Kapitel 20 ❀ la fin

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« DAS ENDE »

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( ♔ )


LOUIS - ANTOINE

„Wo ist er?", kam mir diese Frage sicherlich schon zum einhundertsten Mal über die Lippen. Während ich zwischen meinen Ministern und den zuständigen Gefängniswärtern hin und herblickte, trommelte ich mit meinen Fingerkuppen ungeduldig auf meinen Schreibtisch.

„Er scheint auf irgendeiner Art und Weise entkommen zu sein, Euer Majestät", erläuterte mir der Verwalter der Bastille erneut. Er war sichtlich angespannt und tupfte sich im Minutentakt den Schweiß von der Stirn.

„Und wie konnte es geschehen, dass ein anderer, dem Insassen äußerlich ähnlicher, Mann an dessen Stelle dort lag?", wollte ich weiterhin wissen. Mein Mundwinkel zuckte unbarmherzig, ehe ich meine Augen schloss. „Ich verlange Antworten, Monsieurs."

„Es muss sich um eine Verwechslung handeln", sprang ein anderer Herr ein, sodass ich mich um eine möglichst enttäuschte Miene bemühte.

„Bitte schaffen Sie mir diese Taugenichtse aus den Augen", sprach ich leise zu einem meiner Wachen, und machte eine lässige Handbewegung, um anzudeuten, dass die Anwesenden zu gehen hatten. Die Wärter, einschließlich des Verwalters des französischen Staatsgefängnisses, wurden stumm aus meinem Büro geleitet.

Einer meiner Minister kam zu Wort, als sich die Türen zu meinem Büro schlossen: „Und was pflegen Majestät nun zu tun?"

„Selbstverständlich nichts", entgegnete ich mit einer Spur Trotz in der Stimme. „Der Insasse ist entkommen. Wie sollte er Ihrer Meinung nach hingerichtet werden?"

In der Nacht, in der wir einen Abstecher in die Bastille unternommen hatten, sodass Aliénor ein letztes Gespräch mit Rafael Álvarez führen konnte, hatte sie stattdessen einen leblosen Körper in des Spaniers Zelle aufgefunden. Daraufhin waren wir unverzüglich nach Versailles zurückgekehrt. Der Grund war, dass nicht Álvarez, sondern eine andere Gestalt auf dem verschmutzten Boden gelegen hatte. Er selbst war wie vom Erdboden verschluckt.

Wie hatte so etwas geschehen können? Besaß die Bastille nicht die am besten gesichertsten Zellen Frankreichs - ja, Europas? Schliefen die Wärter in den Kellern des Gefängnisses oder spielten sie Karten? Wer wurde nun für den Mordanschlag bestraft? Musste man sich von nun an vor diesem gewaltsamen, spanischen Verräter fürchten? Nahezu ganz Paris und der gesamte Hofstaat Versailles' fragte sich dies.

Dass ich dahintersteckte und diesem Álvarez zur Flucht verholfen hatte, um meiner Gemahlin die Schmerzen des Verlusts zu ersparen, vermutete niemand. Und das war auch gut so.

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─── über ein
Jahr später


ALIÉNOR

An diesem wundervollen, kühlen Novembertag prasselte der Regen gegen die Fenster des Palastes. Die Weihnachtszeit stand kurz bevor, und Versailles wurde bereits wie der gleichnamige Vorort Paris' festlich geschmückt. Normalerweise war es in Frankreich nicht üblich, so viel Anstrengung und Geld in die Dekoration zu investieren.

PRINCESS OF LILIES  ᵗᵉⁱˡ ᵛⁱᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt