Kapitel 1 - Emma Miller

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"Nein! Bitte nicht! Bitte, ich flehe Sie an!", der Griff um meinen Arm wurde fester. Ich schlug nach ihnen, doch die bewaffneten Männer ganz in schwarz mit kahlen Köpfen zuckten nicht einmal mit der Wimper, als ich ihnen Seitenhiebe verpasste. Sie trugen mich die Treppe runter und ich versuchte mich ans Geländer zu klammern und mich aus den Armen der Männer zu ziehen. Der Mann zu meiner Rechten hielt mir einen Elektroshocker vor die Nase und drohte mir bei der nächsten Bewegung weh zu tun. Als die Tür aufschlug, peitschte mir der eisige Dezemberwind zusammen mit Schneeflocken ins Gesicht. Wie lange ich schon nicht mehr den Himmel gesehen habe und mich nicht hinter Fenstern und Vorhängen verstecken musste.

Ein unglaubliches Gefühl überkam mich, eine Mischung aus Freude und Trauer. Ehe ich über mein Gefühlschaos oder über die Tatsache, dass die Agenten offensichtlich vergessen hatten mir die Augen zu verbinden, nachdenken konnte, blickte ich schon in die alten und müden Augen von Ms. Abrow. Ihr Blick löcherte mich und wenige Sekunden später fand ich mich in einem Van wieder. Durch die beschlagenen Fenster, sah ich eine große Menschentraube, die sich um den Van versammelt hatte. Diese Menschen waren meine Nachbarn, sie kamen aus ihren Häusern gerannt und im Schnee sieht man Schritte aus jeder Richtung. Sie blickten in den Van und lachten und zeigten auf mich, als wäre ich ein Clown. Ich schloss meine Augen und versuchte nicht nachzudenken, sonst würde mir kälter werden."Bleib stark! Knick' nicht ein, wir sind das Letzte, was wir haben!", sprach ich mir damals zu, doch auch die Hoffnung auf meine mentale Stärke erlosch, sobald ich durch das Heckfenster auf mein Zuhause blickte, während wir langsam wegfuhren. Erste Tränen rollten über meine kalten Wangen und ich wurde wütend, wütend auf meine Eltern, dass sie mich in die Welt setzten, obwohl sie wussten, dass es verboten ist, Kinder zu bekommen und wütend auf das System, dass unschuldige Paare, wegen eines neuen Medikamentes, keine Kinder haben durften. Ich zitterte und schlang meine Arme um mich, Trauer und Kälte, war das Letzte, das ich spüre, bis mich das Elend in seine Arme schlang und verschluckte."

Mein Name ist Emma Miller und ich führte ein relativ glückliches Leben, bis zu dem schlimmsten Tag meines Lebens. Damals war ich 15 und ich saß in meinem Zimmer. Ich musste mich verstecken, bis meine Eltern wiederkommen würden. Plötzlich hörte ich, wie mehrere Männer in mein Zimmer stürmten und mich mitnahmen. Sie waren von der Regierung, doch ich wusste nicht wo ich hingebracht werden würde.

Es ist das Jahr 2025.
Es herrscht Überbevölkerung.
10 Milliarden.

Kinder? Verboten!

Unsterblichkeit? DIE Lösung.

Nun bin ich im ALFVJ - das Arbeitslager für verbotene Jugendliche.

Hier lerne ich, wie man den Unsterblichen dient und jeden Wunsch von den Lippen abliest. Man lernt in der ALFVJ die drei Teilbereiche der Dienerschaft: Haushalt, Verständigung, Respekt vor dem Hausherren.
Mein Traum ist es, einmal die beste Dienerin zu sein, denn ich möchte die Sünde meiner Eltern wiedergutmachen. Sie setzten mich in die Welt, obwohl es verboten war und nun muss ich dafür büßen.

Heute bin ich 18 Jahre alt, alt genug, um Dienerin für den 110- jährigen Dr. J. Jens, den Erfinder der Super-Pillen zu sein.
Die Pillen ermöglichen eine unendliche Zellenerneuerung im Körper, weshalb man unendlich lang leben kann. Eine Nebenwirkung haben sie, man kann mit ihnen Erinnerungen löschen und fälschen. Ob meine Erinnerungen echt sind?



Verboten - Schicksal und VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt