,,Du bist mein Mittelpunkt."

2.6K 95 6
                                    

Die Tränen kann ich nicht zurück halten. Wer kann das auch schon? Nicht Einen Gedanken habe ich daran verschwendet jemals Onkel Fred zu begraben. Was natürlich der Lauf der Dinge ist... trotzdem unerträglich.

Der Pfarrer macht seine Sache gut und ich bin froh, dass Cole ihn ausgewählt hat. Es ist, als hätte er Onkel Fred gekannt und doch ist es nicht so. Einen egoistischen und dummen Gedanken lasse ich trotz alle dem zu... Wie gerne ich doch Will hier hätte. An meiner Seite, der mich tröstet und in Arm nimmt. So schnell wie der Gedanke sich eingeschlichen hat, so schnell verscheuche ich ihn.

Cole sagt ein paar Worte und kommt dann wieder zu mir in die hinterste Reihe. Ich versuche mir erfolglos die Tränen wegzuwischen, da Cole mich ansieht und keine Träne verdrückt. Bin ich nur zu schwach und weichgekocht?

Dann sieht er aber weg und nimmt meine Hand. Sanft drückt er sie und ich schaue ihn an, wie er starr nach Vorne sieht. Komischerweise macht es mir nichts aus, denn ich denke, das brauchen wir zwei gerade beide. Die letzten Tage haben wir uns nur um die Beerdigung gekümmert und das hat mich ausgelaugt. Cole hat es von Anfang an gemacht und ich will mir nicht vorstellen können wie hart das Alles für ihn ist.

Cole drückt seine Gefühle anders aus und vielleicht muss er nicht weinen, um zu trauern. Ich umso mehr. Er wollte hiernach wegfahren. Vermissen werde ich ihn tatsächlich schon. Erst jetzt verstehen wir uns so gut und dann geht er auch wieder. Solange es ihm damit gut geht, soll er fahren.

-

Ich liege demotiviert auf dem Sofa und schalte Sender um Sender weiter. Langweilig ist mir nicht. Das ganz und gar nicht. Machen will ich nichts. Das ist gerade mein Problem. Amy ist gegangen. Wohin wollte sie nicht sagen, aber ich weiß doch, dass sie Theo vermisst. Dauernd saß sie neben mir, jetzt hat sie endlich begriffen, dass sie Theo braucht. So wie ich Will brauche, aber diesen Gedanken darf ich mir nicht erlauben. Er zieht mich runter. Noch mehr als sowieso schon.

Die Uni habe ich total vernachlässigt, aber ich will auch nicht damit aufhören. Ich habe gerade nicht den Drang dazu mich aufzuraffen. Die Prüfungen liegen noch weit in Ferne. Das ist meine Beruhigung.

Fast zwei Wochen ist es her und trotzdem sind nicht alle Wunden geheilt... gefühlt keine. Dabei dachte ich, es geht schneller über Will hinwegzukommen.

Onkel Fred schrieb, ich soll auf mein Herz hören. Es sagt, ich soll zu Will rennen, aber das kann ich nicht, weil mir die Vernunft viel hilfreicher ist.

Ach mano. Vielleicht gehe ich einfach etwas spazieren. Ja. Das mache ich.

Der Sommer endet spürbar. Es regnet. Meine Beine führen mich, mein Verstand hat da kein Mitspracherecht. Da bin ich eigentlich ganz froh, denn Nachdenken ist das was ich am Wenigsten möchte. Einfach abschalten und durch den Regen gehen.

Cole meinte, er entscheidet nach seinem Trip, was aus der Kneipe wird. Ich könnte soetwas niemals entscheiden. Egal was er aber macht, Onkel Fred wär niemals enttäuscht. Bei Cole ist die Kneipe in guten Händen.

Gerne würde ich mich, wie viele andere auf irgendetwas stürzen. Arbeit oder... zumindest Alkohol, um kurz zu vergessen, was den Schmerz in meiner Brust auslöst. Leider oder zum Glück der Anderen, denke ich, kann ich das nicht. Ich versinke in eine Art Faullenzerin. Das trifft es wohl ganz gut. Mit Disziplin hat das wenig zu tun, was ich tagelang mache. Wieso auch? Es ist gerade egal was ich mache, weil mich nichts weiterbringt. Es wirft mich sowieso wieder zurück.

Genauso zurück wie der Gang. Ein Blick nach Vorne zeigt mir wo ich gestrandet bin. Unfassbar. Meine Beine haben mich hierher gebracht... zu Will. Meine Vernunft will zurück gehen, aber alles andere bleibt wie Angewurzelt stehen. Das kann einfach nicht wahr sein. Wie kann das alles eine Lüge gewesen sein? Schon wieder will ich weinen, weil ich nichts von Dem wahrhaben will oder eher kann. Mein Herz hat vergessen, dass er eine Frau hat. Mein Herz will den Worten glauben, die er mir gesagt hat. Mein Herz will einfach nur Will.

I See You.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt