Bei Nacht

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Ich starrte auf das vergilbte Pergament in meinen Händen, während ich mir den Satz wieder und wieder durchlas. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
Die erste Erbin..., was war damit gemeint?
Von der Seite hörte ich eine Tür zufallen und mein Kopf schoss in die Höhe.

"Sie sind ja noch hier." Professor Lupin kam langsam die Treppe zu seinem Büro hinunter. Ertappt versuchte ich, das Pergament zusammenzufalten und es unauffällig hinter meinem Rücken zu verstecken.
"Ähm, ja... Es ist Ihnen vorhin etwas heruntergefallen und ich wollte es nur aufheben und-" Ich stockte, als der Professor plötzlich in der Bewegung erstarrte.

"Was hast du hinter deinem Rücken?", fragte er dann leise und überwand die letzten Treppenstufen mit großen Schritten. Er kam direkt auf mich zu und hielt fordernd seine Hand auf.
In seinen Augen spiegelte sich ein Ausdruck wieder, den ich so noch nie bei jemandem gesehen hatte. "Ich habe nichts gemacht, das schwöre ich! Die Wörter sind einfach aufgetaucht!"

Langsam und mit eingezogenem Kopf holte ich das Pergament hinter meinem Rücken hervor und händigte es Lupin schüchtern aus. Er starrte ebenfalls auf die elegante Schrift. Einige Sekunden vergingen.
"Schon gut...", entwich ein Murmeln seinem Mund.
"Das ist wahrscheinlich nur ein Scherzartikel aus Zonkos, den ich vorhin einem Schüler abgenommen hatte."

Lupin fuhr sich fahrig durch die Haare und sah in dem Moment so aufgewühlt aus, wie noch nie.
"Miss Collins, es ist besser, wenn Sie jetzt gehen." Er wandte sich von mir ab.
Ich nickte, obwohl er es nicht sah und verließ eiligen Schrittes den Klassenraum, da mir diese ganze Situation nicht geheuer war.

Aus dem Augenwinkel sah ich Lupin in einem Stuhl zusammensacken. Ich blieb stehen.
Was war los mit ihm? Wenn es nur ein Scherzartikel war, weswegen machte er so einen Hehl daraus. Unter seinem alten Mantel sah ich, wie er zitterte und von dem Platz, an dem ich stand, konnte ich ihn vor sich hin murmeln hören: "Nein, nein! Das kann nicht sein...".

Sein Gesicht war in seinen Händen vergraben, das Pergament lag neben ihm auf dem Tisch und der Professor wirkte, als würde er gleich seine Nerven verlieren. Schweren Herzens befolgte ich seinen Befehl und schlug den Weg zum Gemeinschaftsraum ein.

Gerädert lief ich durch die Gänge und achtete nicht wirklich darauf, wo ich hinlief. Kein Wunder, das ich schon bald mit einigem Schwung in jemanden hineinstieß, als ich um eine Ecke im Korridor ging. "Pass doch auf wo du hin-".

Ich schaute auf in Niklas' Augen und er stockte mitten im Satz.
"Ist alles in Ordnung bei dir? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen", mit besorgtem Blick legte er mir eine Hand auf die Schulter und sah mich fragend an.
Er bekam nur eine stockende Antwort. "Ich denke schon, irgendwie. Ich habe gerade etwas seltsames erlebt. Ach, keine Ahnung", schüttelte ich den Kopf.

Bevor Niklas antworten konnte, ertönte vom Ende des Ganges eine Stimme.
"Was ist hier los? Alles in Ordnung, Joy?" Percy kam zu uns herübergejoggt und ich merkte, wie sich Niklas unwillkürlich verspannte.
"Was macht ihr beide eigentlich hier?", richtete der Blondschopf dann das Wort wieder an uns. Niklas murmelte irgendwas von Bibliothek und nun schaute Percy mich abwartend an.

"Ich... komme von der Nachhilfe, mit Lupin, und bin dann wohl mit Niklas zusammengestoßen."
Mein Blick wechselte von Niklas zu Percy, welche sich einen feindseligen Blick zuwarfen.
"Jungs? Kann ich mit euch beiden mal reden, bitte? Vielleicht könnt ihr mir ja weiterhelfen."
Ich hatte nun die Aufmerksamkeit der Slytherins und für einen Moment, schienen sie den Streit vergessen zu haben.

"Und dann hat er dich einfach rausgeschmissen?", fuhr Niklas auf. "Naja, mehr oder weniger. Ich denke, er wollte es nicht so harsch ausdrücken", zuckte ich mit den Schultern.
"Nein, Joe. Ich gebe da Niklas recht, wenn das nur ein Scherzartikel war, hätte er nicht so reagiert." Percy nickte Niklas einmal zu und blickte dann wieder zu mir.

You're not alone! (Remus Lupin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt