Chapter 13

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The past cannot be cured

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The past cannot be cured.

- Elizabeth I.

26th May, 1568
London, Hampton Court Palace

Schweigend machte ich das Bett, während zwei andere Zofen die Königin badeten. Ich hatte recht gehabt; alles war genauso eingetreten, wie es der ursprüngliche Verlauf der Geschichte vorgesehen hatte – Mary Stewart hatte den Vertrag von Edinburgh abgelehnt und musste nun in Carlisle verbleiben, bis man sich entschieden hatte, was mit ihr geschehen würde.
Ich warf die schmutzige Wäsche in einen Korb und wollte diesen gerade wegbringen, als Elizabeth I. eine Handbewegung vollführte.
»Ihr beide, raus mit euch. Nehmt die Wäsche mit. Ich will mit Elizabeth allein sein.«
Die beiden Mädchen nickten. Eine von ihnen entnahm mir den Korb, dann verließen sie den Raum.
»Blanche scheint sehr zufrieden mit deiner Arbeit«, meinte die Königin, kaum war die Tür zugefallen. Ich stand vor der Wanne, die Finger vor dem Bauch verschränkt haltend. »Woher kommst du noch gleich?«
»Canterbury, Eure Majestät.«
Elizabeth nickte verstehend. »Dann kennst du sicher den amtierenden Erzbischof.«
»Ich habe ihn noch nie gesehen, aber ja, ich habe schon von ihm gehört.«
Die Königin seufzte. »Matthew Parker ist weniger daran interessiert meinem Geheimrat beizusitzen als seiner Aufgabe als Erzbischof nachzugehen.«
»Ein äußerst seltsamer Mann«, meinte ich.
»Ja, da hast du recht. Viele dieser Männer da draußen, die mit Rang und Titel um meine Gunst werben, sind unfähig und unnütz. Sie sind ersetzbar. Ich vertraue nur eine Handvoll Männern. Das solltest du auch. Es gibt da draußen weitaus mehr Frauen, die ihre Arbeit besser machen als manche Männer. Weißt du, warum ich nicht verheiratet bin? Weil ich keinen Mann an meiner Seite brauche, um zu zeigen, wer ich bin. Die meisten Frauen lassen sich durch ihre Gatten definieren. Sie lassen sich kleinreden und werden wie Puppen behandelt. Ich will das nicht. Ich bin stolz darauf, eine unabhängige Frau zu sein.«
Elizabeth fuhr mit ihren Fingern über die Oberfläche des Wassers und hinterließ feine Linien, die sich zu Wellen aufbauten und gegen den Rand der Wanne plätscherten. Auf irgendeine Weise war die Frau faszinierend. Ich mochte die Sichtweise, wie sie die Welt und die Stellung der Frau betrachtete. In meiner Zeit wäre sie eine starke Vertreterin der Frauenrechte geworden.

Auf den Weg zur Küche kamen einige der Hofdamen entgegen, unter anderem Blanche und Lettice Knollys.
»Ich hoffe, ich höre gleich nur Positives über dich«, sagte Blanche mit etwas Strenge in der Stimme, doch wusste ich, wie sie es meinte.
»Das bezweifle ich«, entgegnete Knollys und sah mich abwertend an. »Dieses Kind wird nur Schande über uns bringen.«
»Lettice!«, rief Blanche fassungslos. »Wie redest du mit meiner Zofe?«
»Wie redest du mit deiner Zofe?«, gab Knollys zurück, als wäre ich nicht anwesend. »Sie ist eine Zofe, Blanche. Sie ist ersetzbar.« Mit erhobenen Hauptes schritt die Hofdame davon – ich konnte überhaupt nicht verstehen, wie sie eine de Favoriten der Königin sein konnte.
»Geh, Kind«, sagte Blanche nur an mich gewandt, ehe sie der Frau folgte.
Ich seufzte genervt, dann lief ich weiter, und wäre im nächsten Moment beinahe wieder in jemanden hineingelaufen.
Ich sollte einfach den Kopf oben behalten.
»Liz, ich habe dich bereits gesucht!«, erklang die freudige Stimme Dees.
Verdammte Scheiße!
»Mr. Dee, es freut mich wirklich sehr, Euch zu sehen, allerdings muss ich -«
»Ich weiß, wir sind nicht im Guten auseinandergegangen. Ich glaube, ich habe dir etwas Angst gemacht, nicht? Dafür will ich mich entschuldigen.« Aufrichtig hielt der Mann mir die Hände entgegen, um meine ergreifen zu können. Ich entzog sie ihm.
»Verzeihung, Sir, aber ich kann nicht -«
Dee zog seine Hände zurück. »Wir sollten darüber reden.«
Wie das wohl für die Außenwelt klang? Auf jeden Fall vollkommen falsch.
»Ich will aber nicht darüber reden!«, entgegnete ich lauter als erwartet.
Die Diener, die gerade durch den Korridor liefen, blieben kurz stehen und blickten zu uns herüber.
Na toll. Getratsche hatte mir gerade noch so gefehlt.
»Am liebsten will ich verschwinden«, sagte ich etwas leiser an Dee gewandt. »Ich will wieder nach Hause. Aber da Ihr die andere Liz gekannt hattet, wird Euch wohl eine Sache nicht entgangen sein – sie ist dumm, tollpatschig und keineswegs hilfreich, weswegen sie die Taschenuhr erneut verloren hat. Ich wäre Euch also sehr verbunden, mich mit dieser Zeitreisen-Geschichte in Ruhe zu lassen, außer Ihr habt meine Taschenuhr. Entschuldigt meinen Ton, aber Ihr wisst ja sicherlich, wie die wahre Etikette aus meiner Zeit lautet.« Ich knickste. »Noch einen angenehmen Tag, Mr. Dee.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, eilte ich davon. Ich sah mich nicht einmal mehr um und rannte beinahe zur Küche. Kaum hatte ich diese erreicht, knallte ich die Tür hinter mir zu, so dass alle verwundert aufblickten. Ich ignorierte sie und ging etwas ruhiger auf den Nebenraum zu, allerdings wurde ich zuvor von Paul abgefangen.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, wollte er besorgt wissen.
»Ich kann das nicht mehr, Paul.« Ich stand kurz davor, in Tränen auszubrechen, was er bemerkte. Er packte meinen Arm und zog mich den Aufenthaltsraum für die Bediensteten.
»Raus!«, wies er die Leute an, die hier saßen, und nach kurzem Zögern verschwanden sie. Erst dann wandte er sich an mich. »Was ist passiert?«
Ich spürte, wie sich mein Puls beschleunigte, und verzweifelt sank ich einen der Stühle. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Es fühlte sich an wie damals, als ich kurz vor meinem Anfall stand. Es wurde mir wieder alles zu viel.
Ruckartig nahm ich die Hände herunter und sah den Jungen an. »Was ich dir jetzt sage, darfst du niemandem erzählen!«
Verwundert zog Paul die Stirn in Falten.
»Wirklich niemandem!« Ich bedeutete ihm, sich auf den Stuhl mir gegenüber niederzulassen. »Und du wirst mich für verrückt halten.«
»Warum sollte ich dich für verrückt halten?«, gab Paul zurück.
»Weil's verrückt ist.« Ich atmete tief durch. »Ich bin eine Zeitreisende.«
Stille – ich hatte auch nichts anderes erwartet. Und dann ein verstörter Blick Pauls. »Das ist ein Scherz, oder?«
»Ich wünschte, es wäre so. Aber es ist die Wahrheit. Ich komme aus dem Jahr 2017, aus Deutschland. Dieses Land existiert noch nicht. Ich kann mithilfe einer Taschenuhr durch die Zeit reisen. Meine erste Zeitreise war in das Antike Rom. Ich habe verhindert, dass Caesar stirbt. Dafür starb Octavius, der eigentlich Kaiser von Rom geworden wäre. Meinetwegen hat sich Vieles verändert. Zum Glück ist Rom immer noch der Sitz des Papstes, sonst … Egal. Auf jeden Fall komme ich nicht aus dieser Zeit. Ich komme nicht aus Canterbury, meine Eltern sind nicht tot – auch wenn ich mir das manchmal gewünscht hatte. Und jetzt habe ich ein Problem – ich komme nicht zurück. Ich habe meine Taschenuhr verloren, und John Dee weiß von mir, und anscheinend gab es noch andere Ichs; also damit meine ich, dass ich die fünfte Version von mir bin. Das macht mir Angst. Ich weiß wirklich nicht, warum ich noch mal eine Zeitreise gemacht habe. Das war dumm! Und gefährlich! Glücklicherweise habe ich die Geschichte noch nicht verändert. Also nicht schon wieder. Das wäre gefährlich für jeden!«
Eine Weile starrte Paul mich einfach nur an, als müsste er die Worte noch verdauen. »Ich sollte einen Medicus holen.« Er erhob sich, doch sofort zog ich ihn wieder auf den Stuhl.
»Nein!«, rief ich. »Nein, ich bin nicht verrückt! Es ist die Wahrheit, wirklich! Ich kann … ich kann es dir nicht beweisen«, vor allem weil ich das einzige Beweisstück, welches ich gehabt hätte, verloren habe, »aber du musst mir vertrauen. Bitte! Ich habe niemanden, und ich brauche Hilfe!«
»Ja, das glaube ich ...«, meinte Paul.
»Bitte, Paul ...« Meine Stimme war nur noch ein schwaches Flüstern.
»Angenommen, ich würde dir glauben, was ich nicht tue, wieso bist du noch mal in die … Vergangenheit gereist, obwohl du die Geschichte … bereits beim ersten Mal verändert hast?«
»Weil ich …« Ich stockte. »Keine Ahnung. Ich wollte es gerne ein zweites Mal ausprobieren.«
Paul öffnete den Mund zum Protest, doch ich kam ihm zuvor: »Ich weiß, dass das dumm war, okay? Ich weiß, dass das die Existenz einiger Menschen gefährden könnte. Ich will nicht mal wissen, wie viele Menschen meinetwegen schon tot sind – oder niemals existieren werden. Es war naiv, ich weiß, und es tut mir leid, aber … ich kann es nicht ändern. Ich bin alle Möglichkeiten schon durchgegangen. Es kann nur sein, dass ich alles verschlimmere, wenn ich die originale Zeitlinie wieder herzustellen versuchen würde.«
»Das ist krank!«
Abrupt blickte Paul und ich auf.
»Mr. Carleill.« Sofort erhob Paul sich.
Vollkommen verstört sah Christopher Carleill zwischen ihm und mir hin und her. »Das ist einfach nur krank!« Bevor wir reagieren konnten, hatte er die Tür hinter sich geschlossen.
»Oh, Gott!« Verzweifelt fuhr ich mir übers Gesicht.
»Er wird dich wahrscheinlich der schwarzen Magie anklagen«, meinte Paul und verließ das Zimmer. Ich folgte ihm.
»Aber ich habe doch nichts getan!«
»Das ist unwichtig! Der geringste Verdacht auf Hexerei oder Magie wird untersucht, und da du es sogar zugegeben hast ...« Er sprach nicht weiter, da er damit beschäftigt war, nach Christopher Ausschau zu halten. »Er wird wahrscheinlich zu Mr. Walsingham gehen und ihm alles erzählen. Du bleibst hier, ich regel das.« Sofort eilte Paul davon und ließ mich hilflos und allein auf dem Korridor zurück. Verzweifelt fuhr ich mir durch das Gesicht, ehe ich mich mit einem Stöhnen an der Wand herunterrutschen ließ.

Die Taschenuhr - Lang lebe die Königin! [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt