Chapter 12

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Look to your consciences and remember that the theatre of the world is wider than the realm of England

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Look to your consciences and remember that the theatre of the world is wider than the realm of England.
- Mary, Queen of Scots


19th May, 1568
Carlisle, North West of England

»Mary Stewart«, sprach der Ausrufer, als einige Wachen die gestürzte schottische Königin hereinführten. Die Nachricht, dass diese die englische Königin ersuchen wollte, hatte den englischen Hof vor einigen Tagen erreicht, so dass Elizabeth I. sowie einige ihrer wichtigsten Männer und Hofdamen nach Carlisle aufgebrochen waren, eine Stadt der Grafschaft Cumbria.
Ich stand seitlich hinter Lady Blanche, die zwischen Lettice Knollys und Mildred Cooke, William Cecils Ehefrau, Platz genommen hatte. Stillschweigend beobachtete ich, wie Mary Stewart zum dem provisorisch eingerichteten Thron geführt wurde, auf welchem ihre Cousine saß. Die schottische Königin sah mitgenommen aus. Obwohl man ihr frische Kleidung gegeben und ihre langen, rot-braunen Haare mit einem hübschen Haarschmuck verziert hatte, war das Gesicht etwas, was man nicht mit Prunk und Stunk blenden konnte. Die Augenringe und die Blässe zeigten jedem, dass die Gefangenschaft durch William Douglas keine Freude gewesen war.
Francis Walsingham sowie William Cecil und Robert Dudley waren ebenfalls anwesend. Auf Cecils Gesicht glaubte ich ein hämisches Lächeln zu erkennen, während die anderen beiden Männer ernst dreinblickten.
Ich warf einen Blick zu Paul, der hinter Walsingham stand. Er wusste auch nicht so recht, was er von der Situation halten sollte. Wahrscheinlich dachte er nicht weiter darüber nach, doch fühlte ich mich vollkommen fehl am Platz.
Ich war froh, dass John Dee in London geblieben war. Nach der Sache in seiner Bibliothek hatte ich, so gut es ging, versucht, ihm aus den Weg zu gehen. Ich wollte nicht weiter über das Geschehene nachdenken, geschweige denn darüber sprechen.
Unsanft wurde Mary Stewart zwei Meter vor dem Thron auf die Knie gedrückt.
»Die Anklage lautet?« Die Stimme Elizabeth I. durchschnitt die Luft wie eine scharfe Klinge Fleisch. Die Anspannung war deutlich zu spüren. Niemand wagte es, zu sprechen – ich wagte es sogar kaum zu atmen.
»Mary Stewart, gestürzte Königin von Schottland, wird des Mordes an ihren Gatten Henry Stewart, auch bekannt als Lord Darnley, bezichtigt«, erklärte William Cecil. Der Mann schien die Situation wahrlich zu genießen.
Elizabeth musterte die Stewart nachdenklich.
»Ich bin nicht deswegen gekommen«, sprach Mary Stewart, bevor ihre entfernte Cousine etwas sagen konnte. »Ich erbitte Eure Hilfe gegen die aufständischen Adligen in meinem Land.«
»Wie es mir scheint, ist es nicht mehr länger dein Land.« Elizabeth schien ihre Autorität vollends auszukosten. Langsam erhob sie sich. »Ich werde dir helfen, wenn du den Vertrag von Edinburgh unterzeichnest und auf den englischen Thron, der mein Geburtsrecht ist, verzichtest.«
Mary Stewart wollte etwas erwidern, doch kam Elizabeth Tudor ihr zuvor: »Natürlich gebe ich dir Bedenkzeit.« Die Frau vollführte eine Handbewegung. »Bringt sie zurück in ihr Gemach. Gebt ihr alles, was sie braucht. Morgen erwarte ich eine Antwort.«
Die Königin Englands schritt davon, Lettice Knollys, Mildred Cooke und Blanche Parry folgten ihr – ebenso wie ich – und die Versammlung war aufgelöst. Ich sah noch, wie Mary Stewart auf die Beine gezogen und davongeführt wurde, ehe wir den Raum verließen.
»Mit Verlaub, Eure Majestät«, sagte William Cecil, der uns gefolgt war, »Ihr habt wirklich vor, der Frau zurück auf den schottischen Thron verhelfen?«
Genervt blieb Elizabeth I. stehen. »Ja, das habe ich, M'lord. Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet – ich bin müde und will mich etwas ausruhen. Ihr könnt euch schon mal mit dem Vertrag von Edinburgh befassen; immerhin habt Ihr ihn ausgehandelt.«
William Cecil senkte demütig den Kopf. »Wie Ihr wünscht.«
Elizabeth ging, ohne sich weiter für den Mann zu interessieren, den Korridor hinunter, während wir ihr hinterherliefen.
»Geh in die Küche und koche einen Tee für die Königin«, wies Blanche mich auf einmal an.
»Irgendwelche Vorlieben?«, fragte ich.
»Irgendetwas, Kind, nur beeile dich!«
Ich nickte und wandte mich im nächsten Moment um, um zur Küche zu gehen.

»Wie, glaubst du, wird Mary Stewart sich entscheiden?«, fragte Paul mich, der an der Wand lehnte und mir dabei zusah, wie ich eine Kanne Tee kochte.
Ich weiß, wie es ausgeht, dachte ich. Sie wird ablehnen und sich dafür einer monatelangen Untersuchung bezüglich des Mordes unterziehen müssen, bis sie letztendlich für schuldig gesprochen und hingerichtet wird.
»Ich dachte, das geht uns nichts an«, sagte ich stattdessen und blickte kurz hoch.
Paul richtete sich auf. »Geht es uns auch nicht. Mr. Walsingham und ich hatten nur darüber gesprochen, und dann hat William Cecil eine Wette aufgestellt.«
»Was hat er gesagt?«
»Dass sie anlehnen wird.«
Er hat recht.
Ich stellte den Tee, welchen ich in eine teure Porzellankanne gekippt hatte, und einige Tassen und Unterteller auf ein Tablett.
»Was denkst du?«, fragte Paul mich und hielt mir die Tür auf.
»Dass sie ablehnen wird«, meinte ich und trat in den Korridor.
»Du glaubst Cecil?«
»Wie soll man etwas glauben, wenn es noch nicht geschehen ist?«, gab ich zurück. »Würdest du jemanden Glauben schenken, wenn du es nicht mit eigenen Augen gesehen hast?«
»Hängt davon ab, wer es ist«, meinte Paul. »Das nennt man Vertrauen.«
Kurz musterte ich den Jungen nachdenklich. Er war so optimistisch und gutherzig. »Ich muss zu Blanche. Wir sehen uns«, sagte ich, ehe ich ging.
Blanche warf mir nur einen knappen Blick zu, als ich das Gemach der Königin betrat. Lettice Knollys jedoch hatte für mich sogar ein finsteres Funkeln übrig. Sie sagte nichts, dennoch wusste ich, dass sie meine Anwesenheit mehr als verachtete.
»Wie war dein Name doch gleich?«, fragte die Königin, die in einem Sessel saß. Erst nach wenigen Sekunden realisierte ich, dass sie mich meinte.
»Elizabeth, Eure Majestät«, sagte ich hastig und brachte ihr eine Tasse Tee.
Die Königin musterte mich, während sie die Tasse annahm. Ich wandte mich ab und brachte den Hofdamen ihren Tee.
»Was denkst du über meine Entscheidung, Elizabeth?«, wollte die Tudor wissen.
»Oh, das Kind hat keine Meinung darüber«, sagte Knollys sofort.
»Das hoffe ich nicht«, entgegnete Elizabeth. »Mich interessiert die Meinung des Volkes. Wie sonst kann ich eine gute Herrscherin sein?« Auffordernd sah sie mich an. »Würdest du an meiner Stelle Mary Stewart freisprechen, obwohl sie nach meinem Thron trachtet?«
»Ich ...« Unsicher sah ich zu Blanche, die in ihrem Sessel saß und mich abwartend musterte. Ich wandte mich wieder an die Königin. »Ich denke, Vergebung ist eine der wichtigsten Grundzüge einer Herrschaft, Eure Majestät. Das Volk blickt zu einem Souverän auf, der Fehler vergeben kann. Das macht ihn erst … menschlich.«
Die Tudor sah mich schweigend an. Es regte sich überhaupt nichts in ihrer Miene, was mir mit jeder Sekunde mehr Angst bereitete.
»Wie alt bist du, Elizabeth?«, fragte sie schließlich.
»Siebzehn, Eure Majestät.«
»Du scheinst mir sehr weise für dein Alter. Hast du vor zu heiraten?«
»Nein, ich … ich halte nicht viel von Bindungen.«
»Warum?«, hakte die Königin nach, kaum hatte ich den Satz ausgesprochen.
»Mit Verlaub«, begann ich, »aber wie kann man jemanden sein ganzes Leben versprechen, wenn sich dieses innerhalb weniger Lidschläge vollkommen verändern kann?«
Elizabeth I. nickte mit einem Lächeln auf den Lippen, dann wandte sie sich an Lady Blanche. »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich sie mir gerne für einige Tage ausleihen, wenn wir zurück in London sind. Ich mag sie.«
»Natürlich, Eure Majestät«, sagte Blanche. »Sie steht Euch zu Diensten.«
Sie bedeutete mir mit einem Blick, etwas zurückzutreten und die stille Dienerin zu spielen. Das tat ich.
Das Leben konnte sich tatsächlich innerhalb weniger Lidschläge verändern, und ich war mich nicht sicher, ob mir das gefiel.

1228 Wörter

Mary Stewart also.

Habt ihr schon von dem neuen Film über sie gehört, der nächstes Jahr rauskommen soll?

Dieses Kapitel war wieder nur so ein kleines Zwischenkapi. In den nächsten Kapiteln wird sich dann wieder einiges verändern.

Danke für eure Kommentare und Votes ❤

Die Taschenuhr - Lang lebe die Königin! [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt