Seit langem hatte Alena schon auf die Probenfahrt hingefiebert, und nun waren sie endlich da! Zu mehr als Aufregung und Freude reichte es bei Alena nicht, während sie versuchte, in der Schlange vor Haus 12, die eher einem Wollknäuel glich, möglichst weit nach vorne zu rutschen. Leider durften sie noch nicht in ihre Zimmer, sondern mussten erst ins Gemeinschaftshaus und dann proben. Proben! Sie alle waren zuallerletzt wegen den Proben hergekommen. Doch es musste sein, auch wenn Alena der Sinn überhaupt nicht nach Chor stand, in dem sie zusammen mit Deli und Jan war. Die Schlange schien nicht kürzer zu werden und die Koffer, die Alena mitgebracht hatte, wurden immer schwerer. Schließlich schaffte sie es nach einer gefühlten Ewigkeit doch, bis an den Eingang von Haus 12 zu kommen. Alena stöhnte, als sie bemerkte, dass das Gedränge vor dem Haus nicht mal ansätzlich so schlimm war wie die Menschenmenge im Haus. Alena wollte ihre Koffer erst möglichst weit vorne abstellen, doch eine Musiklehrerin, die Alena noch nicht kannte, schickte sie in den engen Kofferraum. Und auch da sollte Alena den Koffer an den Rand stellen. Nach fünf Platzierungsversuchen konnte Alena endlich aufatmen – nachdem sie sich mühsam aus dem Raum herausgekämpft hatte. Sie warf Jan, die noch in der Schlange stand, einen mitleidigen Blick zu. Diese kicherte sich jedoch ins Fäustchen, als eine Lehrerin der verdutzten Alena ein Becken mit dem Hinweis „Das kommt nach oben in Haus 1. Einfach Sebastian folgen!" in die Hand. Dazu zeigte sie auf einen – offensichtlich – Oberstufenschüler, der beinahe den kompletten Rest des Schlagzeugs trug. Jetzt würde sie am ersten Tag schon als gebrechliches Mädel abgestempelt werden. Alena folgte dem Jungen, der wohl Sebastian hieß, den sie aber vorher noch nicht gesehen hatte. So lernte sie wenigstens die Struktur des Gebäudekomplexes kennen – ihr Haus lag an der Straße, Haus 1 weiter im Gelände. Sie kam auch schon an Toiletten und dem Speisesaal vorbei – immer nützlich zu wissen, wo es im Notfall Toiletten für alle gab. Außerdem kam sie an einem Snack- und einem Getränkeautomaten vorbei. Gott sei Dank hatte ihre Mutter, überbesorgt wie sie war, Alena mehr als genug Geld sowie Süßigkeiten mitgegeben. Alena entschied sich, über den Hinterausgang von Haus 1 zum Gemeinschaftshaus zu gehen. Dieses hatte sie nämlich schon gesehen. Auch wenn Sebastian ihr einen komischen Blick zuwarf, hatte sie keine Lust, am ersten Tag der Probenfahrt noch mehr schleppen zu müssen. Doch es wären eh schon viele Schüler im Gemeinschaftsraum. Alena setzte sich neben Deli, die sich erfolgreich vor dem Instrumenteschleppen verdrückt hatte und jetzt entsetzt feststellte, dass der Empfang „Hier ja schlechter als bei meiner Oma aufm Bauernhof!" ist. Da kamen auch Cran, Cao und Jan. Die Lehrer erzählten allerlei Kram. Nachtruhe war um 22 Uhr, am letzten Donnerstag und an Samstagen 23 Uhr. Man durfte nicht aus dem Fenster springen – Deli zog gespielt ein langes Gesicht. Essenszeiten wurden angesagt, Probenpläne hängen vor dem Speisesaal. Plastikflaschen wurden gestellt. Nach einem endlosen Monolog war es soweit: Die erste Probe fing an.
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Probenfahrt
Teen Fiction5 Mädchen, Jan, Deli, Caro, Alena und Cran, fahren für einen Monat auf die sogenannte Probenfahrt. Während dieser Zeit lernen sie sich besser kennen, und eines ist sicher: Jede sieht die anderen nachher in einem anderen Licht...