Jungkook
Nicht nur nachdem ich Jimin an diesem schier so unbedeutenden Dienstagvormittag kurzzeitig -Nun ja, inwiefern es sich bei einer vollständigen Pause um eine kurze Zeitspanne handelte, darüber konnte man sich sicherlich streiten- aus den Augen verloren hatte, sondern ebenso an dem folgenden Tag, sprich heute, schien jeder der vermeintlichen Fortschritte, welche ich im Laufe der Zeit bei der Kommunikation des Blonden mit meiner Wenigkeit festzustellen geglaubt hatte, wie in Luft aufgelöst, ja sogar in das Gegenteil gekehrt.
Dieses winzige, zaghafte, aber eben dennoch präsente Lächeln, das nicht mir sondern Jaemin galt wäre mir vielleicht gar nicht so extremst gegen den Strich gegangen, wenn seine Mimik sich nicht jedes Mal auch nur im Falle eines flüchtigen Blickes meinerseits in das exakte Gegenteil verwandeln würde; die ohnehin schon bleiche Haut nicht jegliche Reste an Farbe verlor und die Größe seiner angsterfüllten Pupillen nicht in das Unermessliche stieg.
Aber so wie in der momentanen Lage, in welcher die obig genannten Fakten leider nichts Anderem als der bitteren Wahrheit entsprachen, kam ich nicht umher, mir doch erneut die von brennendem Interesse angetriebene Frage nach dem Grund seines Verhaltens zu stellen, von der mir nur allzu gut bekannt war, dass eine Antwort in weiter Ferne lag.
"Durch welche Krise geht eure dramatische Rtl-Romanze denn heute wieder?", zerstörte, nicht wie in gewohnter Weise mein bester Freund, aber dennoch kein Stück an der Nervenaufreibung einsparend dessen heiß verehrter Thailänder meine nicht wirklich für Klarheit sorgenden Gedankengänge, woraufhin ich ihm einen solch dunkle Schwingungen verbreitenden Blick schenkte, dass selbst er, der sonst nie um eine freche Antwort verlegen war, seine Grenzen als solche erkennen musste und abwehrend die Hände erhob, im Versuch, der Situation die Bedrohlichkeit zu entnehmen.
"Wow, kein Grund mich hier gleich imaginär niederzulasern, es war nur eine Frage. Und nebenbei, falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Wir müssen jetzt zum Chemieraum."
Ein tiefer Seufzer bahnte sich den Weg aus meinem Brustkorb an die Außenwelt, als könnte er all die Sorgen und Gefühlschwankungen mit sich nehmen, welche Yugyeom großzügig als 'Liebe' zu betiteln pflegte.
Besagter dackelte BamBam übrigens bereits im Augenblick von dessen Abgang wie ein treudoofes Hündchen hinterher und obwohl ich mir tief im Inneren einzugestehen hatte, dass meine eigenen Handlungen rund um Jimin dem nicht unbedingt allzu fern lagen, so konnte ich nicht davon absehen, jenes mit einem abwertenden Kopfschütteln zu kommentieren.
Mich mental schon darauf vorbereitend, im anstehenden Chemietest, an den ich mich noch dunkel zu entsinnen meinte, voraussichtlich ein leeres Blatt zur Abgabe bringen zu müssen, unterbrach mich Lisa, deren Anwesenheit mir nicht im Geringsten aufgefallen war, inmitten meines ohnehin bereits reichlich verspäteten Gang aus dem Klassenraum.
"Ehm...Jungkook? Es tut mir leid, dass ich dich ausgerechnet jetzt noch aufhalten muss, aber es ist wirklich wichtig. Es gibt jemanden, der unbedingt mit dir sprechen muss."
Ihr silberfarbenes Mobiltelefon aus einer Preisklasse, die ich mir lediglich erträumen konnte und von dessen Bildschirm mir grell der Anruf mit einem Kontakt unter dem Namen 'ChiChu♡' entgegen leuchtete wurde mir auffordernd entgegengestreckt und ohne auch nur eine Einzelheit dieser mehr als nur skurrilen Umstände zu hinterfragen, meldete ich mich mithilfe eines simplen "Hallo?"
"Jungkook, bitte leg jetzt nicht sofort auf, auch wenn du sicherlich gute Gründe dafür hättest. Es geht um Jimin und du solltest dir wirklich anhören, was ich zu sagen habe.", sprach die Stimme, die zu vergangenem Zeiten den Grund für Schmetterlinge in meinem Magen dargestellt hatte, obwohl jedes dieser süßlichen Worte, das sie mir einzuflößen pflegte in Wahrheit nur der Intuition einer folgenden Liebschaft entsprach.
"Ich wüsste nicht, dass es da noch irgendwas zwischen uns zu klären gäbe, Jisoo. Ich habe dich geliebt, aber du nicht mich, sondern ihn. Du hast mich zerstört, ich habe ihn zerstört. All das ist längst vergangen, also lass die alten Geschichten dort ruhen, wo sie hingehören. Und das ist mit Sicherheit nicht die Gegenwart."
Im Augenwinkel beobachtete ich, wie die eigentliche Besitzerin des Telefons in meinen Händen sich klammheimlich aus dem Raum entfernte, ließ jene Begebenheit jedoch unkommentiert, da es wohlweislich wichtigeren Dingen Aufmerksamkeit zu schenken galt.
Meine ehemalige Freundin am anderen Ende der Leitung wirkte nicht unbedingt gefasst, während sie darin fortfuhr, auf mich einzureden:
"Du verstehst nicht! Es geht mir nicht um das, was vorüber ist -zumindest nicht direkt- sondern um das hier und jetzt. Der Jimin, den du jetzt zu kennen glaubst, ist derselbe von damals, verstehst du nicht?
Jinyoung, sein bester Freund hat ihn gestern besucht und mir alles erzählt. Weißt du...ich, ich habe Jimin wirklich geliebt...oder tue es noch, ich weiß es nicht.
Aber ich habe diese ganzen Rauswürfe damals nicht ins Rollen gebracht, um ihn wieder wegen dir leiden zu lassen, egal ob unbewusst oder nicht.
Deshalb klärt das bitte, denn auch, wenn der Großteil hier das vielleicht anders sieht, glaube ich nicht daran, dass du wirklich eine 'schlechte' Person bist. Jungkook, du-"
Zurück blieb nur der leiser werdende Piepton des sich in meinen Fingern senkenden Handys und die darauf abgebildete Anzeige mit der Aufschrift 'Telefonat beendet', doch ich schenkte keinem von beiden jegliche Beachtung.
Alle meine Sinne wurden von einer sich stetig wiederholenden Abfolge der selben Bilder vernebelt, all jenen Idizien, die sich so perfekt an Jisoos These reihten, doch denen ich nicht ein einziges Mal ausreichend Beachtung geschenkt hatte, um sie derartig zu interpretieren.
Lisas Kopf schob sich zaghaft in den Türrahmen, die Augen nichtmal auf mich, sondern lediglich auf das silberne Teil in meinen Händen gerichtet, ihr Ausdruck fragend und teilweise sogar etwas reuevoll.
Wortlos händigte ich ihr das angestrebte Mobiltelefon aus und obwohl ich mir beinahe sicher war, dass sich hierbei um alles handelte, was ihr tatsächlich nahe ging, besaß sie noch die Dreistigkeit, mich bei dem Versuch, an ihr vorbei im Gang zu verschwinden, zurückzuhalten.
"Wo willst du denn hin? Wir müssen doch zu Chemie."
Jimin erschien vor meinem inneren Auge, die Augen geweitet und von ungebändigter Angst erfüllt, die Hände zitternd an den Mundschutz gepresst, der für ihn den letzten Funken Schutz darzustellen schien.
"Glaubst du wirklich, das wäre jetzt mein einziges Problem?! Glaubst du, ich würde mich jetzt noch um Chemie kümmern, wo ich gerade erfahren habe, dass meine pubertäre Unreife, das gesamte, verdammte Leben der Person, die ich liebe, zerstört hat! Jetzt, wo ich realisiert habe, dass ich ihm eigentlich nie wieder unter die Augen treten kann, es aber doch muss, wenn ich nicht die ganze Schule in unsere Vergangenheit einbeziehen will?!"
Lisa war diejenige, deren geschockter Ausdruck nun auf mir ruhte und doch wurde von meiner Psyche stattdessen kontinuierlich Jimins Gesicht an ihre Stelle projektiert.
"Es tut mir leid, verdammt!"
Mit diesen Worten nahm ich all meine Kondition zusammen und begann zu rennen, wohin auch immer, Hauptsache weg von hier.
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Heyyy,
wir nähern uns allmählich einem Ende und trotzdem habe ich spontan entschlossen, auch mal die Leser mithilfe dieser Fragen am Ende eines Kapitels einzubeziehen.
Daher, meine Frage:
Habt ihr eine spontane Songempfehlung für mich?Man liest sich!
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Past~Jikook
FanfictionDie Vergangenheit vergisst und vergibt nie. Den einen prägt sie fürs Leben und lässt tiefe Narben zurück. An dem anderen zieht sie vorbei, entrinnt seinem Bewusstsein. Was geschieht, wenn diese zwei Menschen aufeinander treffen? Die Vergangenheit ve...