Prolog~ Die Zeit bleibt stehen

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So sollte es also enden.
Dies war einer der Gedanken, die dem sterbenden Loki durch den Kopf rasten.
Nicht jeder Gedanke war schlüssig und nicht jeden konnte er richtig ergreifen, doch dieser eine, der hallte ihm förmlich in den Ohren.
So sollte es enden.
Er merkte, dass er es nichtmehr lange aushalten würde, seine Augen konnte er kaum noch offen halten, seine Arme und Beine wurden taub.
Der Metallhandschuh brannte sich wie kaltes Feuer in die Haut seines Nackens und verzweifelt bohrte er seine Hände, die sich nicht anfühlten als wären sie noch ein Teil von ihm, in Thanos' Unterarm
Er wollte nicht, dass es so endete.
Wurde ihm klar.
Aus dem Augenwinkel sah er mit zunehmend verschwommenen Blick, die blaue Jotunhaut und verspürte diesen ach so süßen Hass.
Selbst wenn er helfen wollte, konnte er nicht. Und jetzt starb er auf diese elende Art und Weise, erwürgt von einem TITANEN.
Erbärmlich.
Sein Schädel stand kurz vorm platzen, ein grässlicher, schriller Ton klang in seinen Ohren und er versuchte seinen Blick auf seinen Gegner zu richten.
Er schaffte es nicht.
Seine Augen rollten immer wieder nach oben, Tränen liefen ihm über die grässlich blauen Wangen und er schloss die Augen.
Er wusste nicht, woher die Kraft zu sprechen kam, doch plötzlich hörte er seine eigene Stimme, seltsam verzerrt flüstern:
"Du wirst...niemals...Ein Gott sein."
Schwarze Flecke tanzten in der Luft und seine Lungen fühlten sich an wie mit Blei gefüllt.
Gleich würde es vorbei sein, gleich...

Er keuchte auf, als er hilflos auf den Boden krachte.
Sternchen tanzten ihm vor den Augen und er hustete und würgte und versuchte wieder Luft zu bekommen.
Als der Sauerstoff in seine Lungen strömte, war es das wohl beste Gefühl seines Lebens.
Seines Lebens? Dachte er plötzlich.
Aber wieso lebte er?
Zitternd setzte er sich auf und blickte sich um:
Thanos war verschwunden und der Rest der Szenerie stand still, wie in der Zeit gefangen.
Halluzinierte er?
Er versuchte aufzustehen, knickte weg und landete mit einem dumpfen Geräusch wieder am kalten Metallboden.
Niemand regte sich!
Loki kam schwankend auf die Füße und hielt sich die Seite, die schmerzhaft pochte und ihm das Luftholen zur Qual machte.
Ehrlich gesagt, wollte er garnicht wissen, wie viele Rippen er sich bei dem Sturz aus Thanos riesigen Pranken zu Boden gebrochen hatte...
Thanos riesige Pranken, die sich, zusammen mit ihrem Herrn, in Luft aufgelöst hatten...
Keiner der Kreaturen an Bord zuckte auch nur mit der Wimper, als Loki vorrüberging und sie einen nach dem anderen betrachtete.
Merkwürdig...
Langsam ging er näher an eine der Personen heran und tippte diese an.
Das heißt: er wollte sie antippen, doch seine Hand fand nur Luft.
Er starrte auf seine Finger, die sich geradewegs durch die Schulter von Thanos Handlanger bewegt hatten.
War das...Eine Illusion?
"Loki!", rief jemand und er fuhr herum:
Was zu Odins Bart??!
Er sah drei Gestalten etwa 20 Meter von ihm entfernt stehen, seinen Bruder, eine Frau in Umhang und schillerndem Kostüm und...Einen Waschbären.
Er musste halluzinieren.
"Bruder!", donnerte Thor's Stimme. "Du musst dich beeilen!"

Und Loki rannte, so war er in seinem ganzen Leben noch nie gerannt.
Es durfte keine Halluzination sein, es konnte keine Illusion sein und er wollte um Himmels Willen nicht tot sein!!
Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er gewusst wer er war, was er sein wollte und es konnte nicht zu Ende sein, es durfte es nicht sein!
Sein ganzes Leben lang hatte er an sich gezweifelt, hatte die Asgardianer als Feinde angesehen und sich seines Geburtsrechts beraubt gefühlt.
Er war immer allein gewesen, schon bevor er erfuhr, dass er dieses Monster war und hätte niemals gezögert einem "Freund" bei einer Umarmung seinen Dolch in den Rücken zu rammen.
Der Gott des Schabernacks und des Unheils und doch hatte sich all dies niemals richtig angefühlt.
Jetzt wusste er es, er hatte es in genau dem Moment gespürt, als Thanos Thor folterte.
Das kühle Nichts in ihm war einer Emotion gewichen, die er noch nie im Leben wahrgenommen hatte, er war sich nicht einmal sicher, ob es einen Namen für sie gab.
Er war Loki Odinson und Thors Bruder. Das war alles, was nun zählte.

Als er bei Thor ankam schlang der seine Arme um ihn, bevor Loki überhaupt wusste was passierte.
Verwirrt ließ er es zu und strich kurz über Thors Rücken.
Definitiv keine Illusion. Und halluzinieren würde er sowas ganz sicher auch nicht!
"Ich dachte, ich sehe dich nie wieder!", sagte Thor leise.
Loki starrte über Thors Schulter zu der fremden Frau hinüber und nickte kurz.
"Ich dachte ja selbst nicht, dass ich mich jemals wieder sehe.", meinte er mit rauer, ersterbender Stimme.
Er hatte den Geschmack von Blut im Mund und musste erneut husten, weswegen Thor ihn losließ.
Als der Gott des Schabernack die Hustenattacke überwunden hatte, nickte er der Fremden zu:
"Wer bist du, wenn ich fragen darf?"
Die Frau nickte: "Du darfst. Ich bin Captain Marvel und ich habe dir soeben das Leben gerettet."

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