Sonntag, 16. September 2018- 2 Monate, 2 Tage, nachdem ich den Friedhof verließ

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„Wir sollten unsere erfolgreich abgeschlossene Mission feiern!", sagte Jin, als er sich neben mich auf das Sofa fallen ließ.

Jimin und Namjoon saßen zusammen auf dem Boden vor uns und bastelten irgendwas für die Wohnzimmerwand. Joon hatte seine Beine voneinander gespreizt, sodass Jimin es sich zwischen ihnen bequem machen konnte. Immer wenn sich Namjoon vorbeugte, gab er davor Jimin einen flüchtigen Kuss auf seinen Kopf und alle paar Minuten drehte Jimin sich zu ihm um, um dieses Mal ein Kuss auf die Lippen zu bekommen. Die beiden wichen sich seit gestern nicht mehr von der Seite, als hätte man sie mit Sekundenkleber zusammengekleistert. Sie waren eindeutig in der Honeymoon-Phase. Aber ich konnte die beiden nicht mal nervig finden, weil ich mich einfach so sehr für die beiden freute. Die beiden hatten sich genug selbst gequält, indem sie Abstand voneinander gehalten hatten. Jetzt wirkten sie so unglaublich glücklich zusammen. Jedes Mal, wenn die beiden nach einem Kuss bis über beide Ohren strahlten, machte mein Herz einen kleinen Sprung und sagte mir, dass ich das richtige getan hatte. Wenn ich die beiden so anschaute, schien es mir, als wären die beiden wie für einander gemacht – so wie Jimin perfekt zwischen Namjoons Beine passte und Namjoon perfekt seinen Kopf auf Jimins ablegen konnte, wenn sie so saßen, so wie die Beiden wahrlich zu leuchten schienen, wenn sie zusammen waren und die Zeit jedes Mal kurz für sie still stand, wenn sie sich küssten. Ich schätze Jin hatte recht, unsere Mission war erfolgreich gewesen...

Gefeiert wurde allerdings trotzdem nicht. Denn kurz darauf stellten die beiden Mitbewohner ihre Collage fertig. Das Werk war nicht groß, nur eine kleine Collage voll mir Polaroid Bildern von den beiden. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass die beiden schon so viel zusammen erlebt hatten, aber all diese Momente vor mir zu sehen, machte mit nochmal schmerzlich bewusst, wie viel Zeit tatsächlich vergangen war. Und anscheinend ging es nicht nur mir so. Als Jimin das Bild von uns beiden bei Hoseoks erstem großen Auftritt in der Hauptstadt von der Wand nahm, um für die Collage Platz zu schaffen, wurde er plötzlich sehr still. Während Namjoon das neue Bild aufhängte, starrte Jimin unentwegt auf das gerahmte Foto in seiner Hand.

„Es sind jetzt fünf Monate, weißt du...", sagte er leise. Verwirrt drehte Joon sich zu ihm um. Er war zu sehr mit dem Aufhängen der Collage beschäftigt gewesen, um mitzubekommen, was sein Freund da tat.

„Jungkook. Es sind jetzt fünf Monate nach seinem Tod.", erkläre Jimin und die Trauer war deutlich hörbar in jedem Wort. Namjoon zögerte keine Sekunde und zog Jimin in eine warme Umarmung. Sofort schlang Jimin seine Arme um Namjoons Körper und drückte ihn noch näher an sich. Ich kannte diese Stimmung bei Jimin. Er brauchte diese Nähe, diese Wärme. Er brauchte Namjoon jetzt. Er drückte ihn an sich, als hätte er Angst, er könnte einfach so verschwinden. Namjoon schaute mit so viel Liebe in seinen Augen zu Jimin herunter, der seinen Kopf gegen Namjoons Brust presste. Mit einer Hand hielt er Jimin an sich gedrückt, während die andere Hand jetzt langsam nach oben wanderte, um mit Jimins blonden Locken zu spielen. Es war so ein friedliches Bild, dass ich mich kaum traute zu atmen, in der Angst ich könnte diese Stille zwischen den Beiden zerstören. Ich war so eingenommen von der Szene vor mir, dass ich erst gar nicht bemerkte, dass Jin näher gerutscht war und seinen Kopf auf meine Schulter gelegt hatte. Er umarmte mich von hinten und seine Arme waren um meinen Oberkörper geschlungen, wenn auch nicht so fest, wie Jimins um Namjoons. Ich merkte auch nicht, wie mein Körper praktisch automatisch von selbst reagierte und sich mehr gegen Jin lehnte. Erst als Jin leise flüsterte, „Wie geht es dir?", wurde mir unsere Position bewusst. Auf einmal wurden mir seine starken Arme um mich rum bewusst, sein warmer Körper direkt an meinem. Ich spürte, wie sich meine Muskeln anspannten und die Panik anfing in mir hoch zu brodeln. Mein erster Reflex war es sich aus der Umarmung zu lösen, Abstand zwischen uns zu bringen, dabei war das doch genau das Gegenteil von dem was ich wollte. Ich wollte, dass Jin mich noch näher an sich zog. Ich wollte, dass er mich in seinen Schoß zog, so wie Namjoon vorher bei Jimin. Ich wollte, dass seine Hände nach meinen griffen oder auch mit meinen Haaren spielten. Ich wollte, dass er mich auch so ansah, wie Jimin Namjoon ansah. Verdammt! Ich wollte ihn! Alles von ihm!

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