Ich habe mir bei der Buchung extra einen Fensterplatz reservieren lassen. Wenn ich schon Zug fahren muss, will ich wenigstens auch etwas von der Landschaft sehen. Bis jetzt habe ich ausser Bahnhöfe, Felder, Mauern und Bäume nicht viel gesehen. Mein bisheriges Highlight: drei Alpakas auf einer Weide.
Tabea kam bereits in den Genuss einer Alpaka Trekking Tour. Für mich war schon das Kamelreiten in Ägypten der Horror. Diese Viecher hatten Mundgeruch und das Kamel hinter mir, hat mir ständig in den Nacken und in mein Ohr geatmet. Hinzu kam, dass mein Kamel mich wohl mochte, denn es machte keine Anstalten sich zu bücken, damit ich absteigen konnte. Da Alpakas auch zu der Familie der Kamele gehören, würde ich da jederzeit drauf verzichten.
Ich suche in meiner Tasche nach meinem iPod. Während mir Adele ein trauriges Liebeslied ins Ohr singt >...our love ain't water under the bridge...< schaue ich den vorbeiziehenden Wolken zu. Wolken haben mich schon immer fasziniert. Cumulus- und Cirruswolken mag ich am liebsten. Als Kind habe ich mich oft draussen in die Wiese gelegt und versucht Bilder in den Wolken zu entdecken. An Tagen, an denen es mir nicht so gut geht tue ich das heute noch - mit dem Unterschied, dass es keine Wiese mehr ist, sondern eine Yogamatte auf meinem kleinen Balkon im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses.
Vor drei Jahren bin ich der Liebe wegen nach München gezogen. Chris und ich führten zwei Jahre eine Fernbeziehung und wir fanden es sei an der Zeit den nächsten Schritt zu machen. Da Chris beruflich an München gebunden war, bin ich zu ihm gezogen. Ich hatte gerade vor einem Monat mein eigenes Geschäft eröffnet, da beichtete mir Chris, dass er sich in eine andere Frau verliebt habe. Ich packte also meine Sachen, suchte mir eine kleine Wohnung und konzentrierte mich ganz auf mein Geschäft. Das Reisen wurde mein Ausgleich. Alleine reisen war zu Beginn immer wieder eine Überwindung aber auf Reisen trifft man zum Glück immer ein paar nette Leute und ist somit so gut wie nie alleine. Ich habe gelernt, dass ich auch ohne Mann glücklich sein und mein Leben geniessen kann. Ich bin stark und kenne meinen Wert. Ich hätte natürlich gerne einen Mann an meiner Seite. Einen der weiss, was er an mir hat und mir das auch zeigt. Ein Mann der mit beiden Beinen im Leben steht und der mit mir gemeinsam das Abenteuer Leben bestreiten will. Irgendwo ist genau dieser Mann und er wird mir irgendwann über den Weg laufen. Da bin ich mir ganz sicher.
Jemand klopft mir auf die Schulter und ich schrecke hoch. Ich blicke in das Gesicht eines jungen Mannes der leicht gestresst aussieht. Ich nehme meine Kopfhörer aus den Ohren und blicke ihn fragend an. „Ist hier noch frei?", er zeigt auf den Platz neben mir. „Ja, setzen sie sich." „Na gottseidank. Dieser Zug ist total überfüllt. Das scheint wohl noch der einzige freie Platz zu sein." Er lässt sich neben mich auf den Sitz plumpsen und grinst mich an. „Oder vergraulen sie alle ihre Sitznachbarn?" „Kommt drauf an wie sich meine Sitznachbarn benehmen", gebe ich leicht genervt zurück. Ich habe keine Lust auf Small-Talk. Der Typ streckt mir seine Hand hin. „Ich bin ... Mike." Ich nehme seine Hand. „Sophie." Musste er gerade tatsächlich überlegen wie sein Name ist? Irgendwie ist mir der Typ suspekt. „Wo soll es denn hin gehen?", möchte er wissen. Wäre es unhöflich jetzt einfach die Kopfhörer wieder in die Ohren zu stecken? „Berlin und du?" „So ein Zufall, ich auch. Wohnst du dort?"
Ach herrje, das kann ja heiter werden. Ich muss noch 4 Stunden mit diesem Typen verbringen und er nervt mich jetzt schon mit seiner Fragerei. Herzlichen Glückwunsch. Jackpot.
„Nein, ich treffe mich dort mit meinen Freundinnen." Ich hoffe, dass das Gespräch rasch beendet ist, wenn ich keine Rückfragen stelle. „Dann lasst ihr es wohl ohne eure Männer krachen." „Diejenigen die einen Zuhause haben ja, die anderen suchen sich vielleicht einen Neuen."
Neue Taktik: plumpe Antworten geben.
„Und deiner?" „Meiner muss erst noch erfunden werden." Mike fängt an zu lachen. „Berliner sind gar nicht mal so üble Kerle, du wirst schon sehen." „Wenn du es sagst. Bist du aus Berlin?"
Verdammt, ich wollte doch keine Rückfragen stellen.
„Ich habe eine Wohnung in Berlin, bin aber viel auf Reisen." Beim Wort „Reisen" werde ich hellhörig. „Achja? Was machst du denn beruflich?" Mike fährt sich mit seinen Händen durch seine braunen Haare. „Dies und das - was sich eben so ergibt." „Klingt anstrengend." „Warum?" Erst jetzt bemerke ich seine leuchtend blauen Augen. „Naja, wenn man immer etwas anderes macht, muss man sich ja jedes Mal wieder neu eingewöhnen. Also ich bin froh, habe ich nur einen Beruf und kann diesen jeden Tag mit vollem Herzen ausüben." Er zuckt mit den Schultern. „Ich bin eben ein Mann mit vielen Talenten. Die müssen alle irgendwie raus." Ich muss lächeln. Diese Talente würden mich jetzt tatsächlich interessieren aber das zu fragen scheint mir dann doch etwas zu persönlich zu sein.
„Was hast du denn für einen Beruf?", fragt Mike während er in seinem Rucksack nach etwas sucht. „Ich habe ein Kosmetikstudio in München." Ich beobachte ihn dabei, wie er eine Lunchbox aus dem Rucksack holt und öffnet. „Belegte Brote machen ist wohl keins deiner vielen Talente", bemerke ich belustigt. Die Brote sehen leicht lädiert aus. „Also heute morgen sahen sie noch ganz hübsch aus aber ich musste auf den Zug rennen. Das hat ihnen wohl nicht so gefallen." Ich fange an zu lachen. „Nein, definitiv nicht." „Willst du eins?" Ich schüttle den Kopf. „Nein danke, ich hab selbst etwas dabei." Er beisst genüsslich in sein Brot. „Mmmmmmh lecker", nuschelt er mit vollem Mund. Ich stecke mir meine Kopfhörer wieder in die Ohren und blicke nach draussen. Sein Gesicht spiegelt sich in der Fensterscheibe und ich muss zugeben, optisch finde ich ihn ziemlich ansprechend.
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✔️ Berlin Lovestory (Michael Patrick Kelly FF)
FanfictionSieben Frauen - ein Paddy - Berlin. --- Eine FanFiction. Alle Inhalte und Personen sind frei erfunden. Nur der Name "Michael Patrick Kelly" wird verwendet. Cover: made with canva Banner 1: Bildrecht liegt bei ferienwohnung-dressler.de/berlin Banner...