Kapitel 22

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it's 2 A.M in my room, the headlights pass the window pane, I think of you



Sie wälzte sich in ihrem Bett hin und er her, aber sie fand einfach keinen Schlaf. Sie hatte sich in den vergangenen Monaten an unbequeme, enge Betten im Tourbus oder im Flieger gewöhnt. Ein großes weiches Bett war da immer noch ungewohnt, auch wenn sie schon mehr als vier Wochen wieder in einem solchen schlief. Neben sich hörte sie Adams regelmäßige Atmung. Nach einer weiteren Stunde, in der sie hellwach lag, beschloss sie die Vorhänge zur Seite zu ziehen und ein wenig frische Luft ins Zimmer zu lassen. Die Geräusche New Yorks machten sie schläfrig, denn es war so vertraut. Sie war fast eingenickt, da bog ein Auto in die Straße vor ihrem Tribeca Apartment ein, das Scheinwerferlicht strich über ihre Gardinen und warf Schatten an die Wand, dann kam der Wagen zum Stehen, der Motor wurde ausgestellt und die Lichter erloschen. Niemand stieg aus. Plötzlich verschwand jede Müdigkeit aus Taylors Gliedern, sie war hellwach. Er war es, er musste es sein. Nach 12 verirrten sich hier selten andere Leute als Anwohner und wäre er ein Anwohner, wäre er längst ausgestiegen. Sie blickte auf ihren Funkwecker, der die Uhrzeit in roten Leuchtziffern anzeigte. Es war 2 Uhr. Sie hatte Gewissheit. Harry stand mit seinem Wagen vor ihrer Haustür. Sie spähte durch die Gardinen auf die Straße hinunter. Jeder Zweifel wurde zerstreut, als sie den roten E-type Jaguar erblickte. Nach fast einem Jahr stand er erneut vor ihrem Haus. Er kam immer mit dem gleichen Auto. Taylor vermutete, dass das den einfachen Grund hatte, dass er sich sicher war, Taylor erkenne das Auto auf Anhieb. Sie sollte nicht glauben, dass sie von einem Stalker beobachtet wurde, nicht das Harrys Tätigkeiten entfernt etwas mit Stalking zu tun haben könnten. Außerdem war es sein absolutes Lieblingsauto, wenn er in New York war. Er hatte keinen weiten Weg, seine eigene Wohnung lag nur wenige Blocks entfernt, ein Fußmarsch wäre möglich gewesen. Aber wer spazierte schon gerne nachts alleine durch New York? (Zu zweit war es etwas anderes, das hatte Taylor mit Harry am eigenen Leib erfahren.) Immer das gleiche Auto, immer die gleiche Uhrzeit und immer das gleiche Vorhaben. Es beruhigte sie und beunruhigte sie zugleich, dass er immer noch regelmäßig nach ihr sah, wobei die Regelmäßigkeit sehr variierte. Es gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, sobald Harry in der Nähe war. Trotzdem war es ihr bewusst, dass es nicht viel mit über einander weg sein zu tun hatte, wenn man Nachts regelmäßig vor dem Haus seines Expartners stand. Aber dass er nach 11 Monaten das erste Mal wieder auftauchte, brachte sie vollkommen aus der Fassung. Nachdem sie ihm von sich und Adam am Telefon erzählt hatte, hatte er sie genau noch einmal Nachts besucht. Vielleicht um endgültig Abschied zu nehmen? Aber so endgültig konnte der Abschied ja nicht gewesen sein, wenn er jetzt wieder hier war.


Und sie stand hier am Fenster. Wie all die Nächte zuvor, und war hin und her gerissen. Sie wusste selbst nicht, was sie sich wünschte. Dass er wieder ging, oder dass er vor ihrer Haustür auftauchte. Früher war das jedenfalls so gewesen. Heute stand sie im Schutz ihrer Gardine, und wünschte sich er kehre um, aber da war doch dieser wahnwitzige Gedanke, was passieren könnte. Wenn sie sich über ihre Fensterbrüstung lehnte und sich bemerkbar machte. Ein winziger Teil in ihr sehnte sich verzweifelt nach einem Gespräch mit ihm, und malte sich aus, wie er ihr all ihre offenen Fragen beantwortete und ihr erzählte, wie es ihm ging.

Sie sah vor sich, wie er aus seinem Auto ausstieg, wenn sie sich bemerkbar machte, und ihr ein breites und einnehmendes Lächeln zuwarf. Das Lächeln, dass schon so viele Mädchenherzen eingenommen hatte. Auch ihres. Die Frage nach seinem Ergehen hatte sie vor Adam so oft wachgehalten, ja fast nächtlich, die einzige Ausnahmen bildeten, wenn sie ehrlich war, die Nächte die sie mit Harry zusammen in den Hotelzimmern dieser Welt verbracht hatte.

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