Verstehe einer die Männerwelt.

2.7K 97 6
                                    

Coles Flieger wurde verschoben und geht heute Nacht. Direkt noch mehr Zeit zum Nachdenken. Eigentlich müsste ich nicht nachdenken, wenn ich ohne Gefühle an die Sache rangehen würde. Will hat absolut nichts mehr in meinem Gefühlsleben zu suchen und trotzdem mischt er sich da immer ein. Wieso nur? Ganz einfach. Weil ich Will liebe. Wir sind nicht lange auseinander und ich habe mit Cole geschlafen. Ist das nicht... nuttig? Ich bin wahrscheinlich nicht viel besser, als all die Frauen, die mit vielen Männern schlafen. Toll. Wenn mich jemand sehen würde, der würde doch denken, nur weil ich mein erstes Mal hatte, bin ich jetzt zur Sexsüchtigen geworden? Egal mit wem.

Oh man, Lina. Ich übertreibe oder? Ab wann ist man überhaupt sexsüchtig? Man, ich kann es nicht sagen. Ich bin doch ein lächerliches Wesen, das nun ihr Unwesen treibt. Das hat Cole nicht verdient. Er ist so ein netter, starker und dennoch auf dem Boden gebliebener Mann. Noch mehr also verstehe ich nicht, wieso er für mich Gefühle hegt. Verstehe einer die Männerwelt.

Ich stehe übrigens vor dem Spiegel und schaue mich an. Schwarze Jeans und eine locker fallende weiße Bluse. Amy wollte mir mir in eine Bar gehen. Es fühlt sich auch wieder nach Betrug an. Betrug an Onkel Fred. Das würde er mir aber sicher nicht übel nehmen, denke ich.

Soll ich die Haare offen tragen oder geschlossen? Gerade will ich mir einen Zopf binden, da kommt Amy rein. „Lass das Haarband weg", nimmt sie mir meine Entscheidung ab. Gut, dann fallen meine Haare halt glatt bis zu meinen Schultern. „Ach ich freue mich. Endlich wieder mal was zusammen machen Mädelsabend", freut sich sich sichtlich und mündlich. Amy trägt ein schwarzes Kleid, das ihre Figur perfekt umschmeichelt. Wär ich so hübsch wie Amy, würde ich sowas auch jeden Tag tragen.

„Ich freu mich auch", erwidere ich und schaue mich wieder im Spiegel an. Amy kommt zu mir und zieht mich da weg. „Was schaust du da die ganze Zeit? Komm."

Und wir gehen auch. Die Bar ist nicht so weit weg von... von Will. Amy weiß auch nicht wo Will wohnt und hat wahrscheinlich nicht bedacht, dass Will überhaupt irgendwo wohnt. Die Bar ist einfach direkt neben dem Wohnabteil. Will wohnt auch einfach sehr Zentral und schön. Von hier aus kann man locker alles zu Fuß schaffen und trotzdem haben hier gefühlt alle ein Auto. Mindestens. Die Bar sieht nicht ranzig aus oder alt. Eher neu und sehr modern. Es schimmert im blauen Licht und hat doch dunkle Akzente. Die Bar ist lang und alles scheint mir ein wenig ...zu teuer. „Amy? Was machen wir denn hier?", frage ich und sie lacht nur.

„Hier bin ich oft mit Theo. Das wird dir gefallen. Es sieht sehr luxuriös und teuer aus, aber die Preise werden dich umhauen", verspricht sie und wir suchen uns einen ruhigen Platz. Wir sitzen auf Wolken. Ja, so fühlt es sich an. Diese Sitzecke ist wirklich himmlisch. Nur weiß ich wieso Theo hier öfter herkommt. Sein bester Freund wohnt immerhin direkt daneben.

Entspannen kann ich mich nicht. Außerdem fühle ich mich underdressed. „Wieso hast du mir nicht gesagt, dass wir in so eine Bar gehen? Dann hätte ich mir was anderes angezogen", beschwere ich mich lahm und Amy lacht mich nur aus. Naja, ich empfinde es so. Sie selber wird mich wohl nicht wirklich auslachen. Vielleicht ein wenig, weil die Situation schon sehr amüsant ist.

„Man du siehst gut aus, Lina. Außerdem hättest du dich nicht anders angezogen, als sonst. So siehst du doch immer aus. Selbst wenn wir feiern gehen. Aber jetzt sag mal. Hast du dich entschieden?", fragt sie mich. Die Musik im Hintergrund ist angenehm laut und wir verstehen uns super. Nur stört mich dieses Liebeslied. Nun gut, als Liebeslied würde ich es nicht gerade einschätzen, aber es hat schon eine wohlige und sogar flirtende Note.

„Ja, ich fliege nicht mit. Es scheint mir ein gewagter Schritt und bereit dazu bin ich nicht", teile ich ihr meine Entscheidung mit und sie nickt.

„Oh man, ich hätte dich auch vermisst. Jetzt ehrlich, was soll ich in dieser Wohnung nur alleine?", fragt sie mich erleichtert. Sie ist auch der einzige Grund, der mich hier hält und das reicht. Wobei... tief in meinem Inneren, auch wenn ich versucht habe es zu unterdrücken, der hält mich hier und das sehr stark.

I See You.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt