,,Das Kleid ist jetzt eh nass."

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Es klopft an meiner Tür, als ich vor dem Spiegel stehe und mit mir ringe. Kurz schließe ich meine Augen und da wartet der Anklopfende nicht auf eine Antwort. Will steht hinter mir. ,,Ist das die Wahrheit?", fragt er mich und sieht mich mit seinen verletzlichen Augen an. Man könnte meinen, wir streiten wegen eines Betrugs oder so, aber es ist einfach mein Problem, dass ich nicht mit jemandem teilen möchte. Er ist natürlich nicht irgendjemand, aber gerade Will soll davon nichts wissen.

Trotzdem kann ich das Offensichtliche nicht leugnen und drehe mich zu ihm um, ohne ihn anzusehen. ,,Ja", verlässt das kleine Wort meine Lippen, die so groß scheint in ihrer Wirkung. Will sagt lange nichts und entscheidet sich zu etwas, anscheinend. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf seine Lippen.

,,Vielleicht ändert sich deine Sichtweise irgendwann, aber dazu solltest du dich deiner Angst stellen", meint er und das sind Worte, mit denen ich nicht wirklich gerechnet habe. Ich hätte jetzt gedacht, er würde mir falsche Komplimente machen, nur um mir seine Sichtweise aufzuzwingen. Deshalb sehe ich wahrscheinlich ganz verwirrt aus, denn das bringt ihn ein wenig mehr zum Lachen. Augenblicklich aber wird er wieder ernst. ,,Lina, an einem Tag dir deine Zweifel zu nehmen ist unmöglich. Ich will dir Schritt für Schritt zeigen, dass du komplett falsch liegst in dem, was du in deinem kleinen Hirn zusammen gewürfelt hast. Angefangen mit einem unheimlich einfachen Seebesuch. Du musst dich nicht ausziehen. Lass das Kleid erstmal an. Vielleicht überraschst du dich selber mit dem Wunsch ins Wasser zu hüpfen. Im Bikini oder Badeanzug oder was auch immer ihr Frauen so anzieht." Ich weiß nicht was ich genau davon halten soll und die Unsicherheit trägt mich gerade. Es gibt doch keinen Badebesuch ohne, dass die mich dazu zwingen ins Wasser zu gehen. Das kann nicht sein.

,,Versprich mir, dass ihr mich nicht dazu nötigt da rein zu gehen", bitte ich ihn leise und sehe ihn vorsichtig an. Will kommt näher zu mir und nimmt meine Hand.

,,Ich verspreche dir, dass ich nichts mache, was du nicht willst", haucht er und mir verschafft es eine Gänsehaut, denn darin liegt so viel drin, eine Versprechung, bei der er selber weiß: Solange es kein Wasser gibt, werde ich auch nicht... Es läuft beides aufs Gleiche hinaus, nur... Beim...Na, da dieses nach dem Küssen ist noch nackter als Baden.

Egal. Ich umarme Will plötzlich und auch er war nicht darauf vorbereitet. Selbst ich wusste bis dato nicht, dass ich das vorhabe. ,,Danke", flüstere ich leise und spüre seine Hand sanft mein Haar streicheln.

,,Das nächste Mal sag mir das direkt. Ich bin doch kein Unmensch", kitzelt er ein Versprechen aus mir. Er reagiert einfach immer anders, als ich denke, wie er reagiert.

,,Das bist du nicht. Ich weiß, aber... alle s-sagen immer das Gleiche", erkläre ich meine Sturheit von eben leise und Will nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände, um mich anzugucken. Ich halte seine Handgelenke fest und sehe ihm unschuldig in die Augen.

,,Ich weiß natürlich was alle sagen, in so einem Fall. Das könnte ich dir genauso sagen, nur fürchte ich, du wirst mir nicht glauben. Immerhin habe ich dir das so oft gesagt. Ehrlich gesagt, hätte ich daran zuletzt gedacht. Gut, du bist schüchtern, aber das? Jeder Idiot wär darauf gekommen, aber anscheinend bin ich mehr als nur ein Idiot", schimpft er mit sich selber und ich muss etwas lachen.

,,Nein, bist du nicht", widerlege ich sein vorhin Gesagtes.

,,Und ich?", fragt jetzt eine andere Stimme und sowohl Will, als auch ich sehen Amy an, die am Türrahmen steht. ,,Ich würde niemals deine Geheimnisse verraten, aber er musste es wissen", verteidigt sie sich und so sehr ich ihr böse sein will, es geht einfach nicht.

-

Nun denn. Wir sind am See. Zu allem Überfluss ist auch noch Theo dabei. Okay, für den Spaß sind drei Personen sicher vorteilig. Also im Wasser. Immerhin gehe ich nicht mit rein.

I See You.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt