Die Bigband brauchte ewig, um ihre Instrumente aufzubauen. Cran war schon nach 5 Minuten mit dem Aufbau ihrer Trompete fertig, doch diverse andere Instrumentalisten hatten ihre Blättchen im Rucksack vergessen, ein Plättchen im Saxophon versenkt etc. Doch irgendwann fingen sie an, „Fluch der Karibik" zu proben. Auch wenn ihr Lehrer, Herr Schmitt, nichts explizit bemängelte, störten Cran der Zusammenklang der Flöten sowie die Posaunen, die bisher jedes Mal ihren Einsatz verpennt hatten. Nach ihrer Meinung brauchte die Big Band einen neuen Dirigenten bzw. Leiter und – vor allem – ein Auswahlverfahren. Es zerrte an Crans Nerven, den anderen Trompetern immer den Einsatz geben zu müssen, was sie a) selbst können sollten und b) machte das eigentlich der Dirigent, in ihrem Fall Herr Schmitt, der es jedoch bevorzugte, „Die Schüler selbst zu fordern". So hatte Cran das Gefühl, nur ihre Stunden hier abzusitzen, um mit auf die Probenfahrt zu können. Denn das Trompete spielen machte ihr Spaß, sie übte jeden Tag eine halbe bis eine Stunde. Heimlich hatte sie gehofft, durch den Rahmen „Probenfahrt" mehr Disziplin beim Proben erfahren zu können, aber weit gefehlt. Nach drei Durchgängen Fluch der Karibik machten sie „kurz" Pause – mittlerweile waren alle schon eine halbe Stunde an ihren Handys. Cran saß als einzige auf ihrem Platz und war unschlüssig, ob sie alleine irgendwas durchspielen sollte. Genug Material hatte sie – Herr Schmitt hatte ihr am Anfang der Pause Noten für ein Trompetensolo zugesteckt, dass sie in „Waterfalls" spielen sollte. Doch Cran bezweifelte, ob die Big Band das Stück bis zum Schulkonzert können würde, auch wenn sie es echt schön fand. Sie hatte die Hausaufgabe, sich das Stück anzuhören, wahrscheinlich als einzige erledigt. Wenigstens hatte Herr Schmitt erkennen können, dass sie Engagement zeigte, und ihr deshalb das Trompetensolo zugesteckt. Doch irgendwie war es Cran auch peinlich, in einem Meer voller Smombies Trompete zu spielen. Seufzend steckte Cran ihre Trompete auf den Ständer – sie war natürlich die einzige, die einen hatte – und ging zu Herrn Schmitt. Wenn sich Cran bei irgendwas sicher war, dann bei Herrn Schmitts Unfähigkeit. Cran hatte die Schnauze voll, nur einmal pro Jahr aufzutreten und sich dann noch zu blamieren. Herr Schmitt schaute auf, als sie näher kam. „Hast du dir das Trompetensolo schon angeschaut?", fragte er. „Ja, kurz", antwortete sie, „aber ich wollte sie eigentlich was anderes fragen." Sie holte tief Luft. „Denken sie, die Big Band schafft es diesen Monat, „Waterfalls" einzuüben?" Herrn Schmitt schien diese Frage unangenehm zu sein. „Nun, ich bin mir nicht sicher. Das Niveau der Big Band ist relativ niedrig, und auch wenn Waterfalls ein relativ leichtes Big-Band Stück ist, ..." Er ließ den Satz in der Luft hängen. „Meinst du ..." Er holte ebenfalls tief Luft. „Könntest du dir vorstellen, die Big-Band vorläufig anzuleiten?" Herr Schmitt schien erleichtert, seine Bitte ausgesprochen zu haben. „Ich meine" sagte er hastig, „nur probeweise, wir könnten ja schauen wie es läuft ..." „Ich würde es machen", unterbrach ihn Cran. Plötzlich wurde sie wieder verlegen. „Ich meine, so auf Probe, mal schauen wie's läuft..." Herrn Schmitt schienen ganze Gebirge vom Herzen gerollt zu sein. Anscheinend hatte auch er die Hoffnung für die Big Band schon fast aufgegeben.
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Probenfahrt
Teen Fiction5 Mädchen, Jan, Deli, Caro, Alena und Cran, fahren für einen Monat auf die sogenannte Probenfahrt. Während dieser Zeit lernen sie sich besser kennen, und eines ist sicher: Jede sieht die anderen nachher in einem anderen Licht...