Kapitel 4

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"Was?" ich wischte mir die Tränen, die sich in meinen Augen gesammelt hatten, weg.
Kylan King beobachtet mich doch nicht. Warum sollte er das?
"Da! Schon wieder schaut er hier her! Oh mein Gott Sunny, DER Kylan King will was von dir!" flüsterte sie mir aufgeregt zu und hüpfte auf ihrem Stuhl herum.
"Nein? Er schaut doch nur hier her, das ist nicht gleich ein Heiratsantrag. Vielleicht sieht er ja auch zu dir und nicht zu mir?" flüsterte ich ihr zu, obwohl er uns nicht hören konnte, und fummelte unsicher am Kreuz meiner silbernen Kette rum.

"Glaub mir, ich gehe schon seit Jahren mit ihm auf die gleiche Schule und er hat mich noch nicht einmal mit dem Arsch angeguckt." schnaubte sie und nahm den letzten Bissen ihres Käsebrotes.

„Vielleicht hat er dich jetzt erst richtig wahrgenommen und will ein Kind von dir?" schmunzelte ich und zog den Reißverschluss meiner Schultasche zu.
"Wir haben jetzt Kunst" sagte ich eher zu mir selbst als zu Mia, während ich den Stundenplan inspizierte und gleichzeitig aufstand. Ich faltete den Stundenplan zusammen und steckte diesen dann in meine Jackentasche, in der sich mindestens 10 Verpackungen meiner Lieblingsbonbons befanden. Die hatte ich immer in dem Teeladen um die Ecke gekauft. Die Besten der Besten sind das.

Den Müll muss ich auch mal wegwerfen.

Ich sah sie erwartend an. Sie verdrehte die Augen und seufzte. "Ich komm ja schon" Sie erhob sich und schulterte ihren Rucksack.

Den stechenden Blick einer bestimmten Person nicht bemerkend,verließen wir gemeinsam die Cafeteria.

————

Die letzten zwei Stunden hatten wir Biologie, eines der Fächer, die ich sogar sehr interessant fand. Der menschliche Körper und alles. Ich wollte nämlich schon seit ich klein war, Krankenschwester werden und mich um verletzte und kranke Menschen kümmern. Die Vorstellung, Menschenleben retten zu können, zaubert mir auch heute noch ein Lächeln ins Gesicht. Auch in diesem Kurs saß ich mit Mia zusammen, was ziemlich amüsant war, da sie sich die gesamte Zeit über das schreckliche Outfit der Biolehrerin aufregte.
"Streifen und Punkte kann man doch nicht zusammen anziehen! Hat die überhaupt einen Spiegel oder so etwas in der Art zuhause? Oh Gott Sunny, bitte halt mich zurück bevor ich sie gleich noch anspringe und den hässlichen Pullover zerreiße." murrte sie und hielt sich die Stirn. Ich unterdrückte das Lachen und versuchte mich auf die Aufgabe zu konzentrieren.
Die arme Miss Cooper.

Die beiden Stunden gingen schnell vorbei und ehe ich mich versah klingelte es zum Schulschluss.
Wir verstauten unsere Sachen und machten uns auf den Weg zum Parkplatz, auf dem mein heiß geliebter Fiat 500 schon auf mich wartete. Ich weiß, es ist kein sehr tolles Auto und ich habe es vor einem halben Jahr gebraucht gekauft, jedoch habe ich ganze drei Jahre für dieses Auto gespart und ich liebe es einfach abgöttisch. Es ist einfach toll überall selber hinfahren zu können, ohne immer den Vater fragen zu müssen oder eine überteuerte Busfahrkarte zu kaufen, um mit dem Bus zu fahren.

Ich gab Mia noch meine Handynummer, damit wir später schreiben konnten und verabschiedete mich mit einer herzlichen Umarmung von ihr. Ich schloss mein Auto auf, schmiss meinen Rucksack auf die Rückbank und machte es mir hinter dem Steuer bequem.
Ich ließ meinen Blick noch ein mal über den Parkplatz schweifen und blieb an zwei hellgrünen Augen hängen.

Er schaut genau zu mir.

Bei dem Gedanken machte mein Herz einen Purzelbaum.
Warum? Ich weiß es nicht.

Einige Momente schauten wir uns einfach nur an.
Er zog einmal tief an seiner Zigarette, pustete den Qualm aus, was zugegeben super heiß aussah und widmete sich wieder den Gesprächen seiner Freunde.

Als hätte man mich aus einer Art Trance geholt, startete ich den Motor und fuhr aus der Parklücke.
Auf dem Weg nachhause versuchte ich mich mit Musik von diesen wunderschönen Augen ab zu lenken.

"Bin wieder da!" reif ich durchs Haus und ließ die Tür ins Schloss fallen.
"Küche" ertönte die helle Stimme meiner kleinen Schwester Emily aus der Küche.
Ich streifte mir meine Sneaker von den Füßen und machte mich auf den Weg in die Küche, aus der ich schon einen leckeren Geruch ausmachen konnte. Emily stand in ihrer grünen Jogginghose und den schwarzen Pullover von Dad hinter dem Herd und rührte die Tomatensoße um.
"Na Em, wie war dein erster Tag?" ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und füllte mir ein Glas mit Leitungswasser.
"Es ging. Ich hab ein paar nette Mädchen kennengelernt und wurde von allen ganz gut aufgenommen. Die Lehrer sind alle auch ganz okay und bei dir?" sie goss das kochende Wasser im Topf aus. Ich holte zwei Teller aus einen der obersten Schränke und stellte sie auf den Esstisch.
"Ebenfalls ganz okay. Hab ein Mädchen kennengelernt, Mia ist ihr Name. Komplett verrückt ist sie" lachte ich und musste an die Situation im Biologieunterricht denken.
Ich nahm das Besteck aus der Schublade und legte sie neben unsere Teller, während Em die Nudeln und die Soße auf dem Tisch platzierte.
"Na dann guten Appetit." säuselte ich und belud mein Teller mit Essen und Em tat es mir gleich.
Während Emily weiter von ihrem Schultag berichtete, kam ich nicht drum herum zu bemerken wie erwachsen sie schon war. Sie war nun mal nicht mehr das kleine Mädchen ,das nach der Schule mit Puppen spielen möchte.
Mum wäre so stolz auf sie, wenn sie sehen würde, wie sehr sie schon auf eigenen Beinen stehen kann, jeden Morgen alleine mit dem Bus zur Schule fährt und für uns beide kocht, weil ich nicht die Zeit dafür finde oder dass sie an einigen Tagen sogar selber den Haushalt schmeißt und das mit ihren gerade mal dreizehn Jahren.
Ich bin so unendlich froh darüber, dass Mums Tod unsere Familie nicht zerstört, sondern noch mehr zusammengeschweißt hat.
Sie wäre so stolz auf uns alle.

"Warum Lächelst du so?" grinste Em und schluckte ihre Nudeln runter.
"Ich grinse so, weil ich mich so für dich freue, dass dir deine neue Schule gefällt und dir der Umzug nichts ausmacht. Wenn du glücklich bist, bin ich es auch."

Nachdem wir gemeinsam abgewaschen haben und ich meine Hausaufgaben erledigt hatte, lagen wir zusammen auf dem Sofa und schauten uns ICarly an. Obwohl die Serie nicht mehr weiter produziert wurde und sie für eine jüngere Altersgruppe gedacht war, schauten wir diese Serie immer wieder. Ich glaube wir hatten die jetzt schon ein achtes mal durchgeguckt.
Aber das war so ein Ding zwischen uns. Einmal in der Woche mindestens eine Folge ICarly.

"Gibt es auf deiner Schule eigentlich heiße Jungs?"

SUNNYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt