Chapter 18

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The only disadvantage of an honest heart is credulity - Sir Philip Sidney

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The only disadvantage of an honest heart is credulity
- Sir Philip Sidney

23th March, 1570
Hampton Court Palace, London

In aufrechter Haltung stand ich vor dem verschlossenen Thronsaal. Der rote Damaskstoff des Kleides mit den goldenen Ornamenten fühlte sich an, als würde ich in einer Tonne stecken, auch wenn er geschmeidig an mir herabfiel. Die riesigen Ärmel, die ausgestopft waren, drückten und waren schwer. Krampfhaft hielt ich meine Hände, die in Prunkhandschuhen – besetzt mit Perlen und Stickereien – steckten, vor den Bauch. Ich hatte das Gefühl jeden Augenblick in dem engen Korsett zu ersticken. Auch der Medici-Kragen, der fächerförmig und kraus um Schulter und Hals lag, schien mich zu erdrücken. Meine braunen langen Haare waren hochgesteckt worden, auf einen Haarschmuck hatte man aufgrund der folgenden Zeremonie verzichtet.
»Matthew Parker, Eure Majestät«, erklärte einer der Wachen, als der Erzbischof von Canterbury neben mir erschien – ein alter Mann in einer weißen Kasel, dem Messgewand, und einer Mitra auf dem Kopf, welche so hoch war, dass ich befürchtete, er könnte irgendwo hängen bleiben. Er stützte sich auf einem langen Bischofsstab, mit welchem er sich langsam und etwas zittrig fortbewegte.
»Ihr seid sehr jung, das muss man Euch lassen«, sagte Parker nur und musterte mich etwas herablassend. »Nun ja, wir sehen uns.«
Eine Wache öffnete ihm die Tür und der Erzbischof betrat den Thronsaal. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf alle die Versammelten, die allesamt auf meine Krönung warteten.
»Sie sind alle wie die Geier«, erklang auf einmal eine Stimme neben mir. »Sie werden sich auf Euch stürzen, sobald Ihr die Krone auf dem Haupt tragt, und sich bei Euch einschmeicheln, um sich irgendwelche Gefälligkeiten unter den Nagel zu reißen.«
»Mich wundert es, dass Ihr mir diesen Rat erteilt, M'lord«, sagte ich, ohne Robert Dudley anzusehen.
Die Kleidung brachte irgendwie mein Selbstbewusstsein zum Vorschein. Noch. Sobald ich da drinnen war, würde ich leise wie eine Maus sein.
»Ihr mögt mich nicht besonders«, fügte ich hinzu.
»Und trotzdem werdet Ihr die neue Königin von England sein. Meine Meinung kümmert da die Wenigsten. Und ganz nebenbei sollte man es nicht bei seinem Herrscher verscherzen; vor allem nicht zu diesen Zeiten. Es sind so viele Köpfe gerollt – meinen will ich nicht unbedingt auf einem Pfahl sehen.«
»Ich bin eher von friedlicher Natur«, entgegnete ich. »Kriege und Gewalt sind für mich keine Lösung.«
»Das sagt Ihr jetzt«, sagte Dudley und beugte sich zu meinem Ohr, »doch wenn ich Euch einen zweiten Rat erteilen dürfte – in dieser Welt überlebt man nur mit einer Klinge in der Hand.« Er richtete sich auf und verbeugte sich. »Eure Majestät.«
Die Wache öffnete ihm die Tür und er betrat die Thronsaal. Nun wurden beide Flügeltüren geöffnet und ich hatte einen freien Blick auf die versammelten Männer und Frauen. Lady Blanche und Matthew Parker standen vor dem Thron. Die oberste Kammerfrau hielt ein rotes Samtkissen mit der Krone in der Hand. Der Ausrufer kündigte mich an und ich schritt erhobenen Hauptes auf den Thron zu. Alle Blicke lagen auf mir. Unwohlsein und Nervosität erfüllten mich. Ich erkannte John Dee und William Cecil. Robert Dudley stand zwischen ihnen und nickte mir zu.
Matthew Parker sprach seine Rede, auf die Lady Blanche mich vorbereitet hatte. Ich sprach mein Gelübde wie ein einstudiertes Mantra. Es verließ meine Lippen und damit meinen Kopf. Alles fühlte sich so zeitlos an. Als der Erzbischof die Krone vom Kissen nahm und mir auf den Kopf setzte, lag das ganze Gewicht Englands auf mir. Ich schien es förmlich zu spüren. Die Last drohte mich zu erdrücken, und ich wusste, dass viele der Anwesenden nur darauf warteten. Doch dann richtete ich mich auf und ließ mich erhobenen Hauptes auf dem Thron nieder. Meine Finger umklammerten die Lehnen des Stuhls, und mit ernster Miene blickte ich nach vorn.
»Lang lebe die Königin von England!«, hallte es durch den Raum. Immer und immer wieder. Und erst dann war es mir noch mehr bewusst als zuvor – sie waren meine Diener, die Diener der Krone, meines auferlegten Schicksal, und ich war ihre Königin.

Die Taschenuhr - Lang lebe die Königin! [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt