I See You.

„Damit bestrafst du aber auch mich."

Die Tränen laufen und laufen, ich kann nichts dagegen machen. Doch er nimmt trotzdem nicht an.

Mein Herz macht einen Sprung, als mein Handy doch leuchtet und ich Wills Namen sehe. Ich überlasse nichts dem Zufall und gehe direkt ran. „Will", antworte ich sofort und schniefe. Ich versuche die Tränen wegzuwischen, was mir einfach nicht gelingt.

„Hast du schon geschlafen?", fragt er leise und ich schüttle meinen Kopf.

„Nein", antworte ich schnell. Was für eine Frage? Hat er meinen Anruf nicht gesehen?

„Ich stehe vor deiner Tür und ich..." Ich lege direkt auf und mache mir keine Gedanken um mein kurzes Shirt. Es ist Will, der gerade vor der Tür steht. Eine leise Stimme aber sagt mir, dass ich nicht übereifrig in seine Arme springen sollte. Vielleicht will er ja jetzt Schluss machen? Meine Schritte werden langsamer und ich öffne langsam die Tür. Will steht wirklich genau davor und sofort sehe ich seinen reumütigen Gesichtsausdruck. „Lina", flüstert er und ich schaue ihn vorsichtig an. Die Tür ist nicht ganz offen, weil sie mein Anker ist. Falls mich eine größere Welle trifft, kann ich mich an ihr festhalten. „Ich will mit dir reden", sagt er leise und schaut in den Flur. Natürlich weiß er, dass Amy schläft und eigentlich ist er höflich genug, um nicht laut zu reden. Nach heute Abend, weiß ich aber nicht, wie Will überhaupt tickt. Ich weiß gar nichts mehr.

„Wenn du Schluss machen willst...", fange ich an und schniefe, weil der Kloß im Hals weitere Tränen ins Freie drückt. „...dann mach es jetzt." Für mehr reicht meine Stimme nicht aus. Leider kann ich die Tränen nicht aufhalten. Zu meiner Überraschung, schiebt Will die Tür weiter auf und zieht mich in seine Arme. Er hält mich fest in seinen Armen und es fühlt sich nicht nach Abschied an. Nein, ich kann mich doch nicht einfach von Will trennen und er sich nicht von mir. Wir gehören zusammen. Das spüre ich. „Es tut mir leid, ich war ein kompletter Vollidiot. Wenn jemand Schluss machen kann, dann hättest du dazu das Recht", flüstert er und löst sich von mir. Ich schüttle meinen Kopf, weil ich nichts sagen kann. Wie soll ich denn Schluss machen? „Lina", haucht er eindringlich und umfasst mein Gesicht. „Verzeih mir. Ich war dumm und eifersüchtig. Ich sollte mich selber bestrafen, indem ich dich nicht sehen darf, weil ich dich wie ein Idiot dort stehen lassen habe. Es tut mir leid. Ich hätte es verstanden, wenn du mich nicht sehen wolltest." Ich sehe ihn an und schniefe, versuche einige Tränen wegzuwischen.

„Damit bestrafst du aber auch mich", gebe ich zu bedenken und Will schließt seine Augen, legt seine Stirn an meine. „Es tut mir so leid, Lina", haucht er und küsst mich. Ich klammere mich an sein Shirt und erwidere den Kuss, als wenn es um mein Leben ginge. Was strenggenommen auch so ist. Ich liebe Will und kann mir nicht vorstellen, ihn einfach nicht mehr in meinem Leben zu haben. Was soll ich denn dann machen? Wir lösen uns recht schnell voneinander und Will sieht mich an. „Bleibst du heute hier?", frage ich vorsichtig und schaue ihn an. Ich kann mir vorstellen, wie bemitleidenswert ich aussehe, total verheult in meinem zu großen, doch kurzen T-Shirt. Will braucht lange, um mir eine Antwort zu geben und das scheint sich zu lohnen. Er streicht mein Haar hinters Ohr und küsst meine Stirn.

„Wenn ich darf", antwortet er und ich versuche die Freude erfolglos zu verstecken. Will lächelt, als er das Strahlen in meinen Augen sieht. „Ich bin gleich wieder da."

Ich stehe noch am Rahmen, als ich Will wieder hochgehen sehe. Er nimmt meine Hand und zieht mich in mein eigenes Zimmer. Während er sich im Bad aufhält, sitze ich im Bett und umarme meine Beine. Oh man, wie glücklich ich bin, dass wir das geklärt haben. Gut, nicht alles, aber Hauptsache wir bleiben zusammen.

Will macht das Licht aus, legt sich neben mich und schaut mich an. Ich nehme das als Anlass mich zu ihm zu legen und meine Arme um ihn zu schlingen. Will streichelt mein Haar und zieht mich enger an sich. „Ich bin viel zu gerne bei dir", flüstert er und ich schließe meine Augen.