat es mich schwer mitgenommen.

Unwillkürlich viel mir wieder ein, wie sie und ich an einem besonders verschneiten Tag im Winter den Berg hinter ihrem kleinen Häusschen wieder und wieder hinunterrodelten. Als es uns schließlich zu kalt wurde und wir hinein gingen, konnte man bereits vom Flur aus den Kakao riechen, den meine Mutter mir immer im Winter gemacht hatte.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen, welches jedoch durch die Träne getrübt wurde, die sanft meine Wange hinunterran. Doch als es plötzlich an der Tür klopfte wischte ich sie schnell weg.

"Ja?", rief ich. Meine Mutter kam herein mit einer kleinen Tasse Kaffee, aus der sie einen Schluck nahm. Sie war eine relativ große Hexe mit hellen braunen Haaren, welche nie ordentlich liegen wollten und in denen immer ein Strähnchen abhanden kam.

"Hast du schon fertig gepackt?", fragte sie. "Ja, bin gerade fertiggeworden." "Das freut mich, dann leg' dich jetzt langsam schlafen, sonst kriegen wir dich morgen nicht aus dem Bett",  meinte sie schmunzelnd und verließ mit leichten Schritten mein Zimmer, wofür ich dankbar war, da ich nun in aller Ruhe etwas lesen konnte.

Also schlug ich eins meiner neuen Schulbücher auf, um zu schauen, welche Themen dieses Jahr behandelt werden würden. Ich hatte fast das erste Kapitel von Die Kunst der Verteidigung, unser neues Buch für Verteidigung gegen die dunklen Künste, durchgelesen, da bohrte sich plötzlich etwas Spitzes in meine Seite.

"Lloyd, was soll das", empörte ich mich lachend. Meine Eule Lloyd ist neben mir auf das Bett gehüpft, ohne dass ich es gemerkt hatte.

Ich legte das Buch rasch zur Seite, damit es nicht beschädigt werden würde und kraulte meinen kleinen Freund am Schnabel.

"Na, freust du dich auch schon endlich hier raus zu sein?" Wie zur Bestätigung fiepte er kurz auf, was mir ein Schmunzeln entlockte. Er hatte es, genau wie ich, satt, hier nur rumzuhocken und Löcher in die Luft zu starren. Ich konnte Lloyd wegen der Muggel nicht unbedingt rauslassen, da eine Eule am hellen Tag auffallen würde.

Das hielt mich aber nicht davon ab, in meinem Zimmer mit ihm zu spielen. Da er sehr schnell lernt, konnte ich ihm auch einige Sachen beibringen.
Was zu seiner, als auch zu meiner Belustigung beitrug.

Mein Blick huschte zu meinem Wecker und ich erschrak kurz, da es schon 21 Uhr war und ich morgen früh aufstehen muss. Also huschte ich schnell ins Bad und machte mich fertig für's Bett.

Als ich mich schließlich um 22 Uhr frisch geduscht auf mein Bett legte, hörte ich von unten gedämpfte Stimmen streiten. Meine Eltern diskutierten im Moment über jede Kleinigkeit und zogen mich nicht selten mit in ihren Streit hinein. Ich war es schlichtweg nur noch satt.

Mein kleiner Eulerich war inzwischen wieder in seinem Käfig. Ich blickte hinüber zu Lloyd und fand ihn, den Schnabel im Gefieder versteckt, schlafend vor. Auch ich selbst legte mich schließlich in meine Kissen und konnte mich endlich dem Buch von vorhin widmen.

Als am nächsten Morgen mein Wecker klingelte, stand ich gähnend auf und machte mich auf den Weg ins Bad. Ich blickte in den Spiegel und sah, wie meine müden, grünen Augen sich selbst betrachteten, bevor diese über meine langen braunen Haare hinunter zu meinem etwas stabileren Körper wanderten. Ich war nie die Dünnste aber das wollte ich auch gar nicht. Schließlich war es nicht mein Ziel, beim kleinsten Windhauch im nächsten Gebüsch zu liegen. Auch wenn ich mir manchmal, beziehungsweise durch manche Kommentare, wünschte, ein paar Kilos weniger auf die Waage zu bringen...

Dennoch zog ich mich an und begab mich nach unten in die Küche, wo bereits meine Mutter mit dem Frühstück auf mich wartete. Sie brachte jedoch nur ein müdes "Guten Morgen." heraus. Es sah so aus, als hätte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Das tat mir sehr Leid, da ich trotz vieler Meinungsverschiedenheiten meine Mutter immer noch über alles liebte. "Morgen, Mum. Ich hole gleich meinen Koffer und Lloyds Käfig und dann können wir los."

"Dein Vater wird dich heute nach Kings Cross bringen, nichts für ungut, aber ich möchte mich wieder hinlegen Schatz." Sie stand auf und wir verabschiedeten uns voneinander. Schließlich beobachtete ich sie dabei, wie sie sich durch die Tür begab, die zu ihrem Schlafzimmer führte. Ich schaute ihr traurig hinterher, da ich wenigstens mit ihr zusammen essen wollte.

Nachdem ich alleine gefrühstückt hatte und mein Gepäck unten war, fuhren mein Vater und ich los. Da er mal wieder in der Garage an seinem Motorrad rumgeschraubt hatte, vergaß er nicht zum ersten Mal ausversehen mit uns zu frühstücken.

Als wir am Bahnhof ankamen, mussten wir uns etwas beeilen, da ich nur noch knapp 20 Minuten bis zur Abfahrt hatte. Im Endeffekt kam ich pünktlich an und verabschiedete mich von meinem Vater, welcher, da er ein Muggel war, mit dem Auto zurück nach Hause fuhr, während ich durch die Wand zu Platform 9 3/4 lief.

Meine Mutter hingegen war zwar eine Hexe, allerdings ging sie auf Ilvermony zur Schule, da sie ursprünglich aus Amerika stammte.

Ich stieg direkt in den Express ein und suchte nach einem leeren Abteil, welches ich relativ weit am Ende fand, da der Zug schon ziemlich voll war und ich nicht darauf erpicht war, mit einem meiner Klassenkameraden ein Abteil zu teilen. Also setzte ich mich hin und genoss es, einfach aus dem Fenster zu schauen und in Gedanken zu versinken.

You're not alone! (Remus Lupin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt