"Du hast dich wirklich wie ein verängstigtes Hühnchen versteckt? Hinter einer Mülltonne?", wiederhole ich seine Erzählungen, wobei man mir den Unglauben regelrecht anmerken kann. Und das soll auch so sein. Niemals ist das passiert, was er mir im Moment auftischen will.
Harry, der mir gegenüber sein Stück Kuchen weiter isst, nickt nur und beharrt weiterhin auf seiner Geschichte.
"Google es von mir aus. Wobei du, als krasse Stalkerin, eigentlich wissen musst, was damals in Rio de Janeiro passiert ist."
"Mhm", mache ich nur unbekümmert und nehme mir ebenfalls eine weitere Gabel von meinem Apfelkuchen, der auf Harrys Nacken gehen wird. "Wie ein kleines, verängstigtes Rehkitz, das seine Mutter aus den Augen verloren hat?"
Harry senkt seinen Blick etwas und legt seinen Kopf schief.
"So richtig panisch mit Anfall und so? Hinter einer Mülltonne? In den dunklen Gassen Rio de Janeiros?"
"Genau", sagt er kauend und zeigt mit seiner Gabel untermalend in meine Richtung.
Ich räuspere mich bedacht, während ich ein Stück mit meinem Oberkörper nach vorne gehe und meine Gabel neben den Teller lege. "Du lügst."
"Mache ich nicht!", beharrt er weiterhin wie ein trotziges Kleinkind.
"Fünf Stück waren es also?", frage ich ein weiteres Mal nach und lege mein Kinn auf meine Hand. Keine Sekunde lasse ich den Popstar vor mir aus den Augen, der tatsächlich so nett war und mich nach meinem kleinen Panikanfall vorhin in dieses Diner geschleppt hat, in der Hoffnung mich zu beruhigen.
"Genau. Fünf."
"Mhm", summe ich immer noch skeptisch und kratze mir mit einer Hand den nicht existierenden Bart an meinem Kinn. Zumindest hoffe ich, dass da nichts wuchert.
"Mhm", wiederholt er euphorischer und nickt untermalend.
"Fünf Drogenbarone haben dich also durch die Straßen Rios verfolgt haben - mit Waffen, Granaten, Bandenunterstützung und so weiter - und du bist ihnen entkommen, indem du dich hinter einer Mülltonne versteckt hast?"
„Korrekt", ist seine Antwort auf meine kurze Zusammenfassung, bei der ich nur amüsiert mit dem Kopf schütteln kann.
„Nein", lautet meine.
„Nicht nur du lässt die taffe Bitch raushängen, die unbedingt an ihr Ziel kommen will!"
„Und was war dein Ziel?"
„Keine Ahnung, vielleicht nicht abgestochen zu werden?", bietet er eine mögliche Lösung an.
„Verstehe nicht, wieso man darauf keine Lust hat", sage ich ironisch.
„Habe gehört das soll ziemlich kitzeln. So ein Messer zwischen den Rippen", spielt er mit und kann das Lächeln, das seine Grübchen entpuppt, nicht verstecken.
„Wirklich?", frage ich scheinheilig. „Ich glaube nicht, dass man großartig etwas spüren wird."
„Krankenhaus muss also nicht sein?", fragt er grinsend.
Ich stocke und kann nicht verhindern, dass das kleine Lächeln, das sich langsam wieder heraus traut, im Kern von Harrys Worten erstickt wird.
„Oh", macht Harry, als auch er bemerkt, dass er das falsche Thema angeschnitten hat. „Tut mir leid. Ich wollte nicht! Es war dumm-"
„Nein", sage ich abwinkend und nehme mir die Gabel wieder in die Hand. „Schon okay. Früher oder später wäre es eh wieder aufgekommen."
„Du magst Krankenhäuser nicht sonderlich, oder?", fragt er vorsichtig, nach einem kurzen Moment der Stille, in dem ich weiterhin an meinem Kuchenstück herumspiele.
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Tracking You || HS
Humor"Verdammt, bist du n' Stalker, oder was ist falsch mit dir?", fragte er mich sichtlich genervt, als er im Aufzug stand. Eine dunkle Sonnenbrille im Gesicht, die es mir umso schwerer machte, ihn nicht gleich auf der Stelle anzufallen. "Ich bin die L...