25 ›› thankful

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Es waren nun knapp 12 Stunden vergangen und ich tat genau das, was ich nicht hatte tun sollen. Ich fraß all die Informationen und die Einsamkeit in mich hinein und saß demotiviert auf der Couch. Das Ticken der Uhr und sogar das leise Summen des Kühlschrankes machten mich verrückt.

Mein Handy lag vor mir auf dem Tisch und ich überlegte den ganzen Tag schon, ob ich Yoongi nun anrufen sollte oder nicht. Warum ich hoffte, dass er dies tun würde, wusste ich auch nicht, doch trotzdem machte es mich traurig, dass sich niemand bei mir meldete. Dass er sich nicht meldete.

"Das ist dein Job, Jimin, reiß dich zusammen", redete ich zu mir selbst, meine Stimme leicht angekratzt, da ich nichts und niemanden zum Reden hatte den gesamten Tag über.

Ich griff also zu dem Handy, doch legte es anschließend wieder beiseite, ehe ich mich aufstöhnend auf die Couch hinter mir fallen ließ und ein Kissen auf mein Gesicht presste.

Die ganze Zeit schon brannten die Tränen der Verzweiflung in mir, ich hatte den Drang, etwas zu tun, doch gleichzeitig hielt ich mich selbst davon ab. Es fühlte sich einfach schrecklich an, so energiegeladen und schwach zugleich. Nebenbei glitten meine Gedanken wieder zu meiner Mutter, welche tatsächlich im Krankenhaus lag. Meine Finger begannen zu zittern.

Doch plötzlich durchbrach ein lautes Klingeln die eintönige Geräuschkulisse. Sofort richtete ich mich kerzengerade auf und griff hastig nach meinem Handy, welches dabei fast herunterfiel.

Mit meiner zitternden Hand war es gar nichts so einfach, den richtigen Punkt im unteren rechten Teil des Bildschirmes zu finden, doch schließlich gelang es mir und ich nahm ab.

"Hallo?", fragte ich heiser, als nur das Rauschen aus der Leitung im Zimmer lag. Angespannt ballte ich die andere Hand zu einer Faust, während ich das Handy gegen mein Ohr presste.

"Jimin."

Mit rasendem Herz atmete ich erleichtert aus und ließ mich wieder nach hinten fallen.

"Yoongi."

"Warum rufst du nicht an, wenn es dir nicht gut geht?", fragte er direkt und überrascht öffnete ich meinen Mund, doch schloss ihn nur ertappt wieder. Er kannte mich zu gut. Er kannte mich verdammt nochmal zu gut und sorgte sich zu viel um mich. "Warum bist du so Yoongi?", seufzte ich nach kurzer Zeit. "Wie bin ich denn?"

So perfekt.

"Vergiss es. Aber mir geht es nicht so schlecht-"

"Halt die Klappe, ich bin sowieso schon auf dem Weg", unterbrach er mich jedoch unbeeindruckt und tatsächlich schlich sich das erste Mal an diesem späten Nachmittag ein Lächeln auf meine Lippen. Gleichzeitig begann meine Stimme mit jedem Wort mehr zu beben und es war, als wären sie der entscheidende Ausbruch meiner Gefühle und Tränen.

"Ich will z-zu ihr", hauchte ich und musste mir gegen Ende eine Hand vor den Mund legen, damit er nicht mein Wimmern hörte. "Fünf Minuten, Jimin, okay? Mach die Tür auf, fünf Minuten", antwortete er hastig und ich nickte, obwohl er es nicht sehen konnte.

Und die nächsten fünf Minuten hatte keiner von uns beiden aufgelegt, ich lauschte seinen hin und wieder aufkommenden leisen Fluchern und den anschließenden beruhigenden Worten, welche mir gewidmet waren, bis er schließlich vor meinem Haus ankam.

Vielleicht hatte er nicht damit gerechnet, dass ich so fertig aussehen würde, denn als ich die Tür öffnete, schloss er mich nach ein paar Sekunden direkt in seine Arme. Und verdammt, er hatte keine Ahnung, wie viel mir das wirklich bedeutete. "Fahren wir", sagte er ruhig und strich mir ein letztes Mal über den Rücken. "W-wie jetzt?"

"Zum Krankenhaus." Er legte mir meine Jacke um und wollte mir meinen Blindenstock in die Hand drücken, doch ich wich ein Stück zur Seite, näher zu ihm und tastete nach seiner Hand, mein Kopf verlegen gesenkt. Wieder schien die Welt für einen Moment stehen zu bleiben, niemand regte sich, sein Blick und seine Gedanken konnten im Moment überall liegen. Dann strich er vorsichtig über meinen Haarschopf und erwiderte den Druck meiner Hand, ehe er mich zu seinem Auto leitete.

Don't Be Blind | Yoonmin | abgeschl. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt