Kapitel 10 ❀ seul(e)

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LOUIS - ANTOINE

Gedemütigt stapfte ich ohne jegliche Begleitung durch die herbstliche Parkanlage über die große, berühmte Treppe Versailles' hinauf zur Terrasse des Palastes. Ohne ein Wort zu den anderen Gästen, die mich recht verwundert gemustert hatten, hatte ich die Feier verlassen.

Sie glaubte wohl auch, dass ich dadurch meine Fehler einsehen, dass sich dadurch die Lage zwischen uns wieder entspannen würde. Aufgerüttelt hatte sie mich allemal mit diesem provokanten Auftritt. Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich wütend war. Eher war ich betrübt, dass sie sich so verändert hatte.

Sie hatte mich, ihr Land, ihr Volk alleine gelassen und war der Kauf- und Feiersucht verfallen. Kaum war sie in dieses Petit Trianon, das Schlösschen, welches ich ihr geschenkt hatte, eingezogen, verhielt sie sich, als wären alle Tugenden von ihr abgefallen.

Selbstverständlich war ich mir darüber bewusst, dass sie erzürnt darüber war, dass Louis-François nicht in ihrer Obhut lebte.

Jedoch war diese Gesetzgebung normal für einen Thronfolger. Ich wurde ebenso nicht von meiner Mutter erzogen, und dabei war jene bei meiner Geburt über einige Jahre älter als Aliénor bei der unseres Sohnes gewesen. Dazu kam, dass ich mit ihrer Hofdame schlief. Dies war nicht angemessen ihr gegenüber. Jedoch war dies nicht daraus entstanden, dass ich Liliette von Habsburg liebte. Das einzige, was uns verband, war der Sex.

Sie würde in meinem Herzen niemals den Platz Aliénors einnehmen. Sie schaffte es noch nicht einmal, mein Herz auch nur ansatzweise dazu zu bringen, zu flattern.

Ich ärgerte mich, dass ich nicht ein eiskalter Herrscher war, der seine Gemahlin verbannen ließ, wenn sie ihn mit dem Mann betrog, den sie einst geliebt hatte. Ein flaues Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit, als ich durch die endlos erscheinenden Gänge des Palastes schritt. Hatte sie mich überhaupt jemals so sehr geliebt wie ihn? Hatte sie ihn je vergessen können?

Ein Seufzer verließ meine Lippen. Wir waren so glücklich in den letzten Monaten gewesen. Marguerite hatte sich auf ihr Geschwisterkind gefreut und ich hatte mich um Aliénor, die Angst gehabt hatte, erneut ein totes Kind zur Welt zu bringen, gesorgt.

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„Louis-Antoine", begrüßte mich meine Mutter, als sie mir im Nordflügel nahe der Galerien über den Weg lief. „Es ist schon recht spät, mein Sohn. Ich dachte, du würdest die Nacht bei deiner Gemahlin verbringen."

„Ich bin müde aufgrund der Feier", antwortete ich kühl, ohne sie großartig zu beachten und ging auf meine Gemächer zu, dessen Türen mir durch die Wachen an diesen bereits geöffnet wurden.

Drinnen erleuchtete nur eine einzige Kerze den weitläufigen, prächtig gestalteten Raum. Schweratmend ließ ich mich an meinem Schreibtisch nieder, stützte meine Ellenbogen auf dem Holz ab und verschränkte die Finger ineinander, bevor ich erneut durchatmete.

Ich war ratlos. Sollte ich noch einmal das Gespräch mit Aliénor suchen, wenn ich es schon nicht über's Herz brachte, sie wegzuschicken?

Wiederum würde sie - ein Freigeist, der sie war - sich nicht von mir aus der Fassung bringen lassen. Aber konnte ich so eine Erniedrigung als einer der mächtigsten Männer Europas durchgehen zu lassen?

Und was sollte ich bezüglich ihres Soldaten tun? Ich hatte ihr vertraut und ihr diesen Spanier als Freund, Berater und einzige persönliche Wache dagelassen.

PRINCESS OF LILIES  ᵗᵉⁱˡ ᵛⁱᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt