ALIÉNORNach der Nachricht, dass Liliette möglicherweise die Mätresse meines Mannes werden könnte, war ich an demselben Tag nur noch wie in Trance umhergegangen. Glücklicherweise war niemand auf mich zugekommen, um nach meinem Zustand zu fragen.
Emilies Zimmer hatte ich nicht erreicht, da ich zurück zu meinem Gemach gegangen war. Dort hatte ich den Wachen mitgeteilt, niemanden einzulassen, da ich zu schlafen gedachte.Als sei dieser unendliche Schmerz meines Herzes nicht genug, war ich mitten in der Nacht von einer Zofe aufgeweckt worden. Ein Bote war am späten Abend in der Stadt angekommen, um eine Nachricht zu überbringen. Ich hatte mich bereits auf das schlimmste vorbereitet: Tod, Krankheit, Entführung, Mord oder der Ausbruch einer Revolution.
„Ein Attentat", hatte mir der Bote schweratmend mitgeteilt. „Im Palast von Versailles wurde ein Attentat auf den Marquis de Valois verübt."
Als ich hörte, dass der junge Adelige, der ein Freund meines Gemahls war und mich damals stets ausspioniert hatte, jedoch noch lebte, hatte ich die Aufruhe aufgrund der Nachricht nicht ganz verstehen können. Selbstverständlich war es eine erschreckende Nachricht; aber zumindest schien der Marquis nicht in Lebensgefahr zu schweben.
Dann erfuhr ich aber eine weitere Information: Der Täter war noch nicht gefasst worden und hielt sich nach wie vor auf dem Palastgelände auf. Dieses war schon Minuten nach dem Mordversuch, der durch ein verstecktes Degen versucht worden war, abgeriegelt worden.
Während also in Versailles jedermann theoretisch in Lebensgefahr schwebte, und ich mir Sorgen um meine Familie machte, die mit den Valois eng zusammenarbeiteten, stolzierte Liliette durch das Château Cagninacci, als sei sie bereits die höchste Gestalt und meist beneidete Frau Frankreichs.
Abgesehen davon, dass mir diese Tatsache viel Angst bereitete, waren jedoch die Beziehung zu Louis-Antoine und meinen Kindern in meinen Gedanken stets präsent. Meine Sehnsucht nach Marguerite und Louis-François war nicht in Worte zu fassen.
„Du kommst nun einmal nach deiner Mutter, Prinzessin Marie-Louise", hatte Emilie mich gestern noch auf die Liebe zu meinen Kleinen angesprochen.
Doch ich war der Meinung, dass jede Mutter so empfinden würde, wenn man ihr ihre kleinen Kinder nahm oder man über eine längere Zeit von ihnen getrennt leben musste.
An diesem Nachmittag hatten wir uns ein weiteres Mal auf meiner Terrasse zusammengefunden. Liliette war in dem Nebenort unterwegs, um irgendeinen Brief persönlich aufzugeben. Wir wussten beide nicht wirklich, was diese Geheimnistuerei zu Gute hatte.
Der wolkenlose, jedoch bereits schon leicht orangefarbene Himmel zeigte sich von seiner schönsten Seite. Eigentlich genossen wir beide die vorherrschende Stille, bis Emilie plötzlich begann zu sprechen: „Mir kommt diese Angelegenheit trotz alledem Spanisch vor... wortwörtlich! Ich habe von Seiner Majestät, dem Kaiser, nie erwartet, dass er sich eine offizielle Mätresse zulegt. Eure Beziehung blüht wieder auf... zu Liliette kann er gar keine wahrhaftigen Gefühle entwickelt haben..."
Wild nickte sie. „Vergleiche deine Anmut und deine Güte mit der Listigkeit Liliettes."
„Ich veränderte mich. Höchstwahrscheinlich konnte er mich nicht mehr lieben", entgegnete ich tonlos. „Es spielt keine Rolle, dass ich meine Fehler eingesehen habe. Anscheinend ist sein Herz für mich erstarrt."
„Und dabei war Seine Majestät der Grund für deine Veränderung", warf sie ein und ihre großen, blauen Augen musterten mich freundlich.
Meine hingegen füllten sich mit Tränen, ehe ich diese schloss. „Und auch wenn? Ich habe alle Angehörigen ins Chaos gestürzt", meinte ich verbittert.
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PRINCESS OF LILIES ᵗᵉⁱˡ ᵛⁱᵉʳ
Ficción histórica❀ 𝐅𝐑𝐀𝐍𝐊𝐑𝐄𝐈𝐂𝐇 ─ 1821 Es hätte alles perfekt sein können. Doch selbst das Gebären eines lang ersehnten Thronfolgers birgt neue Probleme in der kaiserlichen Familie. Der Kummer Aliénors nimmt zu, sodass sie sich in das...