Kapitel 26: Ich kenne dich

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Erinnerungen durchfluteten Carol Danvers Kopf und sie riss panisch die Augen weit auf, versuchte in der Realität zu bleiben und sich nicht in den Visionen zu verlieren, die ihr der Fremde einpflanzte.
Erst hatte sie gedacht, sein übertriebenes, selbstbewusstes Benehmen wäre irgendeine dumme Anmache, doch mit jeder Sekunde war ihr seine Anwesenheit gruseliger vorgekommen.
Sie war ja diejenige die so unglaublich dumm gewesen war, ihn nicht sofort zu stellen und nun war er in der Übermacht und konnte Gott-weiß-was mit ihr machen.
Ihr Blick verschwamm entgültig und plötzlich sah sie sich selbst, was sich extrem seltsam anfühlte, denn sie sah sich nicht in einem Spiegel oder auf einem Foto, sondern als würde sie einen Klon von sich selbst sehen.

Noch seltsamer war es jedoch, dass sie sich in einer Situation sah, in der sie niemals gewesen war!
Wie war das alles möglich?

Und als sie sich sprechen hörte, also die Person durch dessen Augen sie die Szene sah, verstand sie, dass sie der Fremde war.
Waren das seine Erinnerungen?
Aber wieso war sie in seinen Erinnerungen?

"Nein. Du kannst nicht- du darfst nicht-", hörte sie sich zu einem breit gebauten, bärtigen Typen sagen, der außer ihr und dem Fremden im Raum war.
Ihre Stimme, nein, die Stimme des Fremden, klang brüchig, traurig und gleichzeitig wütend. Irgendwo wusste sie den Namen des anderen: Thor. Wie der Gott...oder wie der Avenger. Wie konnte es sein, dass der Fremde Thor kannte?!

Thor lächelte sanft:
"Ich weiß du kannst es schaffen. Du kannst alles wieder in Ordnung bringen."

Sie spürte wie Tränen über ihre Wangen liefen und verzweifelte schluchzte sie auf:
"Nein. Nein-nein-nein-nein-nein!"
Verwirrung stieg in dem Teil ihres Geistes auf, der unabhängig von der Erinnerung des Fremden dachte und fühlte.
Wieso war er denn nur so verzweifelt?

Thor strich ihr über den Arm:
"Ich musste dich einfach wieder lebend sehen, kleiner Bruder."

Er war der Bruder des Fremden!
Komisch, ähnlich sahen die Beiden sich nun wirklich nicht...
Und wieso "lebend sehen"? Was war denn passiert?

"Mach wieder gut, was ich damit angerichtet habe."

Und Thor löste sich in Luft auf, einfach so.
Der unabhängige Teil von ihr wurde immer verwirrter,  spürte etwas Mitleid für den Fremden.
Der Teil von ihr, der der Fremde war zerbrach innerlich an Wut und Schmerz und als der Fremde auf die Wand zustürzte und sich die Fäuste aus Verzweiflung an ihr wundschlug, spürte sie jeden Schlag.
Die Erinnerung endete damit, wie sie durch den Tränenschleier des Fremden sah, dass sie, Carol Danvers, ihn von der Wand zurückzerrte.
Wärme durchströmte sie, als sie sich umarmte (das war so seltsam, sich selbst zu umarmen) und sie verstand, dass sie dem Fremden wirklich etwas bedeutet hatte.
Aber wieso erinnerte sie sich nicht an ihn? !

Abrupt endete die Erinnerung und eine andere tat sich vor ihr auf:

Das erste Gefühl dass sie fühlte war Panik. So richtig starke, eiskalte, spitze Panik, die einem durchs Blut rast wie ein Haufen kleine Eissplitter.
Dann wurde ihr schwindelig, Angst ließ ihre Augen Tränen und sie begann mit seiner Stimme darüber zu reden, dass sie irgendetwas niemals schaffen würde.
Irgendwen zu retten.
Die Erinnerung war verschwommen, sie bekam die einzelnen Sätze nicht mehr mit, aber sie kannte in etwa ihren Inhalt.
Dann war da wieder sie, Carol, und sie hielt die Hände des Fremden, beruhigte ihn und lächelte so freundlich, als ob sie ihn schon lange kennen würde.
Aber wenn sie sich so lange kannten, würde sie sich doch an ihn erinnern,  oder nicht?

Die Zuneigung und Wärme die sie an Stelle des Fremden ihr gegenüber empfand war ein so reines Gefühl, dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass all diese Erinnerungen falsch waren; dass es nur Illusionen waren, die einem bösen Zweck unterlagen.  Sie konnte nicht glauben, dass der Fremde einer der Bösen war.
Es war alles viel zu echt.

Auch diese Erinnerung brach ab und machte einer anderen Platz, und irgendwie wusste sie, dass dies die letzte war, die er ihr zeigen würde.

Es war ein Kuss. Zwischen ihr und dem Fremden, der scheinbar doch nicht ganz so fremd war.
Loki , war sein Name, glaubte sie zu wissen.
Und nun war sie sich zu 100% sicher: solche Gefühle konnte man sich nicht ausdenken!
In jeder Erinnerung schien trotz des zeitweiligen Glückes immer eine dunkle Trauer gegenwärtig gewesen zu sein und diese fiel wärend des Kusses komplett von Loki ab.
Er fühlte so unglaublich viele Dinge gleichzeitig, seine sonst so dröhnenden Gedanken verstummten urplötzlich und alles war wie in Zeitlupe.

Viel zu schnell war die Erinnerung vorbei und ihr Blick fokussierte sich wieder auf die reale Welt.
Loki ließ ihren Arm los und seine Augen hatten diesen verrückten traurigen und glücklichen Glanz zugleich, der seine Gefühle aus den Erinnerungen so gut wiederspiegelte,  dass Carol, hätte sie noch irgendeinen Zweifel gehabt, diesen nun vollkommen vergessen hätte.

Wow.

"Ich weiß, dass war jetzt vielleicht ein bisschen viel-", begann er, doch sie zog ihn in eine feste Umarmung.

"Du hast es geschafft. Du hast alle gerettet, wie Thor gesagt hat. Deswegen sind wir noch hier, stimmt's?"

Loki vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter und seufzte glücklich. Er hatte sie wieder.
Sie erinnerte sich zwar nicht an alles, aber sie waren wieder zusammen.
Er würde sie nie wieder verlassen, schwor er sich.
Der Gott hatte sie so sehr vermisst, alles von ihr, wirklich alles.
Sie so zu sehen,  wütend auf ihn, weil sie ihn nicht erkannte, hatte ihm so weh getan,  doch nun war alles wieder gut. Es war alles so, wie es sein sollte.
War es kitschig, dass er sogar ihren Geruch vermisst hatte? Vermutlich  schon.

Sie löste sich von ihm:
"Aber...wieso erinnere ich mich nicht? Was ist passiert?"

Er lächelte:"Das ist kompliziert. Aber vielleicht können wir das besprechen, wenn ich dich zu einem Kaffee einladen darf?"

Bitte sag ja, Bitte sag ja, hoffte er, denn wenn sie ihn abweisen würde hätte er keine Chance mehr. Sie erinnerte sich nicht, also mochte sie ihn vielleicht gar nicht mehr auf diese Art und Weise...?

"Gerne. Ich möchte dich sehr gerne kennenlernen,  Loki.", lächelte sie.

Kurz darauf verließ das erneut vereinte, so ungleiche und doch so ähnliche Paar die Wohnung und trat auf die Straße.

Es war ein lauer Abend, die Straßen waren in dunkelblaues Licht getaucht und alles wirkte einfach perfekt auf den Gott.
Alles war perfekt und alles war wie es sein sollte, wenn sie nur bei ihm war.
Carol hakte ihren Arm in seinen und vertraut wie eh und je wanderten sie durch das abendliche New York auf der Jagd nach dem nächsten Starbucks.

Und zum ersten Mal im seinem Leben fühlte Loki sich vollkommen.
Carol war das letzte Stück, das seinem Puzzle noch gefehlt hatte, sie machte ihn komplett.

"Ich glaube,  ich habe mich in dich verliebt.", flüsterte er.

                 -The End-

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Soo dies ist das offizielle Ende dieser Fanfiction. Wow, war das spannend sie zu schreiben.
Ich habe jedes Wort genossen!
Danke @Shalea14, dass du immer so lange, tolle Kommentare geschrieben hast, dass hat mich trotz der wenigen Leute,  die diese Fanfiction bis jetzt gelesen haben sehr motiviert!❤
Hab dich lieb!

Für diejenigen die jetzt vielleicht wegen des letzten Satzes verwirrt sind, da Loki und Captain Marvel sich ja bereits geküsst haben:
Loki ist ein Gott und die Götter kennen das typische Verlieben oft nicht. Bei den Göttern gibt es auch Partnerschaften ohne richtige Liebe und daher findet Loki die Sache mit Carol auch sehr besonders. Abgesehen davon hat er sich noch nie verliebt, daher ist das eine komplett neue Sache für ihn.
Gerade deswegen finde ich es so schön, seine Gefühle für Carol aufzuschreiben: es gibt kein: oh, ich habe mich in sie verliebt, sondern nur ein: sie macht mich glücklich,  sie lässt mich meine Vergangenheit vergessen, sie versteht mich, sie macht mich komplett, sie tröstet mich, wenn ich bei ihr bin fühle ich mich warm, sie sorgt dafür, dass ich mich akzeptieren kann wie ich bin, sie vergibt mir, sie lässt mich die schlechten Dinge vergessen und sie macht mich zu einer besseren Person, und ich finde, dass all das viel mehr aussagt, als ein einfaches "ich liebe sie".
All diese Gefühle zusammen ist Liebe, doch eben diese Liebe so vielfältig aufzuspalten zeigt noch einmal, was für ein großes Gefühl das einfach ist.

Danke fürs Lesen, es hat mir wirklich unglaublich Spaß gemacht das hier zu schreiben!🤗

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