Kapitel 4

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Die Wohnung war leer und roch immernoch nach Mate und dem üblichen Geruch der Ultra-WG. Der Flur stand voll mit Flaschen, wie jeder Winkel dieser Wohnung. Überall, auf jedem Schrank und auf jedem Regal standen Mate-Flaschen oder zwischendruch auf mal Bierflaschen, was aber eher seltener war.

Auf dem Weg in mein Zimmer blieb mein Blick am Spiegel hängen. Dieser hing über dem kleinen Schuh schrank, der aber auch nur als Flaschenablage benutzt wurde. Ich sah mich nur kurz im Spiegel an, doch es sah nicht wirklich anders aus, wie heute morgen. Ich hatte immer noch Augenringe und meine Haut war wie immer blass. Ich verstand schon, wieso mich manche Leute Vampir nannten.

Meine Zimmertür lag quer gegenüber des Spiegels und ich wollte es auch eigentlich gerade betreten, doch da merkte ich, das Fanny nicht mehr hinter mir war. "Hey, Fanny, kommst d-?" Ich drehte mich um und sah, wie sie sich erschrocken im Spiegel musterte. Ich musterte sie fragend und sah ihr durch den Spiegel ins Gesicht. "Was ist los?", fragte ich besorgt, als ich sah, wie sich ihre Augen weiteten, doch dann zu Schlitzen zusammen zogen. Fanny bemerkte mich wohl nicht, weshalb ich mich hinter sie stellte und ihr in ihre wundervollen weiß-blauen Augen zu gucken. "Hey, ist alles okay?" Ich legte ihr einer meiner großen Hände auf die kleine Schulter, was sie zusammen zucken ließ. "Ä-ähm...Es...ist alles okay. Hab mich nur lange nicht mehr im Spiegel gesehen." Ihre Stimme war kaum mehr, als ein Flüstern, doch ich verstand sie super. Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre rosa Lippen, aber ihre Augen sahen immer noch traurig aus. Als würde ihr irgendwas ziemlich Leid tuen oder als wenn sie enttäuscht von irgendwem wer.

Wir standen noch eine gefühlter Ewigkeit so im Flur. Irgendwann nahm ich meine Hand von ihrer Schulter und nahm sie an die Hand. "Komm, wir gehen erstmal in mein Zimmer. Ich möchte mir gerne deine Wunden angucken." Fanny nickte verständninvoll und ließ sich weiter von mir durch den Flur in mein Zimmer ziehen. Als ich die Tür öffnete stieß mir auch hier der süße Geruch von Mate in die Nase, doch der Anblick des Wohnraumes, war nur halb so schön. Überall lagen dreckige Klamotten, Notenblätter, Mate-Flaschen und hin und wieder mal eine Gitarre oder ein Keyboard auf dem Boden. Ich hätte gestern doch aufräumen Sollen. Aber nach der Roomsession, war ich einfach zu müde gewesen.

Auf dem Weg zu meinem Bett kickte ich Socken und alte T-Shirts aus dem Weg. Am Bett angekommen, ließ ich mich darauf fallen und wäre wahrscheinlich direkt eingeschlafen, wenn sich nicht in diesem Moment Fanny neben mich gesetzt hatte und mich fragend anguckte. Aus dieser liegenden Position waren ihre schon fast ganz weißen Augen, noch größer als vorher.

"Dann lass mich mal deine Wunden sehen..."

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