Der ,,gute,, Freund

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Nachdem wir noch eine Weile am Brunnen gesessen hatten, entschieden wir uns dazu, beide langsam den Heimweg anzutreten, da es bereits dunkel wurde.
Ich verabschiedete mich mit einer leichten Umarmung von Niklas und dann gingen wir in entgegengesetzte Richtungen davon.

Als ich zuhause ankam, war die Sonne schon längst untergegangen. Um Ärger brauchte ich mir keine Gedanken zu machen. Meine Mutter war für eine Woche beruflich in den USA und mein Vater hatte heute Spätschicht.

Ich ließ mich auf mein Bett fallen und meine Gedanken schweifen wieder ab. Hatte ich mir nur eingebildet, ihn gesehen zu haben? Das es vielleicht nur irgendein Zauberer war, der Percy ähnlich sah? Ich versuchte mir einen Reim darauf zu machen, doch kam zu keinem wirklichen Ergebnis.
Nach einiger Zeit übermannte mich die Müdigkeit und mir fielen die Augen zu.

In den restlichen Ferien hielt ich Briefkontakt mit Niklas, von Percy hörte ich aber immer noch nichts. Am Tag der Abreise nach Hogwarts hielt meine Mutter, welche inzwischen wieder aus den Staaten zurückgekehrt war, mich noch einmal auf.
"Ich wollte dir noch etwas mitgeben", sagte sie leicht lächelnd und reichte mir eine kleine Schachtel entgegen.

Ich öffnete sie vorsichtig und entdeckte ein Bild von meiner Mutter und meinem Dad, worauf eine kleine Kette lag.
"Wow, sie ist wunderschön, aber... wofür?" Ich schaute meine Mutter fragend an, doch sie lächelte nur traurig.
"Diese Kette gehörte deiner Großmutter, ich habe sie letztens beim Aufräumen gefunden und dachte mir, dass du sie wahrscheinlich haben möchtest." Ich sah, dass ihre Augen von einem traurigen Schleier überdeckt wurden.

"Danke", flüsterte ich, bevor ich sie in eine lange Umarmung zog.
"Pass' bitte gut auf sie auf. Versprichst du mir das?", murmelte meine Mutter, nachdem wir uns lösten. "Ich verspreche es", sagte ich, während ich noch immer die Schönheit der Kette bestaunte.

Sie war silbern mit einem grauen Edelstein in der Mitte, welcher sich im Licht der Sonne spiegelte und tausend kleine Regenbögen erschuf.
"Nun kommt schon, wir müssen los. Sonst verpasst du noch deinen Zug", rief mein Vater genervt dazwischen.

Meine Mutter warf ihm einen wütende Blick zu, ehe wir beide in das Auto einstiegen. Die Fahrt nach Kings Cross dauerte einige Zeit und im Auto war es ziemlich ruhig, da jeder seinen eigenen Gedanken nachhing und ehe ich mich versah, standen wir bereits vor dem großen Bahnhofsgebäude.
Meine Eltern begleiteten mich noch zum Gleis und kurz nachdem wir durch die Absperrung gegangen waren, kam bereits ein strahlender Niklas auf mich zu und zog mich in eine kurze Umarmung.

Ich spürte, wie sich meine Wangen rot färbten, als ich den fragenden Blick meiner Mutter bemerkte. "Mum, das ist Niklas, er ist einer meiner besten Freunde."
Meine Gedanken wanderten wieder einmal zu Percy, war er nicht auch mein bester Freund? Sollte ich jetzt nicht mit den beiden hier stehen und ihnen meine Eltern vorstellen?

Allerdings wurde mein Gedankengang von meiner Mutter unterbrochen. "Also nur ein Freund ja?", fragte sie, während sie mit den Augenbrauen wackelte. "Du hast mir ja gar nicht erzählt, dass dein guter Freund auch noch ziemlich hübsch ist", raunte sie mir zu, bevor sie sich mit Niklas bekannt machte.

Mir schoss die Röte ins Gesicht und ich hoffte, dass Niklas den Kommentar überhört hatte.
"Und wo ist dein anderer Freund, den du mir vorstellen wolltest?" Etwas verwirrt schaute meine Mutter mich an.
Ich lächelte leicht, wobei mich auch etwas Traurigkeit übermannte.

Meine Mutter sollte eigentlich meine zwei neuen Freunde zusammen kennenlernen, da sie wusste, dass ich in der Schule Probleme hatte, Freunde zu finden. Ich hatte ihr per Brief und auch in den Ferien viel von den beiden erzählt.

"Ich habe ihn noch nicht entdeckt", gab ich murmelnd zurück, was in gewissen Maßen sogar der Wahrheit entsprach. Meine Mutter schaute mich skeptisch an.
"Schade eigentlich, ich hätte ihn gerne kennengelernt. Nach dem, was du mir so erzählt hast, scheint er ziemlich nett zu sein."

Schulterzuckend nahm sie die Unterhaltung mit Niklas wieder auf, wessen Gesicht sich ebenfalls etwas schmerzend verzog. Ich konnte das nur zu gut nachvollziehen.
Mein Vater stand die ganze Zeit etwas hinter uns und beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Das war nicht unüblich, er war mit seinen Gedanken bestimmt bereits wieder bei der Arbeit.

In letzter Zeit sah er immer müde und geschafft aus, worauf auch die dunklen Ringe unter seinen Augen deuteten, jedoch wusste ich, dass er mit mir darüber nicht reden würde.
So kannte ich meinen Vater eben, er redete selten mit jemanden über seine Gefühlswelt, außer mit meiner Mutter natürlich.

Ich wandte meine Augen von ihm ab und wendete mich nun der Unterhaltung von Niklas und meiner Mutter zu. Sie erzählte ihm gerade eine, für mich sehr peinliche, Geschichte aus meiner Kindheit und insgeheim war ich dankbar, dass in diesem Moment der Zug einen langen Pfiff von sich gab und die jungen Zauberer und Hexen zum einsteigen bewegte.

Ich verabschiedete mich von meinen Eltern, wobei meine Mutter es sich nicht nehmen ließ, mir ein: "Und viel Spaß mit deinem guten Freund", ins Ohr zu flüstern.
Empört schaute ich sie an, musste aber daraufhin anfangen zu Lächeln.
"Pass auf dich auf, Kleine", sagte sie, bevor Niklas und ich zum Zug gingen. Keine Minute zu spät fanden wir ein leeres Abteil und schon setzte sich der rote Koloss in Bewegung.

Wir verstauten unsere Koffer in die Gepäckablage und mein Blick viel wieder auf die kleine Schachtel, in der sich die Kette meiner Oma befand.
Ich stand mit dem Rücken zu Niklas und umschloss die Packung sanft mit meinen Fingern.
"Deine Mum findet mich also hübsch, ja?", fragte Niklas auf einmal hinter mir mit einem belustigen Unterton.

Ich kratzte mich verlegen am Hinterkopf und zuckte mit den Schultern. Meine Wangen sprühten mal wieder Funken und innerlich konnte ich nur den Kopf schütteln. Man, Mum!
Niklas jedoch fing einfach an zu lachen. Dadurch entlockte er mir ebenfalls ein leichtes Schmunzeln. "Habe ich das gerade laut gesagt?", fragte ich unsicher und zu meinem Pech nickte Niklas erheitert.

"Was hast du da eigentlich?", fragte er dann und deutete auf die Schachtel in meinen Händen.
"Ein Geschenk meiner Mutter." Ich öffnete die kleine Schachtel und zeigte Niklas den Inhalt. Er trat einen Schritt näher an mich heran und schaute sich die Kette mit geweiteten Augen an, während er sie langsam mit den Fingern nachfuhr.
"Die muss doch super viel Wert sein", meinte er nur leise.
"Sie stammt von meiner Oma, also ja, sie hat einen unbezahlbaren Wert für mich", flüsterte ich.

Nachdem Niklas seine Hand wieder lässig in die Hosentasche gesteckt hatte, verstaute ich die Schachtel vorsichtig in meinem Koffer, wofür ich auf die Sitzbank klettern musste.
Ich stand gerade wieder auf dem Boden des Zuges, da klopfte es an unserer Abteiltür. Unsere beider Köpfe richteten sich erwartungsvoll zur Tür, um zu sehen, wer denn etwas von uns wollte und in dem Moment wünschte ich mir fast, nicht hingeguckt zu haben. Vor der Abteiltür stand Percy...

You're not alone! (Remus Lupin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt