C12 - koordiniert eskaliert

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"Eigentlich dachte ich wirklich wir wären füreinander bestimmt. Wirklich, ich dachte wir wären seelenverwandt", schniefe ich kopfschüttelnd in mein Taschentuch und wische mir die Tränen von den Wangen. "Aber anscheinend bin ich nicht gut genug für ihn."

"Oh nein, ich verstehe deinen Schmerz so gut", erhalte ich die Zustimmung.

"Ich meine", heule ich hysterisch weiter und presse eine Träne nach der anderen aus meinen Augen. "Ich würde alles für ihn tun. Und das Einzige, das er für mich getan hat, ist mich verhaften zu lassen! Ich bin eine verdammte Hotelwand für ihn hochgeklettert!"

"Männer können solche Arschlöcher sein", stimmt mir der Polizist, der mir gegenüber sitzt, zu nachdem er sich ebenfalls die Nase geputzt hat. "Neulich hat mich mein Date auch einfach so in einem Café sitzen lassen. Ich habe zwei Stunden auf ihn gewartet, aber er ist einfach nicht gekommen!"

Mitfühlend lege ich ihm meine Hand durch die Zellenstäbe auf seine und schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln. "Wir sind ohne sie eh besser dran!"

Ich erhalte nur ein zustimmendes Nicken von ihm und sehe, wie er etwas darauf erwidern will, allerdings kommt ein zweiter Polizist zu uns, der mir nur seufzend die Zelle aufschließt.

"Lass dich von den Knastis doch nicht immer so um den Finger wickeln Phil", richtet er nur an seinen Kollegen und öffnet mir die Türe.

Überrascht stehe ich auf und zeige unschlüssig auf die Türe. "Wie jetzt? Ich darf gehen?"

"Sieht so aus", meint der zweite Polizist nur gelangweilt.

"Ohne Anklage?"

"Zieh' Leine, bevor noch eine kommt."

"Verstanden", meine ich nickend. "Keine weiteren Fragen."

Mit diesen Worten verlasse ich meine Zelle und lege Phil im Vorbeigehen noch einmal meine Hand auf die Schulter. Vielleicht fühlt er sich dann nicht mehr so ganz allein gelassen. Armer Typ.

Ich muss gestehen, dass ich mir die Zeit als Knasti wirklich schlimmer vorgestellt habe. Ich dachte eher, dass ich um mein Leben fürchten muss, weil meine Knastschwestern mich nur verprügeln und abstechen wollten, aber ich hatte meine Ruhe. Stattdessen hat Phil mir die Geschichte erzählt, wie er die vergangenen fünf Male immer und immer wieder von seiner Verabredung sitzen gelassen wurde. Nach der vierten Story, die er mir anvertraut hat, konnte auch ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Stattdessen habe ich angefangen ihm auch von Harry zu erzählen und dann durfte ich auf einmal gehen.

Komisch, ich weiß.

Aber besser als ein Messer in meinem Bauch von meiner lesbischen Zimmergenossin.

Nachdem ich meine Unterschrift unter ein paar Dokumente gesetzt habe, verlasse ich die Polizeistation Kaugummi kauend und blicke mich um. Es ist bewölkt und ziemlich windig, aber dennoch angenehm warm.

"Also", sage ich zu mir selbst und schaue mich um. "Wie zur Hölle bin ich wieder rausgekommen?"

"Das ist dann wohl mein Verdienst", erhalte ich meine Antwort auch sogleich, allerdings erblicke ich niemanden, der zu mir geredet hat.

"Uhm", mache ich verwirrt und blicke mich ein weiteres Mal um. "Entweder Gott redet gerade zu mir oder 'ne sprechende Mülltonne. Ich gebe zu: Beides wäre nicht so cool, weil ich weder an Gott, noch an sprechende Mülltonnen glaube."

"Oh mein Gott, guck nach rechts", höre ich ihn nur genervt ausatmen und drehe mich auf seine Bitte hin nach rechts. Dass Liam derjenige ist, der dort angelehnt an die Straßenlaterne steht, überrascht mich dann doch etwas.

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