Ghosted [Ger]

Samstag, 5. Mai 2018 - 22 Tage nach meinem Tod

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich die letzte Woche ausgehalten habe. Am Mittwoch hatte ich ja schon einen halben Nervenzusammenbruch, aber danach kamen ja noch zwei unendlich lange Tage ohne Jimin. Ich war erbärmlich, wie ich jedes Glück nur von ihm abhängig machte. Aber ich bin tot, ich habe kein Image, das ich vor anderen wahren muss, ich habe keinen Stolz mehr. Jimin ist das Einzige, das ich noch habe. Seine Besuche sind das Einzige, das das alles hier einigermaßen erträglich machte. Aber ohne ihn, bin ich einfach nur alleine. Die schlechte Art von alleine, wo du niemanden hast, der dich im Arm hält, wenn es dir schlecht geht und dir sagt, dass alles wieder gut wird. Es war die Art von alleine, die man nicht mal seinem schlimmsten Feind wünschen würde, weil da war einfach nichts mehr. Nur ich und die Leere.

Aber heute war Samstag und das bedeutete Jimin würde wiederkommen. Alleine dieser Gedanke machte, dass mein Herz so viel höher schlug und ich ausnahmsweise nicht mit Tränen in den Augen aufwachte. Manchmal wachte man einfach auf und wusste, dass es ein guter Tag werden würde. Genau diese euphorische Begeisterung erfüllte mich, sobald ich meine Augen heute morgen aufschlug.

Und ich wurde nicht enttäuscht, tatsächlich kam Jimin noch vormittags vorbei. Wie ein ausgetrockneter Schwamm sog ich jedes kleine Detail seiner Erscheinung in mich auf. Ich hatte ihn so unglaublich vermisst und auf einmal stand er wieder vor mir, wie ein Engel, und alle Sorgen fielen von mir ab. Er trug blaue ripped Jeans und ein weißes Hemd, das leicht im warmen Maiwind flatterte. Er sah wirklich himmlisch aus, wie er auf mich runter lächelte.

"Hallo Kookie, ich habe dich vermisst.", sagte er immer noch lächelnd, aber in seinen Augen glitzerten traurig. Er schwieg für einen Moment, bevor er fortfuhr: "Irgendwie will ich dich fragen, wie deine Woche war und dann einfach mich bei dir darüber abkotzen wie blöd es ist, früh aufzustehen, oder so etwas. Wenn ich hier bin und rede fühlt sich alles wieder so normal an. Aber ich kann dich das nicht fragen und du kannst mir nicht antworten. Und jedes Mal nimmt mich das aufs Neue mit. Es ist ein scheiß Gefühl, aber gleichzeitig habe ich Angst, dass es verschwindet. Ich habe Angst vor dem Tag, an dem ich nicht mehr losheulen will, wenn ich diesen leblosen Stein sehe. Ich habe Angst, dass ich mich irgendwann einfach daran gewöhne, dass du nicht mehr da bist."