Flashback
„Ich muss jetzt nach Hause, es wird nur schlimmer, wenn ich noch länger bei dir bleibe", sagte ich traurig. Wir gingen zur Wohnungstür. Justin sah mich besorgt an, senkte seinen Kopf runter zu mir und drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn. „Du kannst jederzeit zu mir kommen, Kleine". Er öffnete die Tür für mich und ich ging raus. Ich drehte mich noch einmal um und lächelte unsicher, winkte ihm zu, bevor ich widerstrebend einen Fuß vor den anderen setzte. Ich wollte nicht zu meinen Pflegeeltern, das würde nicht gut für mich ausgehen, aber ich konnte nicht ewig davor weglaufen. Ich würde nur noch mehr Probleme bekommen.
Ich hörte sie bereits hinter der Tür, wie sie sich gegenseitig anbrüllten. Die Tür wurde geöffnet, die Frau, meine Mum, schlüpfte raus, bedachte mich mit einem abfälligen Blick und verschwand dann auf dem Gang. Vermutlich ging sie arbeiten. War mir eigentlich egal, wohin sie unterwegs war. Ich ging in die Wohnung, sie war ein einziges Chaos. Dad hatte mal wieder diverse Dinge in seinem Tobsuchtanfall durch die Gegend geworfen. Als er mich sah, verzog sich sein Gesicht zu einer wütenden hässlichen Fratze. Ich wollte umkehren, schnell wieder weg, aber daraus wurde nichts. Er war schneller, er stand schon vor mir. Ich bekam direkt seine flache Hand mit voller Wucht auf meiner Wange zu spüren. Es brannte. „Wo kommst du jetzt her, du billiges Flittchen? Haste wenigstens was verdient? Oder warst du so schlecht, dass du nicht mal Geld dafür bekommen hast, he?", spuckte er mir entgegen. Ich bekam was von seinem Speichel ab.
Ich traute mich nicht, was zu sagen. Es war sowieso egal, er hörte mir eh nicht zu. Er packte mich am Arm und verdrehte ihn mir schmerzhaft auf den Rücken. Ich schrie auf, es tat weh, ich krümmte mich leicht zur Seite. „Du Schlampe. Du weißt doch, dass du nicht zu fremden Kerlen gehen sollst. Wenn du durchgevögelt werden willst, dann brauchst du das nur zu sagen. Und jetzt auf die Knie". Er drückte mich nach unten, krallte seine Finger in meine Haare, zog an ihnen, sodass mein Kopf im Nacken lag und ich ihn ansehen musste. Mit der anderen Hand zog er seine Hose runter. Für solche Zwecke brauchte man eine Jogginghose, das ging dann einfacher. Für den Gedanken lachte ich mich innerlich aus. Wirklich hilfreich in so einer Situation, klasse, aber ich konnte es sowieso nicht verhindern.
Er klatschte mir seinen schlaffen Penis ins Gesicht. Das schien ihn anzumachen, denn er wurde steif. Er lachte dreckig. „Lutschen, du Hure und mach es richtig, sonst bekommst du deine Belohnung nicht". Dass ich nicht lache, die sogenannte Belohnung konnte er sich sonst wo hinstecken. Aber, wenn nicht die Belohnung, dann gäbe es eine Bestrafung und die wäre wesentlich schlimmer. Scheiße. In meinen Augen sammelten sich Tränen. Er stellte sich dichter vor mich und drückte seinen stinkenden Schwanz an meine Lippen, die ich widerwillig öffnete. Sofort drängte er ihn in meinen Mund, so hart und weit, dass ich würgen musste. „Oh ja, du Drecksschlampe, richtig tief rein, so wie du es magst".
Kurz darauf kam er in meinem Mund, es war einfach nur ekelig, ich dachte ich müsste kotzen. „Schlucken", befahl er. Ich tat es. „Und jetzt deine Belohnung". Er zerrte mich an den Haaren hoch und schubste mich zum Sofa. Ich stand jetzt mit dem Rücken zu ihm. Er drückte meinen Oberkörper nach vorne, während er an meiner Hose zerrte und es schließlich schaffte meinen Unterleib zu entblößen. Ohne Vorwarnung stieß er einfach in mich rein. Ich schrie auf vor Schmerz und die Tränen hörten nicht mehr auf zu fließen. Ich schluchzte, er lachte, keuchte und stöhnte, bis er endlich fertig war. „Und jetzt mach Essen, ich hab Hunger!"
Schweißgebadet schreckte ich hoch. Wieder war mein Gesicht tränenüberströmt. Es war schon der fünfte Tag in Folge, dass ich weinend aufwachte. All die Tränen, die ich die letzten Jahre zurückgehalten hatte, kamen jetzt mit geballter Kraft aus mir raus, sie wollten nicht länger in meinem Körper wohnen. In meinem beschmutzten und geschändeten Körper würde ich auch nicht bleiben wollen, wenn ich die Wahl hätte. Aber aus seiner Haut kann man nun mal nicht raus, das hatte ich auf schmerzhafte Weise lernen müssen. Wie oft wäre ich gerne Jemand anders gewesen, Jemand, mit einem schönen Leben, einer tollen Bilderbuchfamilie. Aber das war mir nicht vergönnt gewesen.
