Acht

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Dieser Moment zwischen uns wurde unterbrochen, als mein Handy auf einmal unglaublich laut zu klingeln anfing. Ich fischte den Störenfried aus meiner Tasche. Es war Jeremy. „Hey, na was gibt's?", fragte ich ihn, während ich auf und ab lief. „Hi Sweety", ich musste kurz grinsen als er mich so nannte, das hatte er sich die letzten Tage irgendwie angewöhnt, „ich wollte nur mal eben fragen, ob du schon auf dem Weg zurück bist. Es wird langsam dunkel draußen. Muss gleich los zur Arbeit und möchte mir keine Sorgen machen müssen". Er konnte wirklich süß und fürsorglich sein. Ich schaute kurz zu Justin rüber, der mich beobachtete. „Ich werde einfach den Officer bitten, mich nach Hause zu begleiten. Muss auch noch in meine Wohnung, was holen", antwortete ich, während ich Justin dabei fragend ansah, der nickte bestätigend. „Gut, dann bis später. Pass auf dich auf, Sweety, hab dich lieb". „Ja, das mache ich. Bis dann, ich dich auch", das kam jetzt vielleicht falsch rüber, denn Justin runzelte irritiert seine Stirn. Ich hatte aufgelegt.

„War das dein Freund?", wollte er wissen. „Nein, ein Freund, bei dem ich zur Zeit wohne, bis ich eine neue Wohnung gefunden habe. Können wir dann los? Es wird schon dunkel...", sagte ich, wobei meine Stimme zum Ende hin fast versagte. Ich versuchte meine Unsicherheit zu überspielen, indem ich lächelte und meine Tasche holte. Bei Dunkelheit wollte ich lieber nicht draußen unterwegs sein, sie machte mich schon in geschlossenen Räumen panisch, daher hatte ich immer Licht an und wenn es nur ein kleines Nachtlicht war. Ich war zu einem nervlichen, unsicheren Wrack geworden. Dass mich irgendwas noch so aus der Bahn werfen konnte, hätte ich nie gedacht.

„Du bist wirklich nervös, oder? Hattest du schon immer Angst im Dunkeln?", fragte Justin sanft und bedachte mich mit einem kurzen Seitenblick, als wir in meine Straße einbogen. Ich hatte immerzu durchs Autofenster nach draußen gesehen und war bei jedem Schatten zusammengezuckt. „Nein eigentlich nicht", sagte ich leise, „seit dem Überfall kommen nur einfach so viele Dinge wieder hoch, ich dachte, ich hätte sie längst hinter mir gelassen". Wir standen jetzt vor meinem Wohnblock und ich hatte ein ganz mulmiges Gefühl, konnte es aber noch nicht ganz greifen. „Okay, dann lass uns mal hochgehen", meinte Justin und drückte kurz meine Hand, eine kleine Geste, die mir etwas Kraft gab. Ich schaute zu ihm und lächelte ihn an. „Danke, dass du da bist".

Wir liefen die Treppen hoch, das beklemmende Gefühl in mir wurde stärker, je näher wir meiner Wohnungstür kamen. Es sah alles ganz normal aus, wie immer, aber irgendwas war trotzdem anders. Vielleicht lag es auch an mir, aber als ich die Tür aufschloss war mir plötzlich eiskalt. Alles in mir sträubte sich, meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich ging ganz langsam vorwärts, machte alle Lampen an und dann sah ich sie. „Oh Gott, Justin, jemand war hier!", schrie ich hysterisch. Ich sackte auf dem Boden zusammen, während ich zum Bett starrte. Sofort war Justin bei mir und zog mich hoch in seine Arme. „Die Rose da... Jemand war hier und hat sie da hingelegt", flüsterte ich und deutete auf mein Kopfkissen. Sie war noch frisch, das heißt derjenige war erst vor kurzem hier.

Justin rief Verstärkung an, aber die Polizei konnte keine Einbruchspuren oder Fingerabdrücke finden. Sie waren schon wieder gegangen, ich hatte mich etwas beruhigt, war aber immer noch am Zittern. „Hast du eine Idee, wer das gewesen sein kann? Ist dir was aufgefallen in der letzten Zeit?", fragte mich Justin schließlich. „Nein, ich weiß es nicht. Ich habe mich vorhin beobachtet gefühlt, als ich zum Gemeindezentrum unterwegs war, aber ich konnte niemanden sehen. Ich dachte, ich werde langsam verrückt und paranoid", erinnerte ich mich. Er sah mich nachdenklich an. „Was ist mit Mason? Könnte er was damit zu tun haben?". Als Justin seinen Namen erwähnte, zuckte ich zusammen. „Nein, er ist es nicht", sagte ich knapp, starrte dabei auf meine Füße. Justin hob mein Kinn an und schaute mir in die Augen. „Bist du dir da sicher?". „Ja. Lass uns bitte erst von hier weggehen, dann erzähle ich es dir", antwortete ich ihm.

big girls don't cryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt