Kapitel 14: Der Gott des Feuers

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Lange Zeit saß Loki einfach nur in der Mitte des kleinen Raums. Er hatte das Bett an die Wand geschoben, die dünne Decke als Unterlage gegen die Kälte unter sich ausgebreitet und saß nun dort.
Das Licht hatte er ausgeschaltet und die einzige Lichtquelle war das Universum, dort draußen vor dem Fenster.
Lila-rote und Veilchen-blaue Wirbel und dazwischen die hellfunkelnden Sterne. Auch wenn der Ausblick wahrlich wunderschön war vermisste Loki festen Boden unter den  Füßen und den Blick auf die Sterne von unten.
Der Gott stützte den Kopf in die Hände und ließ den Blick über dieses Wunder wandern und plötzlich dachte er an Heimdall.
So oft hatte er den Wächter betrogen, hatte ihn einst sogar mit der Urne aus Jötunheim in einen Eisblock verwandelt, doch letzten Endes hatten sie Seite an Seite gekämpft. Sollte er es schaffen, sie alle zu retten musste er dem Mann unbedingt sagen, wie sehr er ihn eigentlich schätzte.
Oft hatte der Gott des Schabernacks sich vorgestellt wie es sein musste alles zu sehen und beim besten Willen: bei all dem Übel das alleine auf Midgard stattfand musste es doch die reine Gehirnwäsche sein, das Böse des gesamten Universums ertragen zu müssen.
Er hatte ernsthaften Respekt vor dem Wächter.

"Einen Ehrenvollen Tod bist du gestorben, Heimdall", flüsterte Loki:
"Wenn sich Walhalla noch nicht in der Zeit aufgelöst hat siehst du mich jetzt sicher auch."

Er faltete die Hände und blickte in die tiefen der ineinander zerfließenden Farben und schwor sich, dass er niemals mehr irgendwen im Stich lassen würde.

"Es geht nicht um mich. Ich weiß das jetzt. Es geht um so viel mehr und ich wäre ein wahrer Feigling, würde ich es nicht wenigstens versuchen. Ich werde alles darum geben, das verspreche ich. Für die Asgardianer, für Thor, für Rocket und für den Rest des Universums."

Und plötzlich war das Gefühl verschwunden. Kein Druck auf der Brust, kein Brennen im Nacken, keine Angst im Bauch einfach nur...Ruhe.
Selbst die dumpfen Kopfschmerzen waren vergessen.

"Ich bin hier aus einem Grund nicht wahr?", murmelte er.

Doch das Universum schwieg.
Er hatte auch keine Antwort erwartet, brauchte keine, denn er hatte sie schon längst erhalten, sie lag tief in ihm drin.

Und er ließ die Illusion fallen, komplett, zum ersten Mal in seinem Leben mit voller Absicht.
Er stand auf, trat an das Fenster herran und ließ eine kleine Flamme in der rechten Hand erscheinen.
Gott des Feuers.
Er hob sie zu seinem Gesicht und betrachtete sein Spiegelbild.
So sah er aus. Das war seine Haut, seine Augen, seine Zeichen an Kinn, Stirn und Wangen und zum ersten Mal ekelte er sich nicht, wollte sich nicht verstecken und sich verleugnen.

Er fuhr mit der freien Hand der Narbenartigen Zeichnung an Wange und Kinn nach.

Kann ich nicht ich sein, egal wie ich aussehe?, Fragte er sein Spiegelbild still, ohne Worte.

Es starrte ihn zurück an:
Es hatte keine Antwort darauf.

Er löschte die Flamme, die Scheibe wurde wieder dunkel und durchsichtig und erneut betrachtete er die Sterne.

"Odin.", fing er an.
"Ich...War lange wütend auf dich. Ich habe dir vergeben als du starbst, aber ich habe nie aufgehört wütend zu sein. Ich will dir nur sagen...Du hast Fehler gemacht und alles was ich wollte war,  dass du das zugibst. Aber das hast du nie. Das hat mich so wütend gemacht! Du bist nie perfekt gewesen, verdammt!"
Er fluchte und verpasste der Wand einen Schlag.
"Aber ich verstehe dass du Angst hattest. Und mir geht es gut, ich weiß was zu tun ist und ich werde euch nicht enttäuschen."
Loki senkte den Blick.
"Nicht...Schon wieder."

Er ging zu der Decke hinüber, bückte sich,  hob sie auf und wickelte sie um seine Schultern. Dann ließ er sich in das Bett fallen, streifte die Schuhe von den Füßen und schloss die Augen.
Überraschenderweise schaffte er es tatsächlich einzuschlafen und er hatte nicht einmal Alpträume.
Der Gott fühlte sich, als hätte er endlich seinen Frieden gefunden.

Er wanderte einen langen, von Fackeln beleuchteten Gang entlang. Es musste ein Gang irgendwo in Asgard sein, nur wo genau konnte er nicht sagen.
Odin stand hell beleuchtet am Ende des Gangs und Loki fing an zu rennen.
Schnell war bei seinem Vater angekommen.
"Odin! Wieso rufst du mich?"
Seine Stimme hörte sich seltsam verzerrt an und ihm war längst klargeworden,  dass dies ein Traum sein musste.
"Ich will dir etwas zeigen, mein Sohn.", murmelte der alte Gott mit seiner rauen, ehrwürdigen Stimme.
Sie liefen weiter den Gang entlang, welcher immer undeutlicher wurde, immer verschmommener, so dass Loki schon Angst hatte, er würde erwachen.
Doch die Wände des Gangs wurden durch Palmen, Efeupflanzen und Lilianenbewachsene, knorrige Olivenbäume ersetzt.
So ein Artenreichtum gab es nur an einem Ort in allen Neun Welten die der Gott des Schabernacks jemals betreten hatte: im Palastgarten Asgards.
Doch so wie das in manchen Träumen  war stimmten kleine Details nicht überein, wirkten fehl am Platz, aber eigentlich war das nun vollkommen unwichtig.
Wirklich wichtig war der Grund, warum Odin ihn zu sich geholt hatte.
"Loki, würdest du mir eine Flamme entzünden. Ich will dir etwas zeigen.", murmelte Odin und ließ sich auf einem Holzstamm nieder, der völlig plötzlich aus der Erde gesprossen schien.
Der Gott ging vor seinem Vater in die Knie, beschwor ein kleines Feuer in seinen Handflächen und hielt es zwischen sich und dem Allvater in die Luft.
"Sieh Loki, ich weiß dass du große Schwierigkeiten hattest herauszufinden wer du bist. Doch ich bin mir sicher, du hast es nun geschafft. Schau dir das Feuer an."

Loki beobachtete die tanzende Flamme in seinen Händen, ihm fiel aber nichts besonderes daran auf.

"Ich...verstehe nicht.", flüsterte er Ratlos.

"Du bist wie das Feuer. Den Namen "Gott des Feuers" hast du nicht umsonst. Feuer hat zwei Seiten: zum Einen kann es fürchterliches anrichten: feuerspuckende Berge die ganze Landstriche mit heißem Gestein zerstören, Waldbrände die eine Pflanzenreiche Gegend für eine lange Zeit unfruchtbar machen und verwüsten und doch ist das Feuer zum Anderen  eines der hilfreichsten Dinge die man jemals entdeckt hat.
Loki, du hast diese beiden Seite, so wie eigentlich jeder, doch bei dir stehen diese andauernd im Konflikt. Deswegen ist es noch viel beeindruckender, dass du dich immer wieder für die richtige Seite entscheidest.
Du bist kein Fehler oder ein Monster, du bist ein starker, junger Mann und du kannst es schaffen.

Nutze dein Feuer für das Richtige."

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Bald sind sie auf der Erde yaheiz! 🤗
Meinungen?
Das Kapitel hat sehr viel Spaß gemacht zu schreiben, weil ich es mag Dinge näher zu beschreiben ehehe🤓

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