Ich konnte nicht mehr richtig schlafen, denn sobald ich die Augen schloss, sah ich wieder alles vor mir, als würde es nochmal passieren. Ich tigerte in Jeremys Wohnung hin und her, legte mich wieder hin, stand wieder auf. Ich war unruhig und mir war kalt und ich zitterte vor Kälte, da kann man sich noch so dick anziehen. Es wird nicht wärmer, wenn die Kälte tief in dir drinnen ist. Ich wickelte mich in mehrere Decken ein, es half nicht. Dann duschte ich heiß, so kochend heiß, dass meine Haut knallrot wurde und schon anfing Blasen zu werfen, aber ich spürte es nicht. Ich versuchte den Schmutz von meiner Haut zu waschen, aber auch das funktionierte nicht, der Dreck saß einfach in meiner Seele. Ich gab schließlich auf. Setzte mich ans Fenster und starrte raus auf die Straße, sah aber eigentlich gar nichts.
Ich hatte den ganzen Tag über so gut wie nichts gegessen. Ich konnte nicht, hatte keinen Appetit. Sobald ich auch nur ans Essen dachte, wurde mich schon schlecht. Außerdem war ich nervös. Bei Nervosität kann ich sowieso kaum essen. Mein Termin mit Justin rückte näher, die Stunden des Tages vergingen, unaufhaltsam. Ich freute mich ihn zu sehen, aber andererseits hatte ich Angst. Angst davor, wie er reagieren wird, wenn er weiß, wer ich bin und welche Abgründe in mir schlummern. Mein Leben war der reinste Scherbenhaufen und ich hoffte, dass Justin mir dabei helfen würde die Einzelteile aufzusammeln, um sie stückweise wieder zusammen zu setzen.
Ich betrachtete mich im Spiegel, hatte mich gerade etwas frisch gemacht, stütze mich am Waschbecken ab. Man sehe ich scheiße aus, blass um die Nase, rote Augen vom vielen Weinen, dunkle Augenringe, einzelne grün-lila Flecken auf Stirn, Wangen und Kinn, die mir vom Übergriff noch geblieben waren, aber immerhin gingen die Schwellungen langsam zurück. Ich erkannte mich selbst kaum wieder, kein Wunder also, dass es Justin auch nicht tat. Ich sah immer noch schlimm aus, zusätzlich hatte ich mich aber auch stark verändert in den letzten Jahren. Meine naturbraunen Haare hatte ich heller gefärbt, allgemein hatte ich ein wenig zugenommen und mein Gesicht war etwas voller geworden. Damals war ich mager oder auch zierlich, wenn man es nett ausdrücken wollte. Ich war eigentlich immer noch zu dünn, aber ich hatte sanfte Kurven an den richtigen Stellen.
Ich ging die Straße entlang, bis zum Gemeindezentrum, in dem ich Justin treffen würde. Mir kam es so vor, als würde ich beobachtet werden. Schaute mich immer wieder um, konnte aber nichts Auffälliges sehen, da war Niemand. Verrückt, so kam ich mir jetzt vor, ich wurde langsam paranoid. Ich schüttelte den Kopf und versuchte gleichzeitig damit das beklemmende Gefühl loszuwerden, welches mich einfach den restlichen Weg begleitete. Ich war komplett am Ende, meine Hände waren eiskalt und nass, sie zitterten, als ich die Tür aufdrückte. Justin stand mit dem Rücken zu mir und füllte Kaffee in einen Becher.
„Hey Justin...", brachte ich leise hervor, ich wollte ihn nicht erschrecken. Er drehte sich zu mir um und lächelte mich an. Mit der Tasse in der Hand kam er auf mich zu und bot sie mir an. „Hi Angelina, möchtest du Kaffee?", begrüßte er mich. Mein Herz pochte so heftig, meine Nerven waren kurz vorm Zerreißen. „Danke, aber nein, ich bin eh schon nervös genug", versuchte ich möglichst ruhig rüber zu bringen. „Na schön, dann lass uns mal hier rüber gehen, mach es dir ruhig auf dem Sofa bequem", sagte er freundlich. Wir setzten uns einander gegenüber. Justin betrachtete mich gerade mit gerunzelter Stirn, er sah mich fragend an. „Was ist?", fragte ich unsicher. „Ich... habe gerade überlegt. Du erinnerst mich an Jemanden von früher, aber vielleicht täusche ich mich. Sind wir uns schon mal begegnet?"
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big girls don't cry
Mystery / ThrillerDas Leben ist eins der Härtesten. Für Angelina ganz besonders. Sie hat für ihr Alter bereits zu viel erlebt. Doch was dich nicht tötet, macht dich stärker, sagt man. Eines hat sie sich geschworen, sie würde nie wieder weinen. Denn große Mädchen we...