Kapitel 22 - Einbrecher

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Das Meiste von der Fahrt bekam ich gar nicht mit, da ich schlief, Ich hatte schon so lang nicht mehr geschlafen, auch wenn es nur zwei Stunden waren, konnte ich mich doch etwas erholen.

Ich erwachte, als ich spürte, dass das Auto über einen Kiesweg rumpelte und die Sonne meine Haut kitzelte. Links und Rechts um das Auto waren viele Bäume und vor uns hinter ein paar Bäumen versteckt, erkannte man ein großes Haus mit Holzverkleidung. "Wow Liam, warst du mal reich?", fragte Kate und starrte gebannt auf das große Haus. Ich drehte mich um und sah durch das Heckfenster, dass es einen See neben dem Haus gab. Jetzt im August würde es richtig warm werden, da würde eine Abkühlung im See nicht schaden. "Keine Ahnnung, aber ich will erst einmal alleine reingehen. Auf Nummer sicher, falls das für euch alle in Ordnung ist?", fragte Liam und überprüfte seine Pistole. Er lächelte mich an und stieg aus dem SUV.

Viele Minuten verstrichen, bis wir ein Pfeifen hörten und in der Ferne Liam auf der Veranda wie verrückt winkte. Wir stiegen aus und liefen die paar Meter zum Haus. Von Nahem wirkte das Haus noch viel größer.

"Wow, Liam! Führ' uns doch bitte herum?", Kate winselte und klammerte sich an Liam's Arm. Während die Anderen vor mir her liefen, trottete ich ihnen hinterher, aber bemerkte gar nicht, dass Sam neben mir war. "Ich hasse dich nicht.", ertönte es plötzlich von ihm als ich mir einige Bilder auf dem Kamin ansah. Ich erstarrte, doch ich wusste, dass er das nicht ernst meinte, deshalb entschied ich mich nichts zu sagen. Das Haus war wirklich alt und hier war schon lange niemand mehr. Ich drehte einen Bilderrahmen um, um das Datum des Fotos zu sehen. 02.06.2020. Das Foto ist schon 5 Jahre alt. Auf dem Foto war Liam zusammen mit einem Mann abgebildet und beide lächelten. Liam lächelt so selten und wenn er mal lächelt, dann nur, wenn seine harte Schale einen kleinen Riss bekommen hat, das ist aber so selten, dass sein Lachen etwas wirklich Besonderes für mich ist.

Sam stand neben mir und betrachtete ein anderes Foto. Erst erkannte ich gar nicht, warum er das Foto nicht aus der Hand legte, doch als ich darauf aufmerksam wurde, stockte mir der Atem. "Das bist ja du und da sind Jace und Cas. Aber warum?", in meinem Kopf taten sich Fragen auf, doch Antworten konnten sich keine finden. Er öffnete den Deckel des Bilderrahmens und entnahm das Foto. Er strich mit seinem Finger über die Gesichter der Jungs, so als könnte er irgendetwas damit bewirken. Er faltete das Foto und steckte es ein: "Liam hat genug zu tun, er soll nicht abgelenkt werden. Wir müssen erst Kate abschütteln."

Als die Haustour für Kate beendet war, hatte ich mich schon längst zusammen mit Sam auf eines der Sofas vor dem Kamin gesetzt. Draußen wurde es langsam windig und der Himmel wechselte von strahlendem blau zu trübem grau. Plötzlich stand Cas auf und verschwand aus der Tür, wir schauten ihm hinterher, doch niemand machte auch nur Anstalten ihm nachzulaufen. "Was machen wir eigentlich als Nächstes?", fragte ich, um die Stille zu unterbrechen. "Wir werden wohl warten müssen, wegen den Agenten. Sie haben uns ziemlich weit verfolgt, aber hierher ist uns niemand gefolgt, deswegen müssen wir wohl warten.", erklärte Liam und kratzte sich am Kinn. Sein Drei-Tage-Bart erzeugte ein typisches kratzendes Geräusch, das immer von Liam ertönt, wenn er nachdenkt. "Was ist los?", fragte ich. "Ich überleg' nur, ob wir hier wirklich sicher sind und wie wir unbemerkt an Nahrung kommen.", erzählte er, aber ich wusste, dass da noch etwas war, doch ich wollte es für Später aufheben, wenn wir allein sind.

Nach einigen Stunden und viel Instantkaffee begann es draußen zu Regnen und ein Lichtkegel leuchtete durch das Fenster. Liam legte seinen Zeigefinger an die Lippen, um uns zu sagen, dass wir ruhig bleiben sollen. Ich stand auf und nahm meine Messer, gemeinsam schlichen Liam und ich an die Fenster neben den Türen. Schwere Schritte stampften auf dem matschigen Kies. Ich erkannte zwei Personen, die langsam auf das Haus zukamen. Ein Klicken ertönte, eine Waffe wurde entriegelt. Mein Blick schweifte zu Liam und ich bemerkte, dass er auch mich ansah. Wieder diese Sehnsucht. Dieser Blick machte mch verrückt. Nasses Holz knarrte und ich wurde sofort wieder kampfbereit. Die Schritte kamen immer näher an die Tür, plötzlich wurde etwas Schweres auf dem Boden abgestellt. Da vor den Fenstern Vorhänge hingen, sah mich diese Person nicht. Die Person in Schwarz kniete sich hin und machte sich am Schlüsselloch zu schaffen. Das Mondlicht war zu schwach, um jemanden zu erkennen, aber er sah aus, wie ein Agent, der uns gefolgt war. Doch wo ist der Zweite? Panik breitete sich in mir aus, doch es war schon zu spät, das Türschloss klickte und der Person wurde schon mit einer Pistole an den Hinterkopf geschlagen, ehe er eintreten konnte. Jace nahm eine Taschenlampe und leuchtete auf das Gesicht des Fremden. Es war kein Agent, sondern ein Einbrecher. Plötzlich kam Sam ins Wohnzimmer mit einer anderen Person im Schwitzkasten. Auch der zweiten Person wurde eins übergehauen. Kate schaltete das Licht an, damit wir die Personen genauer betrachten konnten. Es waren zwei Männer, mittleren Alters, wahrscheinlich Diebe oder Bewohner des Dorfes in der Nähe.

Wir legten die Männer auf die Sofas und warteten bis sie erwachten. "Was denkt ihr, was sie wollten?", fragte Kate und legte die Stirn in Falten. "Das Haus sieht nicht besondern luxuriös aus, aber es ist wirklich groß, vielleicht gibt es Gerüchte in der Gegend.", überlegte ich. "Das reicht mir!", Sam stand auf und füllte in eine Schüssel kaltes Wasser. Er trat vor einen der Männer und schüttete die Schüssel über seinem Kopf aus. Der Mann schnappte nach Luft und setzte sich auf. "Wer seid ihr? Was wollt ihr?", er blickte sich im Raum um und entdeckte seinen Komplizen. "Was habt ihr mit ihm gemacht? Sein Kopf ist voller Blut!", er kroch zu seinem Freund und streifte über seinen Kopf. "Es geht ihm gut. Emma kümmert sich um ihn.", erklärte Liam gleichgültig. Der Einbrecher nickte und schniefte mit der Nase. Er setzte sich wieder auf das Sofa und faltete seine Hände. Ich ging in die Küche und holte ein nasses Tuch. Damit wischte ich das Blut von dem Kopf des Komplizen.

"Was wollten Sie hier?", fragte Liam und blickte dem Mann direkt in die Augen.

Wenn du aus jemandem die Wahrheit drücken willst, schau ihm direkt in die Augen. Das verunsichert.

Das sagte mir Liam, als wir zusammen trainiert haben, bevor wir nach New York gefahren sind. Ich blickte zu Liam, dann zum Einbrecher. Der Mann schaute sich unsicher in der Runde um, bis sein Blick auf seinem Freund ruhte. "Vor wenigen Jahren lebte ein reicher Mann hier. Er war wirklich unfreundlich, aber wirklich jung. So in ihrem Alter.", er zeigte auf mich und alle blickten mich an. "Er war wirklich ungezogen und hat nie etwas geteilt. Er trug aber immer einen Hut oder ein anderes Accessoire, das sein Gesicht verdeckte, weshalb niemand, bis auf dieses eine Mädchen, das ihn immer besuchte, wusste, wie er aussieht. Manchmal sind sie in der Innenstadt zusammen gelaufen und man hat ihn Lachen gehört, aber das war so selten, dass man das Lachen sofort wieder vergaß, wenn es verstummte. Aber das ist nicht der Punkt. Er ist vor einigen Jahren verschwunden und vor wenigen Tagen hat man das Mädchen irgendwo gesichtet. Er war nirgendwo, aber jemand aus der Gegend meinte, er hätte alle Besitztümer da gelassen. Deshalb dachten Finn und ich, dass wir vielleicht einbrechen könnten, um einen Teil zu stehlen, aber wir wussten ja nicht, dass jemand dieses Haus besetzt hat.", er blickte uns vorwurfsvoll an und blickte zu seinem Freund.

Ich holte eine Schüssel mit kaltem Wasser und schüttete sie über den Freund. Er schnappte nach Luft und riss seine Augen auf. Als er seinen Freund entdeckte, beruhigte er sich und setzte sich langsam auf. "Nun, ich denke Sie können gehen.", Liam stand auf, um den Männern die Hand zu schütteln. "Das ist das Mädchen!", rief Finn und zeigte auf mich. "Welches Mädchen?", fragte Liam und sah mich an. "Diese Francessca! Sie ist die Freundin von dem Schnösel!", schrie er und stand auf. Der andere Mann sah mich an und überlegte, bis es ihn traf. "Warum ist mir das nicht früher aufgefallen! Das ist Francessca!", rief er. "Ich denke, es ist Zeit zu gehen, meine Herren!", sagte Liam ruhig und deutete mit dem Kopf zur Tür. Die Männer standen auf, aber statt zur Tür zu laufen, kamen sie auf mich zu. "Gib' uns sein Geld!", schrien sie. Sam stellte sich vor mich und zielte mit seiner Pistole auf die Männer. Sie wichen zurück, aber wurden nun von Liam und Jace von links und rechts angezielt. "Raus hier! Sofort!", schrie Sam und schoss auf den Boden. Das Holz zersprang in viele Splitter und flog hoch in die Luft, bis es wieder, wie Schnee zu Boden rieselte. Sie blickten mich durchdringend an, doch liefen dann zur Tür.

Als sie verschwunden waren, kehrte auch Cas zurück und ging sofort die Treppe hoch, ohne uns zu begrüßen. Wir sahen ihm hinterher. Ich überlegte, was passiert sein könnte, doch ich war schon zu müde und legte mich auf eines der Sofas und schlief ein, ohne über den Schock, der immernoch in meinen Knochen saß, nachzudenken.

Verboten - Schicksal und VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt