Morgen geht Coles Flieger.

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Weinerlich komme ich zu Hause an, weil ich den ganzen Weg über geheult habe. Man, sobald ich denke, es geht nicht mehr schlimmer, geht es doch. Wie soll ich Will je aus meinem Herzen verbannen? Es geht einfach nicht. Es geht nicht.

Viel zu spät merke ich, dass Amy nicht alleine ist und gehe ins Wohnzimmer, wo ich auf Theo treffe. Er guckt gerade zu mir, während er am Fenster steht. Ich schniefe und wische mir die Tränen verärgert weg. Amy kommt aus der Küche. „Oh, Nein. Lina", stürmt sie zu mir. Theo atmet weit aus und geht an uns vorbei.

„Es riecht förmlich danach Will einen Besuch abzustatten", kommt von ihm und schon ist er weg.

„Ach, Lina. Was ist passiert? Ich dachte, du bist bei Cole", versucht sie aus mir rauszubekommen, aber ich schüttle einfach meinen Kopf und setze mich niedergeschlagen aufs Sofa.

„Amy ... ich... es ist so schwer mich gegen ihn zu entscheiden", erkläre ich und bekomme einen mitleidigen Blick. „Er stand vor mir und ich wollte nur zu ihm. Mich in seine Arme werfen. Wieso bin ich nur so dumm?", frage ich und vergrabe mein Gesicht ins Sofakissen.

„Lina du bist nicht dumm. Du liebst ihn nun mal und... so wie es scheint liebt er dich", meint sie leise. „Liebe muss man nicht verstehen. Vielleicht muss man es einfach versuchen, um herauszufinden, ob es zum Scheitern verurteilt ist oder nicht." Ich schüttle energisch meinen Kopf.

„Ich will nichts versuchen. Es tut so weh. Wenn ich das alles noch mal durchstehen muss, gehe ich zu Grunde", weine ich und klammere mich ans Kissen. Amy streichelt mein Haar und ich komme mir vor, wie ein kleines Mädchen, das ihren ersten Liebeskummer durchlebt. Ja, nur erlebe ich meinen ersten Liebeskummer mit Einundzwanzig.

-

Amy ist wieder weg, nach unendlichen Fragen darüber, ob es auch wirklich in Ordnung ist. Natürlich ist es das. Ich liege auf dem Sofa und starre an die Decke.

Will hat den Kinderwagen und die Puppe weggeschmissen. Was hat das zu bedeuten? Geht es mit Blaire Berg auf...? Hätte er mich dann nicht eher versucht von sich zu schieben, statt mich zum Bleiben zu bewegen? Diese ganze Situation kann ich nicht einschätzen und das wollte ich auch nie müssen. Es ist beschissen.

Nur wieso hat er es weggeschmissen? Das macht alles keinen Sinn und so sehr ich versuche etwas Positives darin zu finden, so muss ich mir eingestehen, dass das nur sinnlose Hoffnungen sind.

Es ist...Ja, hoffnungslos. Ich versuche mir einzureden, dass es mit Will sicher wieder klappen könnte, nur... ist das alles reiner Wunschgedanke. So sehr ich Will auch zurück will, umso mehr muss ich mir eingestehen, dass ich die Sache niemals vergessen könnte. Und verzeihen ohne richtig zu verzeihen ist unfair. Mir und ihm gegenüber.

Ach man und außerdem ist da seine Frau. Seine Frau! Man, wieso muss das Schicksal so hart mit mir umgehen? Apropo hartes Schicksal. Meine Mutter ruft an. Gerade habe ich zu allem mehr Lust, als da ranzugehen. Naja, es gibt etwas, dass ich allerdings mehr vermeiden muss als meine Mutter.

Also nehme ich an. „Hallo."

„Du meldest dich nicht und dann melde ich mich. Immerhin muss ich wissen, ob du noch lebst", begrüßt sie mich herzlichst. Nichts geht über eine nette Mutter.

„Danke. Ich lebe", erwidere ich kurz und würzig.

„Gut. Wo bist du? Was machst du?", fragt sie noch immer höchst gespannt.

„Liegen. Zu Hause."

„Gut." Damit legt sie auf und lässt mich allwissend zurück. Ja, ich bin sarkastisch drauf, aber das muss ich sein, um mit dieser ganzen scheiß Situation klar zu kommen. Meine Mutter interessiert sich einen scheiß Dreck um mich und ich schäme mich für diese Wörter. Sowas benutze ich nicht und normalerweise halte ich es nicht für nötig. Doch zur Zeit lässt es mich nicht los und da muss ich sowas einfach rauslassen.

I See You.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt