Kapitel 06 ❀ enfin ensemble

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ALIÉNOR

Das Gerücht - oder wie ich es an dem vorherigen Freitagabend hatte feststellen müssen, die Tatsache - dass mein Gemahl eine Affäre mit einer Unbekannten hatte, hatte nach und nach am Hofe von Versailles Anklang gefunden und war dadurch schnell bis hinter die Mauern des Palastes, ins Volk gelangt.

Diese Neuigkeit hatte die Vermutung vieler Franzosen, dass es zwischen Louis-Antoine und mir brodelte, in kürzester Zeit untermauert.

Man sprach davon, dass ich mich grundlegend mit niemanden zu Hofe verstehen würde. Zu meiner Schwiegermutter sei ich kalt (auch wenn sie auch nicht sonderlich beliebt in der Bevölkerung war) und Minister und Staatsmänner behandelte ich angeblich nicht standesgemäß. Viele waren der Ansicht, dass ich es verabscheute, auch nur zu versuchen, mich in die Hofgemeinschaft zu integrieren und ich mir ebenso keine Mühe dabei gab.

Teils stimmte dies. Meistens hatte ich gänzlich keine Lust auf diese Gruppe von spießigen, alten Adeligen. Jedoch blieb ich stets höflich und zuvorkommend. Ich war bloß arrogant, wenn man mich von oben herab behandelte. Handelten aber nicht viele Menschen auf diese Art und Weise?

Um den Vermutungen und Gerüchten zu entgehen, war für heute Abend ein Ball angesetzt worden. Einige berühmte Leute aus Paris waren neben vielen Adelige aus der Provinz geladen. Sie kamen alle bloß, um zu sehen, dass die Situation normal war und keine Streitereien zwischen uns existierten.


„Nun gut, Madame Marie-Thérèse wünscht höchste Diskretion", teilte mir Florentina in meinem Ankleideraum die Anweisung mit.
„Du sollst dich möglichst viel mit deiner angeheirateten Familie unterhalten. Ebenso sollst du mit dem Kaiser freundlich und reizend umgehen, nahezu immer lächeln... hm... eigentlich weißt du das alles bereits..."

„Ja... ich denke auch."
Ich stieß einen Seufzer aus und begutachtete meine Hochsteckfrisur, ehe ich mich an die Bedienstete, die mich frisierte wandte. „Hier vielleicht noch ein paar Spangen... Ach, und sagen bitte Sie dem Kindermädchen, dass ich gleich noch einmal zu meiner Tochter komme, um ihr Gute Nacht zu wünschen."

Die Dienerin verbeugte sich und machte sich auf den Weg zum Kinderzimmer, nachdem sie meine Haare vervollständigt hatte.

„Wo ist Liliette?", wollte Flora schließlich interessiert wissen und wandte sich an Emilie, die bereits fertig hergerichtet eine Zeitschrift las. „Hast du sie schon gesehen?"

„Sie ist heute in aller Früh in den Palast gegangen, da die Madame ihr irgendwelche Blumen zeigen wollte", erklärte Emilie.
„Ich glaube, dass es sich um diese neuen Orchideen-Arten aus Südamerika handelt. Und Liliette und Ihre Kaiserliche Hoheit reden ständig über Blumen... auch wenn Liliette wahrscheinlich unter der Gegenwart der Madame leitet... aber wirklich! Jeder von euch Mitgliedern aus dem Hochadel hat eine Lieblingsblume..."

„Aliénor hat ihre Rosen... Marguerite ist nach dem Gänseblümchen benannt; wie schon erwähnt liebt Madame Marie-Thérèse Orchideen und Liliette die Blumen, nach welchen sie benannt wurde. Meine Schwester die Veilchen... vergötterte deine Mutter nicht Narzissen?", überlegte Flora laut.

„Ja... mein Vater und sie. Und meine Schwester hat Tulpen geliebt... hellblaue Tulpen, um genau zu sein." Seufzend erinnerte ich mich an ihren Wahn zurück.
Nahezu ganz Versailles war mit Tulpen geschmückt gewesen, als sie und Louis-Antoine verlobt gewesen waren. Schon fast vier Jahre war dies nun her...

PRINCESS OF LILIES  ᵗᵉⁱˡ ᵛⁱᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt