Hosen runter lassen

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Am nächsten Morgen saß ich immer noch wütend auf dem Dach. Meinen Kopf ließ ich nach hinten fallen und lehnte ihn somit an einem der riesigen Rohre an. Ich konnte es nicht fassen, nach all dem was gerade passierte. Irgendwo hatte ich gehofft sie würden anfangen Mädchen zu akzeptieren, aber wie man sah waren sie immer noch kindisch. Sie beleidigten uns obwohl ich daneben saß. Und das nur weil sie zu doof waren daran zu denken, dass ich auch eines bin.

Leise Stimmen holten mich aus meinen Gedanken raus. Ich konnte nur Bruchteile verstehen, doch klang es, als würden sie von unserer Wohnung aus kommen. Langsam stand ich auf und lauschte an der Eisentür. Ein Stein verhinderte, dass sie komplett ins Schloss fiel, somit konnte ich zuhören was gesprochen wurde. "Keine Ahnung. Ich dachte sie wäre bei euch", dröhnte die Stimme meines Vaters hervor. Neugierig wie ich war wollte ich natürlich wissen worum es genau geht. "Es gab so eine Art Zwischenfall" Ich versuchte die andere mir bekannte Stimme zu identifizieren. Die Person an die ich zuerst dacht, konnte es unmöglich sein. "Dann brauch sie ihre Ruhe. Wenn sie abhaut heißt es eigentlich, dass sie keinen angreifen will. Ich muss jetzt auch noch was erledigen" Damit war die Tür zugeknallt. "Dampfender Teufelsdreck" Nun war ich mir doch sicher. Das konnte nur eine Person sein, auch wenn ich mich wunderte was er hier machte. Langsam schritt ich die Treppe hinunter. Markus stand mit dem Rücken zu mir und schien zu überlegen. "Was willst du hier?", fragte ich kalt. Leicht erschrocken wirbelte er herum und sah mich erleichtert an. "Verdammt Elena" "Ella! Sag noch einmal Elena und du wirst diesen Sommer nicht überleben", giftete ich ihn an. Kaltherzig lehnte ich mich an die Wand und sah ihn abschätzig an. "Ich frag nur noch einmal: Was willst du hier?" "Dich holen. Wir haben einen Todsicheren Plan, wie wir Vanessa wieder bekommen", siegessicher grinste er mich an. "Und der wäre?" ich war nicht gerade überzeugt, dass der Pan gut sein würde. Bei denen konnte man nie wissen. "Vanessa wollte schon immer die erste Frau in der Nationalmannschaft sein. Also wird angeblich ein Talentscout zum Spiel kommen und...", fing er an aufgeregt zu erzählen. Doch ich musste ihn unterbrechen:"Das kann nicht euer Ernst sein. Verdammt Markus werdet erwachsen, die wird euch eigenhändig köpfen wenn das raus kommt. Macht was ihr wollt, ich mach da aber nicht mit" Nun war ich nur noch aufgebrachter. "Bitte Ella. Du gehörst dazu" Flehend sah er mich an. Das konnte nicht wirklich sein ernst sein. "Obwohl ich ein Mädchen bin? Ruf mich an wenn ihr versagt habt, dann kann ich euch auslachen. Man sieht sich" "Verstehe", fast schon gekränkt drehte er sich um und wollte verschwinden. "Markus!" Eine Antwort brauchte ich jedoch noch. Hoffnungsvoll drehte er sich zu mir um. "Warum bist ausgerechnet du hier aufgetaucht?" Kurz überlegte er. "Weil Stein die Schere schlägt"

Nun war ich es die überlegte. Die würden doch nicht ernsthaft... oder? "Nicht dein Ernst?", gab ich schließlich wütend von mir. Auf seinem Gesicht breitete sich ein leichtes Grinsen aus. "Nö! Du musst nicht jeden Mist glauben" "Bei euch bin ich mir da nicht sicher" Zwar legte sich meine Wut, dennoch war ich verachtend ihm gegenüber. "Einige wollten dich erst nicht dabei haben. Die meinten das es dein Pech wäre, dass du abgehauen bist. Aber egal, wir haben schon Vanessa verloren, wir dürfen nicht noch jemanden verlieren" Damit war er nun endgültig verschwunden. Kopfschüttelnd lief ich in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett. Die würden wirklich gekillt werden, wenn die auffliegen. Aber das soll nicht mein Problem sein. Vanessa wusste, dass ich so etwas genauso albern fand wie sie.

"Elena. Am Telefon ist jemand für dich", riss mich mein Vater aus den Halbschlaf. Ich musste wohl eingeschlafen sein, keine Ahnung wie lange ich geschlafen hatte. "Komme", nuschelte ich in meine Kissen hinein. Verschlafen stand ich auf und lief zum Telefon. "Danke", brachte ich so gerade eben heraus, bevor ich ihm den Hörer abnahm. "Ja?", fragte ich immer noch leicht nuschelnd. "Hey, ich sollte dich doch anrufen", hörte ich am anderen Ende eine vertraute Stimme. Man hörte einen enttäuschten Unterton in ihr. Mir entfuhr ein ironisches Lachen:"Und du willst mir nun sagen, dass ihr es versaut habt?" Stille. Anscheinend hatte ich einen wunden Punkt getroffen. Nach einer gefühlten Ewigkeit sprach Markus doch noch mal:"Wir sind bei der Eisdiele falls du kommen willst" Damit legte er auf. Leicht säuerlich schnaufte ich einmal, ging dennoch zur Haustür. "Ich muss noch mal weg", rief ich beim Verlassen der Wohnung und machte mich auf den Weg.

