Kapitel 17

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Das leise dumpfe Klopfen war durch die geleierten Worte kaum zu vernehmen und doch war Nalas komplette Aufmerksamkeit darauf gerichtet. Wobei dies zu viel gesagt war. So glich ihr geistiger Zustand eher der Phase zwischen Schlaf und dem endgültigen Dilirium, in welches sie abzusinken drohte. 

Die Temperatur im Vorlesungsraum stieg mit jedem weiteren Wort, welches der Professor an die Tafel zeichnete. Sprach man das Gekrakel laut aus, würde es vermutlich einen Dämon heraufbeschwören.

Einzig einen müden Blick warf Nala erst nach vorn, dann auf ihre eigenen Aufzeichnungen. Das Blatt gähnte sie an und ein weiteres Mal widmete sie sich dem Klopfen am Fenster. Eine kleines und extrem dummes Examplar von Fliege flog unaufhörlich gegen die Glasscheibe, unmittelbar neben Nala. Wohlgemerkt war das Fenster offen, doch schien das Tier dies nach einigen Anflügen nicht zu bemerken.

Das traumhafte Wetter lockte gradezu heraus aus dem stickigen Raum, in dem selbst der Luftzug ins Nichts verwehte. Genau wie Nalas Gedanken.

Dabei war sie erleichtert, dass sie geistig unbeschwert umherstreifen konnte. In der letzten Zeit wurden ihre Gedanken viel zu oft von einer einzigen Person beherrscht und eben diese brachte sie mehr aus dem Konzept als ihr lieb war. 

Eine Woche war vergangen seitdem sie Mark das letzte Mal gesehen hatte und eigentlich dachte Nala jede Stunde ein wenig anders an die Ereignisse. Auf eine skurrile Art und Weise empfand sie es als Ehre, wie sehr er sich ihr geöffnet und seine Bedürfnisse offen auf den Tisch gelegt hatte, gleichzeitig kam mit der Wahrheit die Verantwortung. Beim Abschied hatte er ihr noch einmal eingeschärft, dass sie sich zu nichts gezwungen fühlen sollte und das man über alles reden konnte.

Und genau da lag ein Teil des Hakens. Das was sie taten sollte in beidseitigen Einvernehmen stattfinden. Nala war hin- und hergerissen. Vielleicht war der Gedanke, wie Mark sie fesselte, sie gefügig machte, sie auf eine unbeschreibliche Art und Weise quälte und strafte, in ihrer Fantasie nicht abwegig, sondern vielleicht sogar anfachend, aber in Wirklichkeit schlich sich die Unsicherheit zwischen die Vorstellung. Die Angst beherrschte sie und alles Kommende und doch war da eine gewisse Neugier.

Bevor sie weiter das Pro und Contra abwägen konnte, wurde Nala durch das Scharren und Schieben von Stühlen aus der Trance gerissen. Der Raum leerte sich zunehmend, die Vorlesung war vorbei. Erleichtert trat auch Nala, inklusive Tasche hinaus und anschließend ins Freie. Sonne strahlte ihr entgegen, das Gras war fast getrocknet unter ihren Sohlen. Einige Studenten fläzten sich im Gras, voller war es am Brunnen. Das Gekreische übertönte den Gesang der Vögel.

Mit einem kurzen Blick aufs Handy bemerkte Nala nicht nur eine neue Nachticht, sondern auch eine Benachrichtigung. Augenblicklich schlug ihr Herz ein wenig höher, denn Mark war auf Instagram aktiv geworden. Das erste Lebenszeichen seit einer Woche. Viel zeigte der von ihm geteilte Ausschnitt nicht, einzig das Studio und dass der Name an seiner Gardrobe falsch geschrieben war und ihn das fehlende R zu verärgern schien.

Nala seufzte laut und fühlte sich nur noch elender. Aufmunterung brachte die Nachricht. Rose wartete beim Eiscafé in der Nähe auf sie. Das einzige Problem war, dass Nala zwar erzählt hatte, dass zwischen Mark und ihr ein wenig mehr als Händchen halten gewesen war, aber wie viel mehr da vielleicht noch kam und vor allem in welcher Art behielt sie zur Zeit lieber für sich. 

Rose begrüßte sie freudig, kaum dass Nala sich dem Café näherte. Seit zwei Tagen verpassten sie einander in der Wohnung stets.

„Hab fast vergessen, wie du aussiehst.", witzelte Nala und bestellte sogleich. Rose hatte ihre Portion fast schon eliminiert.

„Ich habe zwischendurch ein Foto von dir herausgeholt.", scherzte Rose, „Aber erzähl, gib mir mal ein Updates!"

„Da gibt es nichts.", seufzte Nala, „John geht mir endlich aus dem Weg, ich hab die Vorlesung mit einer Fliege verbracht und Mark hat scheinbar sein Handy wiedergefunden."

Fifty Shades of ForsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt