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"Und? Hast du jetzt mit ihr geredet?", fragte ich Timi.

Man hörte schon an seiner Stimmlage, dass er das Thema nicht ansprechen wollte. "Ach Baby, weißt du, ich bin halt noch nicht dazu gekommen", kam es von der anderen Seite des Hörers.

Er meinte, er habe Gefühle für mich, ich wollte aber, dass er vorher mit seiner Freundin schluss machte. Da das aber schon drei Wochen her war, war ich von dieser Antwort nicht wirklich überrascht.

"Lass mich doch zu dir kommen und wir reden darüber", meinte er als keine Antwort von mir kam. Ich wollte ihm erst meine Adresse geben, wenn er fertig war, da ich mir nicht sicher war, ob ich mich zurück halten könnte, wenn er es drauf anlegen würde.

"Weißt du was?", versuchte ich anzufangen. Ich wollte das jetzt einfach sagen, bevor ich realisierte, was ich da sagen wollte. Einfach um es einfacher zu machen. "Vielleicht sollten wir das einfach lassen." Meine Stimme brach ab und Tränen sammelten sich in meinen Augen. "Anscheindend bin ich dir ja nicht wichtig genug."

"Nein, Saskia, warte, ich versprech's dir. Ich-"

"Vergiss es einfach", unterbrach ich ihn. Er sagte noch irgendwas unverständliches, als ich so schnell ich konnte auflegte.

Jetzt liefen mir die Tränen über die Wangen. Es tat so weh zu realisieren, was ich gerade gesagt hatte. Es ist das Beste. Da bin ich mir sicher. Ich lass mich sicher nicht ewig hin halten. Und wenn er lieber mit seiner Freundin zusammen war, dann sollte es so sein. Damit musste ich jetzt halt leben.

Ich schmiss mein Handy vor mir auf's Bett und wischte mir die Tränen von den Wangen.

******

Ich wurde mitten in der Nacht vom Klingeln an meiner Haustür geweckt. Als ich mich endlich dazu aufraffen konnte an die Tür zu gehen, hörte das Klingeln auf.

Ich ließ mich wieder zurück in's Bett fallen, bis das Klingeln kurze Zeit später durch dauerhaftes Klopfen ersetzt wurde.

Genervt und übermüdet stand ich auf. Derjenige kann sich jetz mal auf was gefasst machen.

Ich öffnete die Tür und konnte meinen Augen nicht glauben.

Da stand Timi. Er hatte einen Strauß Rosen in der Hand und schwankte leicht von links nach rechts. Er war also besoffen. Na toll.

Mein Herz fing direkt wieder an schneller zu schlagen.

"Woher weißt du...", mehr bekam ich nicht raus.

"Marie hat mir deine Adresse gegeben, weil du mich ja überall blockiert hast", lallte er mir entgegen. Sein Lispeln, das ich so süß fande, wurde durch den Alkohol und bestimmt noch durch andere Stoffe, nur noch schlimmer.

Er drängelte sich an mir vorbei, in die Wohnung. Dann drehte er sich um, drückte mir die Rosen in die Hand und redete weiter nachdem ich die Tür geschlossen hatte.

"Ich hab mich von ihr getrennt. Ich will doch nur mit dir zusammen sein."

Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Er überforderte mich mit dem Ganzen einfach.

Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich einfach. Ja, ich liebte diesen Mann. Ich konnte es einfach nicht mehr verleugnen.

Ich musste grinsen, ließ die Rosen fallen und klammerte mich an ihn. Fuck, hab ich ihn einfach nur vermisst.

Der Kuss wurde immer intensiver. Er wanderte mit seinen Händen zu meinen Hüften. Ich hingegen krallte meine Finger in seinen Haaren fest.

Er drückte mich an die Wand und hob meine Beine an, die ich dann um sein Becken schlang.

Als er es geschafft hatte mein Schlafzimmer zu finden, schmiss er mich auf's Bett und wir fingen an uns gegenseitig auszuziehen.

Er lag schon nur noch in Boxershorts auf mir, als ich meine Lippen von seinen löste und ihn angrinste: "Hast du Kondome dabei?"

Er schüttelte den Kopf.

"Ich hab bestimmt noch welche von meinem Ex, aber von dem, was ich bis jetzt spüre, würde ich sagen, die passen dir nicht", sagte ich lachend und versuchte im Liegen in der Schublade neben meinem Bett die Kondome zu finden.

Er vergrub sein Gesicht an meiner Brust. Dann merkte ich, wie er anfing zu zittern und leise zu schluchzen. Seine Hände krallten sich links und rechts von mir in die Bettdecke.

Perplex lag ich unter ihm, unwissend was ich machen sollte. Ich spürte, wie seine Tränen auf meine Haut liefen.

"Ehm Timi, was ist los?", fragte ich vorsichtig und fing an ihm -hoffentlich beruhigend- seinen Bart zu kraulen, als er sich mit dem Kopf zu mir drehte.

"Ich bin ein Wichser", lallte er immernoch. Durch das Schluchzen wurde er sogar noch unverständlicher.

Auf meine Frage, warum er das denkt antwortete er: "Ich bin ein depressiver, lauchiger Junkie. Ich hab anscheinend 'nen kleinen Schwanz und ich bin ein Lügner. Ich hab mich nicht von ihr getrennt." Er bekam einen erneuten Heulkrampf. Und auch ich musste versuchen meine Tränen zurück zu halten. Ihn so zu sehen machte mich fertig. Außerdem hatte er mich verarscht. "Bitte hass' mich nicht", flüsterte er leise.

"Pschscht.. Is' alles gut.", sagte ich genauso leise und strich ihm durch die Haare. "So meinte ich das doch nicht. Die Kondome, die ich noch hab sind verdammt klein." Das war das einzige, auf das ich antworten konnte.

"Ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte", fing er an. "Ich hab beschissene Depressionen, die ich die ganze Zeit versucht habe durch Drogen zu unterdrücken. Du bist aber die einzige Droge, die mir hilft." Er versuchte sich auf seinen Ellenbogen abzustützen, sodass er mir in die Augen gucken konnte.

Ich wischte ihm die Tränen von den Wangen. "Warum verlässt du sie dann nicht einfach?"

Erneut brach er zusammen und vergrub sein Gesicht wieder an meiner Brust, begleitet von einem erneuten Heulkrampf.

Ich versuchte ihn irgendwie zu beruhigen.

"Ich hab Angst, dass sie mir meine Kinder wegnimmt.", sagte er nach einer Weile, in der man nur sein Schluchzen und meine hoffentlich beruhigenden Geräusche hören konnte.

"Aber sie kann sie dir nicht einfach so wegnehmen. Du hast ein Recht darauf, deine Kinder zu sehen."

"Das interessiert sie aber nicht", sagte er etwas lauter und schaute mir wieder in die Augen. "Sie weiß, was ich alles so mache. Sie könnte locker damit vor Gericht gehen. Auch wenn's da dann nicht mal um die Kinder geht. Sie könnte mich in den Knast bringen."

Ich konnte ihn irgendwie davon überzeugen, dass ich mit ihm nach Bielefeld kommen und mal mit seiner Freundin reden würde. Er hatte zwar nicht so viel Hoffnung, ich dachte aber, dass es vielleicht was bringen könnte.

Ich würde einfach alles für diesen Mann machen.

Heiliger TimääähWo Geschichten leben. Entdecke jetzt