Ein treffsicherer Hüter

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Ich erwachte erst am nächsten Morgen und musste noch eine Untersuchung von Madam Pomfrey über mich ergehen lassen, bevor ich den Krankenflügel verlassen konnte.
Jedoch unter der Bedingung, dass ich heute und morgen noch nicht wieder zum Unterricht gehen würde.

Also machte ich mich auf den Weg in meinen Schlafsaal, schnappte mir ein Buch und begann, auf meinem Bett zu lesen. Es half mir, denn so konnte ich in eine andere Welt entschwinden.

Ich war so in das Buch vertieft, dass ich nicht mitbekam, wie alle schon zum Mittag gingen. Schlussendlich stand ich dann auch auf und begab mich zur großen Halle.

Als ich mich, wie immer abseits, hinsetzten wollte, bemerkte ich, dass mich fast der gesamte Tisch anstarrte. Die Sache mit dem Irrwicht hatte wohl schnell die Runde gemacht, dachte ich verbittert.

Wie dem auch sei, da alle mich sowieso für einen Freak hielten,  störte es mich nicht. Ich aß noch mein Würstchen auf und beendete daraufhin meine Mahlzeit.

Kurzerhand entschied ich mich in die Bibliothek zu gehen, um den Unterrichtsstoff nachzuholen. Dank Percy wusste ich, was für Hausaufgaben wir aufhatten, da er viele Kontakte pflegte.

Wie auf das Stichwort betrat er auch in diesem Moment die Bibliothek. Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, als er sich mir gegenüber niederließ.

"Hey, hast du Lust mit mir nachher zum See zu gehen? Wir könnten ja ein wenig spazieren gehen." Ich überlegte kurz, bevor ich seinem Angebot zustimmte und er mit mir zusammen die Aufgaben erledigte.

Einige Zeit später machten wir uns in unsere Gemeinschaftsräume auf, um etwas Warmes anzuziehen. Um 18 Uhr trafen wir uns, wie abgesprochen, vor der großen Halle, da wir noch etwas essen wollten, bevor wir hinausgehen.

Keine zehn Minuten später waren wir schon auf dem Weg hinunter zum See und ließen uns im weichen Gras nieder.

Da es so langsam Herbst wurde, war es draußen auch etwas frischer. Ich fröstelte leicht umd zog meine Jacke enger um mich. Percy musste dies bemerkt haben.

"Ich habe etwas Tee aus der Halle mitgehen lassen, willst du was?" Ich nickte dankbar und nahm den warmen Becher an.
"Hast du eigentlich Geschwister?", fragte er mich neugierig.
"Nein, ich lebe mit meiner Mutter und meinem Vater allein. Und Du?"
"Ne, ich auch nicht. Ich wohne nur bei meinem Vater."

"Sag mal", fragte ich schüchternd, "Warum bist du eigentlich erst jetzt auf die Schule gekommen?"
"Naja, mein Vater und ich sind vor Kurzem erst hierhergezogen, wegen seiner Arbeit. Er hatte früher schon einmal hier gelebt und so ist das eben gekommen."

Percy zuckte mit den Schultern und ein zurückhaltendes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. Als wir den Tee ausgetrunken hatten, entschieden wir uns dazu, noch ein wenig spazieren zu gehen.

Dadurch kehrten wir erst nach dem Sonnenuntergang zurück, welchen wir von einem kleinen Hügel aus beobachteten. Trotzdessen, das nun Wochenende war, mussten wir die Ausgangssperre beachten, welche in gut fünf Minuten eintrat.

Aus diesem Grund verabschiedeten wir uns und begaben uns in Richtung unserer jeweiligen Geimeinschaftsräume. Bald Wochenende, dachte ich mir, während ich fast schon glücklich den Raum betrat. Ich zog mich schnell um und legte mich dann endlich ins Bett.

Der nächste Tag war recht unspektakulär und so schloss ich Abends gelangweilt meine Augen und dachte nur noch daran, dass morgen Wochenende sei.

Als ich erwachte merkte ich, wie Sonnenstrahlen auf mein Gesicht schienen. Anscheinend war es wohl schon ziemlich spät.

Ein Blick auf meinen Wecker bestätigte meine Vermutung, 11 Uhr. Ich zog mich also an und begab mich zum Mittag in die Halle, welche schon Prall gefüllt war.
Überall hörte man nur Gespräche über Quidditch, da heute im Laufe des Samstags die Auswahltrainings anstanden.

Als ich mich gerade auf die Bank sinken ließ, tippte mir jemand auf die Schulter. "Du, Joy?" Anhand des Spitznamens wusste ich, wer da hinter mir stand. "Hättest du Lust mit mir um 14 Uhr zu unserem Auswahltraining zu kommen?", fragte mich Percy.

"Machst du da mit?" Er nickte und strahlte. "Na dann komme ich gerne mit, auf welcher Position spielst du denn?", fragte ich ernsthaft interessiert.
"Hüter oder Jäger, je nachdem. Manchmal auch Sucher. Treiber zu sein ist mir nichts, ich will keine anderen Spieler verletzen."

Das hätte ich mir schon fast gedacht, dennoch war ich überrascht, da er eigentlich eine nahezu makellose Treiber Statur hat. Um 13:45 Uhr wartete ich dann vor dem Schloss auf ihn, bevor wir gemeinsam zum Quidditchfeld liefen.

"Warum hast du nie erzählt, dass du Quidditch spielst?", meinte ich nebenbei.
"Du hast ja nie gefragt", sagte er zwinkernd und mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Während Percy hinunter aufs Feld ging, nahm ich auf der Tribüne platz. Mit mir waren noch einige andere Slytherins und auch Hufflepuffs, Ravenclaws und sogar zwei Griffindors da.

Das Auswahltraining lief nun schon knapp eine halbe Stunde. Ich versuchte gerade Percy in der Menge aus Spielern ausfindig zu machen, als mich etwas hart an der Schulter traf.

Ich wurde auf die Bank geschleudert, während der Klatscher sich in meiner Jacke verfing, wodurch er mir immer wieder gegen die Rippen schlug.

Plötzlich war er verschwunden und ein verschwitzter Percy stand vor mir. Er hatte den Klatschter irgendwie unter seinen Arm geklemmt und musterte mich besorgt.
"Ist alles okay bei dir Joy?"
"Ja passt schon", stieß ich hervor.

Meine Rippen und Schulter schmerzten, wahrscheinlich geprellt oder verstaucht. Hinter Percy konnte ich zwei Slytherins ausmachen, welche gerade auf ihren Besen lachten und auf mich deuteten.

Einer der beiden hatte einen Treiberschläger in der Hand, er musste mich wohl bewusst abgeschossen haben. Percys Kopf lief rot an und ich bemerkte, wie er in seiner vor Wut zitternden Hand ebenfalls einen Schläger hielt.

"DU BLINDSCHLEICHE, SCHIEß SIE NOCH EINMAL AB UND DU BEKOMMST ES MIT MIR ZU TUN! HAST DU MICH VERSTANDEN?", brüllte Percy, während er ausholte und den Klatschter kraftvoll zu seinem Absender zurückschlug.

Der Junge flog im hohen Bogen vom Besen und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden.
"Meintest du nicht, dass du kein Treiber sein möchtest, weil du keine Menschen verletzten willst, Perc?", fragte ich unsicher.

"Eigentlich nicht, aber er hat dich bewusst verletzt und da ich den Schläger gerade wegbringen sollte, kam mir das gelegen und so ist mir da wohl gerade der Arm ausgerutscht. Außerdem ist er ja nur ein paar Meter tief gefallen."

Percy kratzte sich verlegen am Hinterkopf, bevor er wieder auf seinen Besen stieg und zu der Traube aus Schülern flog, welche sich um den Treiber gebildet hatte.

Ich rief ihm noch ein "Danke" hinterher, welches er nur abwinkte. Der Treiber, der jetzt wieder stand und auf seinen Besen stieg, flog einen gekonnten Bogen um Percy. Ich hätte ihm so etwas nie zugetraut, überlegte ich erstaunt.

Nachdem sein Training zu Ende war, kam er mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf mich zu.

"Ich habe es geschafft! Ab jetzt bin ich Hüter im Slytherin Team!"
"Glückwunsch, Ich freue mich für dich!", gratulierte ich ihm.
"Die wollten mich erst als zweiten Treiber einsetzten, zusammen mit der Blindschleiche von vorhin, dann habe ich denen eben gesagt, dass ich dann nicht garantieren kann, dass mir mein Arm nicht noch einmal ausversehen ausrutscht mit dem Schläger."

Er zuckte die Schultern und sein typisches Lächeln kehrte zurück. Zusammen sind wir dann, nachdem wir uns umgezogen hatten, in die große Halle zum Abendessen gegangen, wo einigen Schülern zur Aufnahme ins Team von ihren Klassenkameraden gratuliert wurde.

Mit Schreck sah ich, dass wohl auch Braden in unser Team aufgenommen worden war. Den Gratulationen nach zu urteilen, als Jäger. Mich störte das aber weniger und nachdem ich gegessen hatte, machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer, nahm mir mein Buch und begann weiterzulesen. Nach einiger Zeit schlief ich dann mit dem offenen Buch vor mir ein.

You're not alone! (Remus Lupin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt