C15 - Nachos des Horrors

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Der Saal des Kinos ist komplett dunkel, als ich mich durch die Türe hineinschleiche und am Rand stehen bleibe. Zu meinem Glück sind nicht allzu viele Besucher in diese Vorstellung gegangen. Viel eher eine überblickbare Menge, in der man auch einzelne Personen gut ausmachen kann. 

Ich fühle mich immer mehr wie ein Stalker. 

Stumm lasse ich meinen Blick über die dunklen Silhouetten der Leute gleiten und suche nach zwei Turteltauben, die ich am liebsten beide erstechen wollen würde. Zum Film würde es passen. Harry hat doch tatsächlich einen Horrorfilm ausgesucht, in dem wir jetzt alle sitzen. 

Sitzen! Das ist es!

Als ich realisiere was ich tun muss, und die beiden gesehen habe, schlüpfe ich in die Rolle eines Besuchers, der einfach fast zu spät zum Film gekommen ist. Vielleicht wäre es etwas glaubwürdiger gekommen, wenn ich nicht schon fünf Minuten am Rand stehen würde, aber lieber später als nie. Habe ich recht?

Da mir mein Outfit den Weg durch die Sitzreihen etwas erschwert, presse ich mich mehr oder weniger frech an den anderen Leuten vorbei, die bereits auf ihren Plätzen sitzen. Ich will gar nicht wissen wie viele von ihnen meinen falschen Hintern in ihrem Gesicht gespürt haben. Räuspernd setze ich mich auf den Platz genau hinter Harry und Kendall und versuche möglichst wenig Lärm zu machen. 

Mit der Hand am Kinn beobachte ich eher die Beiden, als das Geschehen auf der Leinwand. Ich kann einfach nicht weggucken. Wirklich nicht. Mein einziger Wunsch gerade ist es, das Getränk meines Nebensitzers zu nehmen und Harry in den Nacken zu kippen. Einfach, weil er so ein Idiot ist. Aber es kommt mir etwas harsch vor meinem Nebenmann die geliebte Cola einfach zu entreißen. 

Vor ein paar Tagen noch hat es sich so angehört, als wäre Kendall ihm reichlich egal. Er hat sie sogar wegen mir versetzt. Und jetzt? Jetzt schleift er sie in eine Vorstellung irgendeines billigen Films und hofft wohl sie irgendwie abschleppen zu können. In Toronto, noch dazu gesagt. 

Die Menge im Kino schreit auf. Völlig in Gedanken vertieft habe ich die Szene verpasst, in der eine Person ihren Kopf verloren hat. Dass Kendall dabei lächerlich aufgeschrien und sich an Harrys Arm geklammert hat, bringt mich nur dazu die Augen zu verdrehen. 

Ich meine, ernsthaft? Diese Geste ist einfach zu klische! Und so gruselig war die Stelle nun auch nicht. Man hat regelrecht erahnen können, was als nächstes passiert. 

"Oh mein Gott", seufze ich nur auf und vergrabe mein Gesicht in meiner Handinnenfläche, während ich meinen Sitznachbar anstupse und auf die Beiden zeige. "Dachtest du nicht auch, dass so etwas nur in lausigen Filmen probiert wird?"

Der Blick des Typens, der auf dem Sitz neben mir hockt, ist unlesbar. Wahrscheinlich will er mir nur verwirrt mitteilen, dass ich ihn in Ruhe lassen soll. 

Als ich die Beiden wieder ins Visier nehme, traue ich meinen Augen kaum, denn Harry scheint es nicht zu stören, dass sie sich wie ein kleines Äffchen an seinem Arm festkrallt und ihr Gesicht darin versteckt. Viel eher lässt das Lächeln, das sein Gesicht ziert darauf schließen, dass es ihm gefällt. Er lässt sich wirklich mit so einem Trick einfangen. 

Mein Gott! Etwas mehr Niveau habe ich ihm schon angerechnet. 

Als er dann auch noch ihren Arm von hinten um sie legt, kann ich meinen gleich aufzuschreien. Das kann doch nicht deren Ernst sein. Ich meine hat Harry wirklich so ein geringes Selbstwertgefühl? 

Ich kann den frustrierten Seufzer, der schon seit einiger Zeit aus mir kommen will, nicht länger unterdrücken, was mir dann doch einen verwirrten Blick von Vorne einbringt. Harry starrt mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Direkt. 

"Oh, diese Szene ist so dämlich", versuche ich mich wieder mit verstellter Stimme zu retten. "Ich meine wer spießt schon seinen Vater mir einer Mistgabel auf, nur weil er einen angefahren hat? So ein Mist!"

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