Schon von weitem sah ich die Jungs deprimierend vor dem Laden sitzen. In der Ecke saß auch mein Bruder auf einen Stuhl eingeknickt. So wie er aussah war er wohl eher über sein Aussehen gekränkt. Scheinbar durfte er den Talentscout des Super-Plans spielen. Ich schmiss mein Fahrrad auf den Boden und blickte spöttisch in die Runde. "Wow! Läuft bei euch" Doch Zeit zum antworten hatten sie nicht. Jedoch wollten sie es wahrscheinlich auch nicht.

Hinter mir ertönten Schritte auf den alten Holzdielen und ich vernahm die Stimme von Leons und Marlons Vater:"Hallo Leute! Was macht ihr denn hier? Ist der Teufelstopf schon fertig?" Die ganze Zeit über schaute er auf die aktuelle Tageszeitung, doch als er aufblickte fiel sein Blick als erstes auf meinen Bruder. "Oh ne!", stöhnte er angesäuert auf,"Marlon! Das war mein bester Anzug" Die Jungs blickten wieder stumm auf den Boden, wie zuvor auch schon. Nur mein Bruder sprach grinsend:"Sie sollten erstmal die Limousine sehen" Und das tat er auch, genauso wie ich. Zumindest konnten wir uns vor unserem geistigen Auge ein demoliertes Auto sehen. Ohne es wirklich zu sehen, wussten wir wie schlimm es aussehen musste. In Maxis Augen blitzte ein Funken Panik auf. "Ok, darüber reden wir noch" Damit betrat der Vater das Gebäude und holte einen Eimer voll Wasser heraus. Im Türrahmen stehend sah er einen nach dem anderen an. "Aber ansonsten hat euer Plan ja gut funktioniert" Während er zum ersten Tisch lief, um diesen zu säubern, machte er weiter. Er schüttete nur noch mehr Öl in das schon brennende Feuer. Doch ich dachte genauso wie er. "Ich meine da Vanessa hier ist und mit euch gute Laune verbreitet, war das wohl ein voller Erfolg. Ihr habt das Mädchen so richtig verzaubert, stimmts?" Auf ein weiteres betrübtes Schweigen fügte er noch rhetorisch hinzu:"Oder irre ich mich?"

Mittlerweile hatte ich es mir auf einem der Tische gemütlich gemacht und sah die anderen abwartend an. Ich wusste noch nicht mal warum ich genau gekommen war. "Kacke verdammte! Papa. Kannst du uns helfen?", fragte Leon nun hilflos. Ich lachte leicht, das konnte nicht sein Ernst sein. "Nein. Das kann ich nicht. Aus dem Schlamassel könnt ihr euch nur noch selber befreien. Ihr müsst die Hosen runter lassen" Die ganze Zeit über dachte ich wie er, doch das wollte ich wirklich nicht sehen. Ok mir war schon klar das es nicht wörtlich genommen werden sollte, doch überlegte ich trotzdem was genau er meinte. Ehrlichkeit? Mut um endlich den Mist einzugestehen?

Doch anscheinend dachte Deniz zu wenig darüber nach und nahm das Ganze wohl zu wörtlich. "Oh ha! Einen Moment" Aber ihm wurde sofort das Wort abgeschnitten. "Nein Deniz. Ihr habt Vanessa belogen. Und zwar so richtig erbärmlich, schaut euch doch mal an. Und wenn euch das Mädchen noch irgendwas glauben soll bleibt euch nichts anderes übrig. Ihr müsst die Hosen runter lassen" Leon sah seinen Vater leicht ungläubig an. Auch er nahm das Ganze wohl zu wörtlich. "Aber das meinst du nicht wörtlich?" "Auch wenn ich nicht viel Hoffnung darin sehe, probieren kannst du es ja. Vanessa sieht es bestimmt gerne wie du dich zu einem noch größeren Affen, als du eh schon bist, machst", ich sah ihn bitter an. Sein Blick blieb kurz bei mir hängen, noch ungläubiger als zuvor schon. "Ich glaub auch nicht wirklich daran Ella. Das wäre auch zu einfach. Ich rede von dem", Leons und Marlons Vater zeigte auf sein Herz,"Das muss die Hosen runter lassen" Er schnappte sich ein Stuhl und machte es sich darauf bequem.

"Jungs, ihr habt gar keine andere Chance. Ihr müsste Vanessa eure Gefühle beweisen. Das Mädchen hat sich verknallt" "Oh und wie sie das hat", warf Raban leicht genervt ein. "Ja. Aber vielleicht irrt sie sich ja. Vielleicht liebt sie einen anderen" Wie von selbst glitten unsere Blicke auf Leon. Er wurde fast schon von allen Seiten angestarrt. Entsetzt sah er in die Runde und dann zu seinem Vater. "Jetzt red keinen Stuss. Hört ihr, das stimmt nie im Leben", schrie er uns an. "Das ist aber Schade", versuchte sein Vater einen letzten Versuch," Das wäre genau das was sie jetzt braucht, ich meine einen Liebesbrief und zwar einen echten"

Ella-Der Sturm kommt näherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt