C13 - Mamasitá! Pressen!

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"Verdammte Scheiße Tanny! Da ist ein Hydrant!", höre ich es von der Rückbank schreien, während ich mit meiner einzigen freien Hand versuche, das Auto so schnell es geht durch den stickigen Verkehr zu schleusen.

Man kann meinen das pitchige, feministische Schreien kommt von der Schwangeren, die gerade wohl ihr Kind auf meinem Rücksitz gebärt, nachdem wir beide sie mehr oder weniger auf die Rückbank geworfen haben, aber in Wirklichkeit ist es Harry, der so aussieht als würde er jeden Moment einen Schlaganfall bekommen.

"Ich wollte doch nur auf ein ruhiges, ereignisloses Date mit Kendall gehen", höre ich ihn hinten hyperventilieren.

"Noch ein Wort über Kendall und ich schwöre dir ich fahr mit voller Absicht gegen eine Straßenlaterne!", brülle ich nach hinten und schreibe gleichzeitig eine Nachricht in die Gruppe von Benni, Luna und mir auf Whatsapp. Das ist einfach zu gut, um es nicht weiterzuerzählen.

"Würde es dir etwas ausmachen-"

Er wird von der Trulla unterbrochen, die auf einmal aus Mark und Knochen aufschreit und sich in einen meiner Sitze krallt. Sogar ich erschrecke mich so sehr, dass mir fast mein Handy aus der Hand fällt.

"Gerade dein Handy wegzulegen?!", schreit Harry trotzdem weiter und starrt die Arme panisch an.

Sie liegt halb auf seinem Schoß, die Beine gegen die Decke gestämmt. Und sie atmet wie ein Walross. Wie kann man nur so kräftig Schnaufen und trotzdem genügend Luft zum Atmen haben?

"Das Baby kommt!", ruft sie erneut panisch aus.

Während ich scharf nach rechts biege und gleichzeitig im Naviu das nächste Krankenhaus suche, muss ich mich darauf konzentrieren, nicht loszulachen. Diese Situation ist einfach nur verrückt. Und Plan C verläuft auch nicht wirklich nach Plan. Eigentlich sollte Harry schon gefesselt in irgendeinem Zimmer sitzen und sich wünschen, nie geboren worden zu sein.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was besser ist.

"Das Baby muss warten!", rufe ich nach hinten. "Der Wagen ist nur gemietet!"

"Oh ja klar! Natürlich kann sie ihr Kind einfach wieder zurück in ihren Uterus pressen! Ist ja nicht so, dass es keinen Stopp-Knopf bei 'ner Geburt gibt!", faucht Harry mich an. Er ist ganz blass. Ich kann ihm ansehen, dass er versucht nicht auf die untere Partie der Frau zu gucken, die wir beide nicht einmal kennen. Warum musste sie sich auch ausgerechnet gegen mein Auto werfen? Ich meine das Angebot war riesig und diese Rosthaube nicht gerade der beste Fang.

"Guck mal was ich gefunden habe!", rufe ich freudig aus, als ich eine kleine CD auf meinem Fahrerpult gesehen habe.

"Konzentriere dich auf die Straße! Tanny! Da steht ein Auto! Brems! Verdammte Scheiße, brems doch endlich, du dumme Kuh!"

"Pf!", atme ich nur genervt aus und umfahre den stockenden Verkehr, in dem ich rechts an allen vorbei fahre. Dass ich dabei halb auf dem Gehweg fahre, stört mich im Moment eher weniger. "Du bist ja schlimmer als mein Fahrlehrer damals."

"Ich glaube ich sehe einen Kopf!", ruft Harry nun von hinten.

"Ich hoffe nicht, dass du wirklich einen Kopf siehst!", rufe ich nur erschrocken zurück und trete augenblicklich auf das Gas. "Noch fünf Minuten, schwangere Frau! Halte noch fünf Minuten durch!"

"Ich glaube ich kotze gleich", höre ich Harry.

"Hey! Woah! Niemand kotzt hier! Und niemand bringt hier ein Kind auf die Welt. Nicht in diesem Auto! Mein Vater wird mich killen, wenn er von der Sache etwas mitbekommt! Wie wäre es, wenn wir jetzt einfach diese CD mit Meditationsmusik hören und alle etwas runterkommen?"

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