Kapitel 12

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Es war als würde sie fallen. Mit einem Ruck und einem schrecklich flauen Gefühl im Magen erwachte Nala und fuhr auf.

Es war nicht dunkel, sondern angenehm hell und Erleichterung machte sich breit. Sie musste in ihrem Zimmer sein. Wo sonst? Erst nach einigen Blinzeln bemerkte sie die blaue, marmorierte Tapete. Das seltsame Mobiliar.

Nicht ihr Zimmer. Panisch sah sie sich um. Das Bett war gigantisch, jedoch vollkommen ordentlich. Wo war sie?

Ihre Gedanken kehrten zurück. Die Feier. John mit seiner aufdringlichen Arbeit. Wie schlecht ihr geworden war und sie hinterher offenbar zusammengebrochen war. Irgendwann war Mark aufgetaucht. Oder war dies ein Teil ihrer wilden Fantasie?

Zitternd schwang sie die Beine aus dem Bett, stellte fest, dass sie noch die stinkenden Klamotten mit dem Maracuja Aroma trug. Wer auch immer sie mitgenommen hatte, hatte es nicht gewagt sie auszuziehen.

Das Zimmer verriet nichts über den Besitzer. Keine Fotos, keine Bilder. Es war vollkommen schlicht und jagte ihr irgendwie Angst ein. Bis auf die Tatsache, dass es einen begehbaren Kleiderschrank hatte. Das schränkte die Auswahl an Menschen, welche es besitzen konnten ein.

"Oh Gott, bitte lass es nicht John sein.", murmelte sie. Allein die Vorstellung in einem der oberen Stockwerke der Villa festzusitzen ließ sie erschaudern. Eine absolute Horrorstellung und sie wollte niemals mit ihm allein sein. Angst machte sich in ihr breit, als sie die schwere, vollkommen weiße Tür öffnete und auf den langen Flur trat.

Verschiedene Türen an den Seiten mündeten in andere Zimmer. Sie wagte nicht an eines zu klopfen und schlich, barfuß, zerzaust und mit verlaufenem Make Up den Gang entlang und hoffte, dass ihr irgendjemand entgegenkam.

Der mit Laminat ausgelegte Flur mündete in einen riesigen Raum, mit weiten Fenstern. Eine Seite war komplett gläsern, offenbarte den Blick auf ein einsames Wäldchen. Alles war grün außen. Ein kleiner Wintergarten lag weit links. Wirklich gepflegt sah er allerdings nicht aus. Einige Pflanzen ließen matt den Kopf hängen und Nala fühlte sich ähnlich.

"Willkommen zurück bei den Lebenden."

Die Stimme ließ sie zusammenschrecken und hastig wandte sie sich um. Es war grenzenlose Erleichterung Mark in einem anderen Türrahmen, am Ende des Raumes lehnen zu sehen. Er hielt sein Handy in der Hand und schien selbst im Schlafanzug zu stecken. Das ausgeleierte Shirt war halb durchsichtig, die Jogginghose saß locker auf seinen Hüften und auch er war barfuß. Allein die Cappy saß wie immer.

"Mmhpfa?", brachte sie irgendwie hervor. Ihr Hals war trocken und ihre Zunge nur Schleifpapier.

"Du hast ordentlich getankt.", stellte er mt erhobener Augenbraue fest, trat näher. Verdammt. Prompt stieg die Hitze in ihr auf und sie wusste nicht mit dem Gedanken umzugehen, dass er es war bei dem sie Zuflucht gefunden hatte.

"Es war nur ein Glas.", gab sie leise zurück und war sich da hundertprozentig sicher, "Ich schwöre..-"

Mit ihren Worten wurde sein Ausdruck ernster, er runzelte die Stirn.

"Ein Glas?", hakte Mark nach, stand nun direkt vor ihr, "Niemand ist von einem Glas derartig dicht wie du."

"Anscheinend schon.", murmelte sie und wagte es nicht ihn anzusehen. Offenbar hatte er die Fähigkeit sie zu röntgen und schaffte es, dass sie sich nach dem kleinen Desaster tatsächlich schlecht fühlte.

"Dann sind wir jetzt quitt.", seufzte Mark, fummelte hinten am Verschluss der Cappy. Seine Haare wirkten so unglaublich lang am Hinterkopf und Nala spürte das heftige Bedürfnis hineinzugreifen. Wie konnte es sein, dass sie nach allem seine Nähe so sehr suchte?

"Abgesehen von..-", begann sie, stoppte jedoch mitten im Satz. Mark holte tief Luft und ihr blieb der Atem weg, als er sich kurz auf die Lippe biss.

"Du bist immer noch sauer.", stellte er seufzend klar. 

"Natürlich!", entfuhr es ihr, "Wenn du dich wie ein Fuckboy und das letzte Arschloch auf diesem Planeten verhältst? Mal abgesehen davon warst du schon beim Höhepunkt dabei dich anzuziehen und so viel Dreistigkeit muss man erstmal besitzen!"

"Beruhig..-", warnte er, doch sie sah es gar nicht ein. Der Restalkohol schien ihr den Mut zu verleihen, den sie brauchte, um ihm ihre Gedanken ins Gesicht zu schleudern.

"Ich beruhige mich gar nicht!", erwiderte sie, "Du hast dir nicht mal die Mühe gemacht und eine Ausrede erfunden!"

"Was hätte ich denn sagen sollen?", gab er spöttisch zurück, "Sorry, mein Goldfisch ist ertrunken und ich muss gehen?"

"Zum Beispiel! Anstatt irgendeine dramatisch Ansage in den Raum zu werfen wie bei einer dieser gehypten Netflix Serien, von wegen, dass du nicht jemand bist, mit dem man die Nacht verbringen möchte!"

Mark schwieg. Kurz sah es aus, als wolle er einen Spruch erwidern, doch tatsächlich sagte er nichts, taxierte sie nur forsch.

In ihm wehrte sich alles einfach ruhig stehen zu bleiben. Innerlich bebte er, seufzte jedoch nur. Sie ließ nicht locker. Sie schrie ihn an, als wäre er ein vollkommen normaler Typ den sie irgendwo hinter einer Imbissbude aufgelesen hatte. Allerdings wich ihr Kampfgeist unmittelbar.

"Wo isn das Bad?", murmelte sie kreidebleich und er nickte in die Richtung aus der sie gekommen war, "Zweite Tür."

Mit schnellen Schritten wie es ihr möglich war, verschwand Nala. Ganz verarbeitet hatte sie den Alkohol nicht und ohnehin hatte Mark länger den Eindruck, dass noch etwas anderes außerdem im Spiel war. Was wusste er nicht und wie es den Anschein hatte sie selbst ebenso wenig.

Nachdenklich sah er ihr nach, fragte sich selbst, wie es weit kommen konnte. Sie war noch so jung, studierte grade einmal. Gleichzeitig hatte sie diese devoten und doch trotzigen Züge, die ihn so sehr reizten.

Mark seufzte in die Stille, zum wiederholten Male, hasste sich selbst für die Tatsache, dass er sie dafür bewunderte wie sie ihn behandelte. Weder war sie besonders verschreckt, noch versuchte sie ihn zu beeindrucken. Die traurige Wahrheit war, dass Nala eine der wenigen war, welche ihn sahen und nicht die Rolle die er als Sänger verkörperte.

Sie hatte ihn angefaucht, war stocksauer als er sie hatte stehen lassen als, dass sie durch die Welt flog und behauptete Mark Forster hatte mit ihr geschlafen.

Gleichzeitig brannte wieder dieser heftige Wunsch hinter der Oberfläche, etwa dass er viel zu lange zurückhielt. Es wäre Irrsinn sich ihr anzuvertrauen. Andererseits konnte sie nicht mehr als die Flucht ergreifen. Ohnehin machte Nala auf Mark den Eindruck, dass er bei ihr verspielt hatte. Was hatte er weiter zu verlieren?

"Ich muss verrückt sein.", murmelte Mark leise vor sich hin, begann auf und abzugehen. Hin- und hergerissen zwischen der Möglichkeit ihr alles zu offenbaren und den Kontakt schlichtweg abzubrechen.

Da draußen gab es tausend andere die sich gegen Bezahlung zum Schweigen verpflichteten und ihm quasi jeden Wunsch von den Augen ablasen. Doch war es genau dass, was Mark nicht wollte. Die Herausforderung lockte, ließ ihn unvernünftig werden.

Leise Schritte wehten zu ihm, kamen näher und ihm war bewusst, dass er seine Entscheidung getroffen hatte.

Fifty Shades of ForsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt