Fliegende Schlange

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Am darauffolgenden Morgen erwachte ich mit schmerzenden Gliedern, welche wohl die Folge von den Ereignissen des gestrigen Tages waren. Ich warf einen Blick in den Spiegel und sah, dass auch dort die Übungen Spuren hinterlassen hatten.
Generell sah ich ziemlich fertig und müde aus. Das einzig positive war, wir hatten Wochenende.

Ich schlürfte hinunter zum Frühstück und ließ mich auf die Bank fallen. "Wie siehst du denn aus, Collins? Ist es so anstrengend seinen Kopf etwas anzustrengen oder bist du einfach so hässlich?"
Die schneidende Stimme von Braden erklang hinter mir, doch ich machte mir nicht die Mühe, mich umzudrehen.

"So wie du aussiehst, würde ich es mir zweimal überlegen, über andere herzuziehen", gab ich kühl zurück.
"Du wagst es-", fing er bedrohlich leise an zu knurren. "Braden, da kommt ein Professor", schnitt ein blonder Junge hinter ihm das Wort ab. Wir alle schauten zum Eingang und tatsächlich, in diesem Moment betrat Professor Sprout die Halle.

Ich erhob mich, bedacht ruhig, und zwängte mich durch die kleine Ansammlung. "Wo willst du denn hin, Collins?", rief mir Braden hämisch hinterher, doch ich ignorierte seinen Kommentar und ging. Unbewusst schlug ich den Weg zum Gemeinschaftsraum ein.
Dort hielt ich mich nur kurz auf, schnappte mir meine Feder, Tinte und ein paar andere Sachen und ging in die Bibliothek.

Ein Ort, an dem kaum jemand von diesen Idioten, und schon gar nicht Braden, sich jemals blicken lassen würden. Eine Tatsache, die für Ravenclaws ziemlich untypisch war.
Es war heute relativ leer, da es auf der einen Seite noch früh am Tage war und auf der anderen Seite heute ein Quidditchspiel zwischen Slytherin und Hufflepuff stattfinden würde.

Genauer gesagt war es das Eröffnungsspiel und Percy hatte mich eingeladen, auch zu kommen, weil es sein erstes Spiel war. Da es aber erst um 13 Uhr so weit sein sollte, wollte ich vorher meine Hausaufgaben erledigen.
So hatte ich auch morgen etwas Zeit zum entspannen.

Mir kam die Leere hier recht gelegen, da ich so meine Ruhe hatte. Madam Pince arbeitete an ihrem Schreibtisch und ignorierte mich den Großteil der Zeit. Es war nicht so viel zu tun, ein paar Kapitel für Zauberkunst lesen und eine Rolle Pergament über die Grundzaubersprüche für Verteidigung.

Als sich einige meiner Mitschüler beschwert hatten, meinte Lupin, er wolle sehen, auf welchem Stand wir uns momentan befinden. Dies zog einen geflüsterten Kommentar von einem gewissen Braden in meine Richtung nach sich, welchen der Professor allerdings nicht hörte.

Gegen etwa 11 Uhr schlug ich dann die Bücher zu, suchte meine Sachen zusammen und verließ die Bibliothek. Ich entschloss mich, noch etwas im Schlafsaal zu entspannen, bevor dann gleich das Mittagessen stattfand.
Auf dem Weg hinunter zur Halle begegnete ich einem etwas bleich aussehenden Percy.

"Ist alles in Ordnung? Hast du Angst vor dem Spiel?" Er hatte den Mund zur Antwort bereits geöffnet, doch schluckte noch einmal schwer, bevor er den Kopf schüttelte und sagte: "Ja, ähm das Spiel. Natürlich." Ihm schien ziemlich unwohl zumute zu sein.

Ich zog eine Augenbraue empor und schaute ihn fragend an, da ich nicht so recht an den Wahrheitsgehalt dieser Antwort glaubte. Doch bevor ich noch etwas erwidern konnte, stieß Niklas auch schon zu uns.
"Hey, na? Schon gespannt auf das Spiel?" Ich nickte leicht, behielt jedoch den ziemlich kränklich aussehenden Blondschopf im Auge. Unsere Blicke trafen sich nur kurz, bevor er seinen abwendete und sich Niki zuwandte.

Percy setzte ein schiefes Lächeln auf, bevor er antwortete: "Naja, bisschen nervös bin ich schon."
"Ach, komm schon, du gehörst zum besten Quiddichtteam der Welt: Die fliegenden Schlangen", sagte Niklas, doch fing schnell an zu lachen und wir beide Stimmten mit ein, wobei Percys lachen sehr gekünstelt klang, was Niki allerdings nicht zu bemerken schien.

Nach dem Mittag zogen sich die Teams noch einmal zurück und die meisten anderen Schüler begaben sich zum Feld. Ich reihte mich neben Niklas und Rose ein und wir hatten eine tolle Sicht auf das Feld, trotzdem grübelte ich immer noch über Percys Verhalten vorhin.

Nachdem die Mannschaften sich auf dem Rasen platziert hatten, pfiff Madam Hooch das Spiel an. Die beiden Mannschaften waren in etwa auf Augenhöhe, weswegen es von Beginn an ziemlich spannend war.

Nach einiger Zeit eroberten die Hufflepuffs den Quaffle und flogen mit einem gewieften Spielzug an den Slytherins vorbei. Kurz bevor der Jäger warf, passte er den Ball zum anderen Ende. "Los, Carrol!", schrie Rose neben mir, während Niklas und ich Percy anfeuerten.

Dieser musste eine 180° Wende hinlegen um den zweiten Jäger abwehren zu können. Der Jäger, dessen Name anscheinend Carrol war, holte zum Wurf aus. Er zielte den rechten Ring an, doch Percy brachte im letzten Moment seinen Fuß zwischen Quaffel und Tor und kickte diesen weit von seinen drei Ringen weg.

Die Slytherins und ich bejubelten diese Glanzparade seinerseits. Nach etwa 35 Minuten stand es 80:60 für die Slytherins. Ein etwas dünnerer Hufflepuff leitete gerade einen erneuten Spielzug ein, da vom Schnatz noch keine Spur zu sehen war, und wollte nach einigen Pässen aufs Tor werfen, als er von einem Klatscher hart am Kopf getroffen wurde.

Der Klatscher wurde von einem Slytherin aus der Fünften geschickt. Der Jäger der Hufflepuffs rutschte langsam, anscheinend bewusstlos, von seinem Besen. In dem Moment schnappte sich ein zweiter Jäger den Quaffel und flog in Richtung Tore.
Dort war allerdings nirgendwo ein blonder Hüter zu sehen, weswegen er zehn Punkte erzielte.

Ich schaute zu dem Hufflepuff, welcher sich nun im freien Fall befand. Um mich herum lachten einige Slytherins, wobei andere Schüler schrien.
Es spielte sich alles wie in Zeitlupe ab und keiner beachtete den jubelnden Hufflepuffjäger, da alle zu dem bewusstlosen Schüler schauten.

Aus den Augenwinkeln nahm ich etwas Grünes wahr, welches sich schnell auf den fallenden Jäger zubewegte. Es hielten nun alle den Atem an, als der blonde Slytherin den gegnerischen Spieler auffing und ihn sicher zu Boden brachte. Nachdem sie gelandet waren, brachen die Schüler auf den Tribünen in Jubel aus.

Die eine Hälfte, weil der Hufflepuff sicher gelandet war und die andere, mich eingeschlossen, weil Percy Bryant, Debütant in der Hausmannschaft, gerade seinen Gegner vor ziemlich schlimmen Verletzungen bewahrt hat.
Sofort kamen die Professoren hinunter auf das Feld gerannt und versorgten den Hufflepuff, welcher anscheinend eine Platzwunde am Kopf davontrug.

Währenddessen schrien um mich herum nun einige "SEHT!" oder "ER HAT DEN SCHNATZ!"
Ich schaute zum Himmel und tatsächlich, der Slytherinsucher hatte ihn gefangen und hielt den Schnatz stolz in die Höhe. Der Endstand betrug also 230:70 für die Slytherins. Doch der eigentliche Held des Spiels war wohl Percy.


Am Abend fand noch eine kleine Party statt, Snape hatte die Genehmigung dazu erteilt, zu der ich von den beiden Jungs eingeladen worden war. Dort erfuhr ich, dass der verletzte Hufflepuff auf dem Krankenflügel lag, aber wahrscheinlich relativ schnell genesen wird. Die Stimmung auf der Party war sehr ausgelassen und so konnten wir diesem Tag ein schönes Ende verpassen.

Percy verabschiedete sich allerdings relativ schnell und meinte, er wolle schlafen gehen. Bevor er allerdings verschwinden konnte, zog ich ihn in eine lange Umarmung. Er erwiderte diese sofort und ich bemerkte, das er sich etwas entspannte.
Aus irgendeinem Grund schien er eine extreme Anspannung zu besitzen, die ich nicht deuten konnte.

"Falls irgendwas sein sollte, bin ich da für dich, okay?", flüsterte ich ihm nach einer Weile zu. Er hob seinen Kopf ein wenig von meiner Schulter und schaute mir ziemlich lange einfach nur tief in die Augen.
Ich stellte fest, das seine leicht gerötet waren. Doch bevor ich sie genauer mustern konnte, löste er die Umarmung und verschwand mit einem kurzen genuschelten "Gute Nacht Joe." in der Menge.

You're not alone! (Remus Lupin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt